Elmshorn. Stadtverwaltung kappt bei zwei neuen Bahnquerungen die Verbindungswege. Dagegen regt sich Widerstand. Was Anliegern sauer aufstößt.
Vor zwei Wochen hat die Stadt Elmshorn publiziert, wie sie mit der Bahnunterquerung der Geschwister-Scholl-Straße verfahren will. Nicht zuletzt wegen des anstehenden Umzugs des Bahnhofs soll der betagte, 137 Jahre alte Tunnel in bisheriger Form aufs Altenteil gehen. Aber was dann?
Die Stadt hat durchrechnen lassen, was machbar sei. Resultat: Ein Umbau falle gänzlich aus. Und die vier durchgerechneten Varianten eines Neubaus, alle in einem Kostenbereich von etwa 30 Millionen Euro, „würden erhebliche Nachteile“ in sich bergen, wie Elmshorns Oberbürgermeister Volker Hatje urteilte.
Die Ost-West-Brücke soll zu unübersichtlich sein und umgebaut werden
Quintessenz: Die Varianten der kompletten Tunnelschließung oder vor allem der Öffnung des bisherigen Tunnels ausschließlich für Fuß- und Radverkehr sind Favoriten der Stadtverwaltung. Doch der Geschwister-Scholl-Tunnel ist nicht die einzige Bahnquerung, für die es konkrete Änderungspläne gibt. Jetzt hat die Stadt im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt den Sachstand der „Überplanung der Ost-West-Brücke, einschließlich ihrer Knotenpunkte“ präsentiert. Und schon regt sich Widerstand aus einem großen Anliegerbetrieb.
Ein Grund für diese Planungen: Die Verkehrsführung an den Knotenpunkten der Ost-West-Brücke Feldstraße/Gärtnerstraße und Friedensallee/Kleine Gärtnerstraße „sei unübersichtlich und habe vermehrt zu Unfällen geführt“. Eine Aussage, die indes so nicht durch Polizeistatistiken der vergangenen Jahre unterstützt wird.
Ergebnisse eines mit der Planung beauftragten Ingenieurbüros: Der Knotenpunkt Friedensallee/Kleine Gärtnerstraße wird mit einer Kreuzung bedacht. Hier würde einer der beiden Linksabbiegestreifen an der Friedensallee entfallen, je ein Linksabbiege- und Geradeausfahrstreifen verblieben.
Statt zwei Fahrspuren pro Richtung sollen Fahrradstreifen her
Weitere Änderungen beträfen die Ost-West-Brücke selbst. Auf ihr sollen zwei Fahrstreifen zugunsten von Radwegen entfallen, der Einmündungsbereich Kleine Gärtnerstraße/An der Ost-West-Brücke würde entsprechend angepasst. Hierdurch entstünde ein gesonderter Linksabbiegestreifen in die Straße An der Ost-West-Brücke.
Das große Aber: Eine weitere Ost-West-Querung wäre in ihrer Kapazität eingeschränkt. Ein Umstand, der nun einen der größeren Gewerbebetriebe östlich des Bahndamms auf den Plan ruft. Holz Junge, der familiengeführte Holzgroßhandel in bald achter Generation, fürchtet, dass ihm das Wasser abgegraben wird. Der Traditionsbetrieb liegt in der Geschwister-Scholl-Straße zwischen Bahndamm und Steindammpark.
Carsten Junge zweifelt die Argumente zur Einsparung von CO2 an
„Wir als Firma Junge sind von diesen Änderungen extrem betroffen, aber auch die Elmshorner Autofahrer muss man im Auge haben. Da wird einhellig mit dem Kopf geschüttelt“, sagt Carsten Junge, Gesellschafter und Geschäftsführer von Holz Junge. „Die Lösung ist für ganz Elmshorn schlecht. Zumal ich das Argument mit der Reduktion des CO2-Ausstoßes für falsch halte. Wir glauben, dass der Schadstoffausstoß zunehmen wird, weil Autofahrer, die nicht auf Fahrten verzichten können, deutlich längere Wege suchen müssen.“
Außerdem sei der Durchgangsverkehr wichtig für den Bereich von Elmshorn östlich der Bahn – ungeachtet der angestrebten Verbesserung der Aufenthaltsqualität. „Ein Gegenbeispiel ist doch seit 35 Jahren bekannt, als die Achse Kaltenweide, Bauerweg und Schulstraße mit einer Schranke gesperrt wurde“, so Junge. „Da beging die Politik den Kardinalfehler, auf einen Tunnel für den Autoverkehr zu verzichten. So fingen die Verelendung und das Aussterben des Gewerbes in der Oststadt an.“
Der Unternehmer zweifelt den Bedarf nach Fahrradstreifen auf der Ost-West-Brücke an
Fatal nach Junges Meinung: die zusätzliche Kapazitätsbeschneidung der Ost-West-Brücke, auf die eigentlich zusätzliche Bedeutung als Bahnquerung zukäme. „Und dies zugunsten von Radfahrern, die diese Brücke gar nicht wollen“, ist sich Junge sicher. „Ich fahre selbst viel Rad; ich kenne kaum Radler, die sich für diesen Weg entscheiden, wo sie doch den Tunnel an der Mühlenstraße haben.“
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Essenziell für Junge sei der Wegfall der bisherigen Anfahrmöglichkeiten für Kunden. „Wir haben schließlich neben dem großen Außenlager bei der Ost-West-Brücke mit seinem Lieferverkehr bei unserem Haus in der Geschwister-Scholl-Straße einen Abholanteil mit Fahrzeugen von rund 40 Prozent. Bei gleichzeitiger Tunnelschließung und Einschränkung der Brücke müssten unsere Kunden ein Vielfaches der Wegstrecke fahren. Das wäre es dann mit der Klimaneutralität.“
Abstimmung zur Tunnelschließung soll vertagt werden
Harter Tobak und extrem kontroverse Standpunkte. So wird es am Donnerstag, 11. Juli, 18 Uhr, auf der Sitzung im Ausschuss für Stadtumbau gewiss Debatten geben. Zumal der Plan für den Geschwister-Scholl-Tunnel und dessen Sperrung für den motorisierten Verkehr bereits hier zur Abstimmung gelangen sollte.
Jedoch liegt ein Antrag der SPD vor, diese Entscheidung auf den 19. September zu verweisen. Diskussion und Abstimmung dazu wird Carsten Junge mit Interesse vor Ort verfolgen. Er ist sich sicher, dass es hier um Elmshorns Zukunft geht – aber nicht in dem Sinne, wie es sich die Stadtverwaltung ausmalt.