Elmshorn. Deutschland von oben ist das Metier des Luftbildfotografen Reimer Wulf. Was er nun für seine Heimatstadt Elmshorn geschaffen hat.

In Zeiten von Blendern und Prahlern auf den sozialen Medien ist Bescheidenheit eine seltene Tugend geworden. Umso erfrischender der Kontakt zu Reimer Wulf und der Versuch, den Elmshorner zum Gespräch über seine Person zu bewegen. Schwierig bis fast unmöglich. Er möchte durch seine Arbeit überzeugen und so einen Eindruck hinterlassen, nicht durch Worte. „Es geht hier doch schließlich um das Buch, nicht um mich – ich bin wirklich nur Nebensache“, sagte der leger in Schwarz gekleidete Mann, dem man seinen Geburtsjahrgang 1943 wirklich nicht ansieht.

Der international renommierte Architekturfotograf hat seinen Ruf dadurch erworben, sich für seine beeindruckenden Bilder per Propellerflugzeug oder Hubschrauber zu den Motiven fliegen zu lassen. „Das Buch“, um das es geht, hat es indes auch verdient, hervorgehoben zu werden. Denn nun kommt Wulfs Heimatstadt Elmshorn in einem Bildband wieder zu ihrem Recht. In den zwei Jahrzehnten zuvor hat er mit seinem Werk vorrangig die großen deutschen Metropolen sowie den Osten des vereinigten Deutschlands ins rechte Licht gerückt. Seine Arbeiten wurden weltweit, zum Beispiel in London oder Paris, veröffentlicht oder ausgestellt.

Die Weiße Villa ist am 27. Juni Schauplatz der Buchvorstellung

Am 27. Juni ist es soweit. Für diesen Donnerstag, 15.30 Uhr, laden Elmshorns Oberbürgermeister Volker Hatje und Reimer Wulf in die Weiße Villa (Schulstraße 36) ein, um des Fotografen neuen Luftbildband mit dem Titel „Über Elmshorn“ der Öffentlichkeit zu präsentieren. Zu dem Werk hat Morten Boysen aus dem Amt für Projektentwicklung die Texte verfasst. Interessierte Bürgerinnen und Bürger sind zu der Veranstaltung eingeladen, auf der Thorsten Mann-Raudies einen ersten Einblick in den Bildband liefert.

Die Titelseite von Reimer Wulfs neuem Luftbildband „Über Elmshorn“, der im Wachholtz-Verlag erscheint. 
Die Titelseite von Reimer Wulfs neuem Luftbildband „Über Elmshorn“, der im Wachholtz-Verlag erscheint.  © Wulf/Wachholtz | Wulf/Wachholtz

20 Jahre ist es her, dass der letzte Luftbildband von Elmshorn erschienen ist. Soll indes nicht heißen, dass 20 Jahre lang niemand an ein solches Projekt gedacht hat, im Gegenteil. „Das ist schon über zehn Jahre her, da hat der Bürgermeister angefragt, als die Umbaupläne der Stadt Gestalt annahmen, ob wir nicht Elmshorn und seinen Wandel von oben zeigen wollen“, berichtet Wulf über sein Langzeitprojekt.

Stadt, Sparkasse und Initiative Elmshorn finanzieren die Flüge für den Bildband

Es war keine große Überredungskunst notwendig. Wulf, der in den 70er-Jahren seinen Beruf bei renommierten Fotografen erlernte und als erstes Schwerpunktgebiet Hamburg bearbeitete, sagte gern zu. Fortan finanzierten die Stadtwerke Elmshorn, die Sparkasse Elmshorn und die Initiative Elmshorn e. V. fast elf Jahre lang die Überfliegungen der Stadt, um damit diesen Band zu ermöglichen.

Dabei erleichterten der Umstand, Elmshorner zu sein sowie ständig Aufträge im Hamburger oder Nord- und Ostseeraum zu haben, dass das Projekt Gestalt annahm. „Elmshorn hat immer davon profitiert, wenn ich über Kiel oder Hamburg unterwegs war, dass ich dann auch in Elmshorn schnell eine Aufnahme ergänzen konnte.“

Reimer Wulf bestimmt als Autorenfotograf über die Struktur seines Buchs

Wobei Wulf festzustellen wichtig ist, dass er nicht einfach einen Wunschzettel aus dem Rathaus abgeflogen, fotografiert und dann auf einer Liste abgehakt hat. „Ich bin kein klassischer Auftragsfotograf, ich bin Autorenfotograf“, betont der Mann, der auch schon gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz zu dessen Zeit als Hamburger Oberbürgermeister durch sein Werk geblättert hat. „Wie das Buch aufgebaut ist und welche Fotos dort hineinkommen, das liegt allein bei mir.“

Reimer Wulf blättert 2018 mit Olaf Scholz durch seinen Hamburg-Bildband.
Reimer Wulf blättert 2018 mit Olaf Scholz durch seinen Hamburg-Bildband. © privat | Privat

Und so hat sich über ein Jahrzehnt hinweg Puzzlestück an Puzzlestück, sprich Foto an Foto, für den Luftbildband „Über Elmshorn“ aneinandergereiht. Und ein Motiv war Wulf dabei besonders wichtig, weshalb es auch den Buchumschlag vorne ziert. „Die neue Klappbrücke in der Hafenspange ist für mich das Symbol für den Umbau der Stadt Elmshorn“, sagt der Mann, der Deutschland von oben so gut kennt wie kaum ein anderer. „Diese Brücke ist doch gewissermaßen der Startschuss für den Umbau und die Entwicklung von Elmshorn gewesen.“

Wulf wünscht sich, Potsdam und die HafenCity nach ihrer Vollendung zu fotografieren

Ans Aufhören denkt der Fotograf aus Leidenschaft noch lange nicht. Wobei er die Umsetzung von zwei Wunschmotiven dann doch realistisch skeptisch betrachtet. „Ich würde gern Potsdam nach seiner vollendeten Restaurierung und die HafenCity nach Beendigung ihres Baus fotografieren“, sagt Wulf, „aber diese Projekte werden wohl bestimmt noch ein Jahrzehnt in Anspruch nehmen.“ Was ihn nicht davon abhalten wird, weiterhin am Himmel von Nord- und Ostdeutschland auf Motivjagd zu gehen.

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„Über Elmshorn“ ist unter der ISBN-Nummer 978-3-529-05090-9 im Wachholtz Verlag erschienen. Der Luftbildband umfasst 124 Seiten und kostet 27 Euro.

Der Fotograf, der in die Luft geht

Trotz seines deutschlandweiten Engagements hat Reimer Wulf seine Heimatstadt seit mehr als dreißig Jahren nie aus den Augen verloren. Im Flugzeug hoch über den Dächern der Stadt hat er die Wandlungen des Stadtbildes regelmäßig dokumentiert. Seit langem liefert er auch Aufnahmen für die Stadt Elmshorn.

Neben der reinen Dokumentation reizen den Fotografen auch freie Arbeiten, die in vielen Sammlungen vertreten sind. So waren seine Fotos beim Elmshorner Kunstverein im Torhaus, bei der Sparkassen-Stiftung in Kiel, der Pinneberger Drostei und der IHK Elmshorn zu sehen. Weitere Ausstellungen seiner Bilder fanden in Hamburg, Rostock, Berlin statt.

Wichtig war für Wulf auch, dass seine Arbeiten zum 10. Jahrestag der Wiedervereinigung in Dresden unter dem Titel „Projekte Deutsche Einheit“ zu sehen waren. Im Jahre 1999 eröffnet der damalige Außenminister Joschka Fischer in Brüssel Wulfs Deutschlandausstellung.

Mit steigendem Bekanntheitsgrad erreichten Reimer Wulfs Arbeiten auch Edinburgh, Washington, New York und Peking. Architekten wie Sir Norman Foster oder Daniel Libeskind lassen bei Wulf arbeiten. Zeitschriften wie die Zeit, der Stern und der Spiegel veröffentlichen seine Aufnahmen. Das Archiv für Kunst und Geschichte (AKG) aus Berlin verbreitet seine Bilder seit Jahren regelmäßig in London und Paris.

Reimer Wulf arbeitet heute überwiegend in Schleswig-Holstein, Hamburg oder Berlin.