Kreis Pinneberg. Ludwig ist wie Reiterin Janne Meyer-Zimmermann Profisportlerin und Mutter. Wie die Stars Karriere und Familie unter einen Hut bringen.
- Beachvolleyballerin Laura Ludwig spielt zurzeit mit Partnerin Louisa Lippmann das olympische Turnier in Paris 2024
- Die zweifache Mutter (38) steht am Mittwoch, 31. Juli, nach der 0:2-Auftaktniederlage bereits unter Erfolgszwang
- Mit Reiterin Janne Friederike Meyer-Zimmermann ist sie eine von vielen Athletinnen, die Leistungssport und Familie unter einen Hut bringen.
Sie dürften die beiden bekanntesten, aktiven Leistungssportlerinnen des Kreises Pinneberg sein: Laura Ludwig (38), wohnhaft in Halstenbek, und Janne Friederike Meyer-Zimmermann (43) mit ihrer Reitanlage in Waldenau. Das Hamburger Abendblatt brachte die Top-Sportlerinnen, die einander bis dato nie begegnet waren, zu einem Interview auf dem Hof Waterkant der Springreiterin zusammen.
Während Beachvolleyballerin Laura Ludwig mit ihrer Duo-Partnerin Louise Lippmann Anfang Juni die Qualifikation für Olympia 2024 in Paris bereits geschafft hat, musste Springreiterin Janne Friederike Meyer-Zimmermann noch lange bangen. Eine langwierige Verletzung ihres Spitzenpferdes Messi im vergangenen Jahr warf sie im Ranking zurück. Allerdings gewann sie vor Kurzem den LGCT Grand Prix von Cannes, und vor wenigen Tagen belegt sie mit Messi in Stockholm den vierten Platz. Für die Nominierung hatte es dann leider doch nicht gereicht.
In dem Gespräch mit dem Abendblatt ging es darum, was es bedeutet, wenn Spitzensportlerinnen gleichzeitig junge Mütter sind.
„Kinder sind das Schönste auf der Welt, aber mitunter auch ziemlich anstrengend“
Sie sind seit über zwanzig Jahren auf höchstem Level im Leistungssport unterwegs. Was hat sich in dieser Zeit elementar verändert?
Meyer: Alles ist professioneller geworden. Das fängt bei der medizinischen Betreuung der Pferde an, die inzwischen eine ähnliche Qualität wie die Humanmedizin gewonnen hat. Und natürlich hat der Kommerz zugenommen. Früher hatten wir eine Handvoll Highlights pro Saison, heute gibt es kaum noch Atempausen. An jedem Wochenende wird irgendwo auf dem Globus ein Topturnier ausgetragen, und wer in der Weltrangliste vorn platziert sein möchte, muss viel reisen. Das ist – auch finanziell – mit einem Riesenaufwand verbunden, birgt Chancen und Risiken gleichermaßen. Wir haben keine Wahl, die Entwicklung lässt sich nun mal nicht anhalten.
Ludwig: Das ist beim Beachvolleyball vergleichbar. Früher waren meine Eltern bei den Turnieren oft dabei, weil die noch nicht in Brasilien oder in Shanghai stattfanden, sondern gewissermaßen vor der Haustür. Heute sind wir umgeben von einem wissenschaftlich ausgebildeten Expertenteam mit Chef- und Co-Trainer, mit Physio und Psychologin, Beratern und Pressereferenten.
Nebeneinander von Beruf und Familie funktioniert nur mit Unterstützung
Als ob das alles nicht schon kompliziert genug wäre, haben Sie sich beide dazu entschlossen, Kinder zu bekommen. Wie kriegen Sie die sportlichen und die familiären Anforderungen unter einen Hut?
Ludwig: Kinder sind das Schönste auf der Welt, aber mitunter auch ziemlich anstrengend. Die Zeiten, als ich morgens ausschlafen und nach dem Aufstehen erst mal in Ruhe einen Kaffee schlürfen konnte, sind jedenfalls vorbei.
Meyer: Ich habe einen tiefen Respekt vor jeder Frau, die dieses Nebeneinander von Beruf und Familie bewältigt und möchte selbst auch zu denen gehören, die das schaffen. Es ist machbar, jedoch nicht ohne Unterstützung, die ich in erster Linie durch meinen Ehemann erhalte sowie durch ein tolles Team an Mitarbeitern. Außerdem haben wir eine wunderbare Nanny, weil ich eben gerade jetzt in der Hochsaison an fast jedem Wochenende auf Reisen sein muss. Und „Wochenende“ heißt in meinem Fall meist von Mittwoch bis Sonntagabend. Wir als Familie machen das alles gemeinsam.
Profi-Sport und Familie: Jeder muss seinen eigenen Weg gehen
Sie, Laura, haben während des vorigen Jahres gespürt, dass die Familie unter dem ganzen Stress zu leiden begann, und deshalb strukturelle Änderungen vorgenommen. Ihr Ehemann ist nicht mehr wie zuvor ihr Trainer und der ihrer Partnerin Louisa Lippmann, sondern kümmert sich schwerpunktmäßig um Haushalt und Kinder. Können Sie etwas zum Hintergrund dieser Maßnahme sagen?
Ludwig: Ich hatte einfach das Gefühl, nicht mehr all meinen Aufgaben gerecht werden zu können. Und wenn der Ältere, Teo, mal drei Wochen mit nach Mittelamerika fuhr, während der Kleine, Lenny, bei den Großeltern blieb, bedeutete das zugleich eine Trennung der Brüder. Das hat mir nicht gefallen.
In einer TV-Doku gestehen Sie sogar, dass Sie daran zu zweifeln begannen, eine gute Mutter zu sein.
Ludwig: Stimmt, und das ist ja nur der eine Aspekt. Zugleich hätte ich gern mehr Zeit ins Training investieren wollen, denn wir befanden uns als Duo ja längst nicht am Leistungsmaximum und benötigten mehr Spielzeiten miteinander. Also diese Gesamtsituation empfand ich irgendwann als Zerreißprobe. Nach vielen Gesprächen haben wir uns schließlich entschlossen, mit Simon Nausch einen im Beachvolleyball erfahrenen, höchst angesehenen Trainer zu verpflichten. Mit dieser neuen Aufgabenverteilung kommen wir jetzt besser zurecht.
Meyer: Trotz aller Erschwernis würde ich allen Frauen empfehlen: Verzichtet nicht der Sportkarriere wegen auf die Gründung einer Familie …
Ludwig: … das gilt aber auch umgekehrt.
Meyer: Ja, sicher. Verzicht ist in jedem Fall der falsche Ansatz. Jeder muss da den eigenen Weg finden. Aber grundsätzlich gilt: Es ist möglich und erstrebenswert.
Dass sie beide emanzipierte Frauen sind, daran kann kein Zweifel bestehen. Würden Sie sich auch als Feministinnen bezeichnen?
Meyer: Nein. Ich bin für Gleichberechtigung, bin für Equal Pay, wo die Leistungen identisch sind. Nichts halte ich dagegen von Frauenquoten. In meinem Sport ist die Gleichberechtigung ja schon insofern vollzogen, als in Wettkämpfen zwischen den Geschlechtern nicht unterschieden wird. Männer und Frauen reiten praktisch gegeneinander.
Wobei Sie sich schon mal geschlechtsspezifisch benachteiligt fühlten und sich gegen einen Passus in den Statuten des internationalen Reiterverbandes FEI zur Wehr gesetzt haben. Wogegen haben Sie protestiert?
Meyer: Dabei ging es um eine starre Regelung zum sogenannten „Maternity Leave“ („Mutterschaftsurlaub“ – die Red.), die prinzipiell gut und wichtig ist, aber damals nicht ausgereift war. Sie war meiner Ansicht nach völlig aus der Zeit gefallen. Mithilfe der Gründung der Initiative „Equal Equest“ für mehr Chancengerechtigkeit im Reitsport ist es mir und meinen Mitinitiatorinnen und Supportern gelungen, die FEI von einer Anpassung des Paragrafen zu überzeugen.
Beim Frauen-Beachvolleyball werden immer mal wieder die mutmaßlich sexistischen Bekleidungsvorschriften kritisiert. Welche Meinung vertreten Sie dazu, Laura?
Ludwig: Für mich ist das eine überflüssige Debatte. Ich liebe es einfach, im Bikini zu spielen, das ist mein Arbeitsoutfit. Außerdem wurde das Regelwerk mittlerweile angepasst. Wer möchte, darf auch in langen oder halblangen Leggins spielen.
Letzter Themenwechsel: Sind Sie schon mal geritten, Laura, beziehungsweise haben Sie, Janne, schon mal Beachvolleyball gespielt?
Die Erfolge der Pinneberger Weltklasse-Sportlerinnen
Zusammen haben Beachvolleyballerin und Springreiterin zahllose Erfolge auf internationalem Parkett vorzuweisen.
Laura Ludwig holte 2016 in Rio de Janeiro den Olympiasieg und 2017 den Weltmeistertitel. Außerdem war sie bisher viermal Europameisterin und siebenmal deutsche Meisterin. Sie wurde 2016 und 2017 zusammen mit Kira Walkenhorst zur Mannschaft des Jahres und 2020 zu „Legenden des Jahrzehnts“ erklärt.
Janne Friederike Meyer-Zimmermann wurde mit der deutschen Equipe 2010/2011 sowohl Welt- wie Europameisterin und startete 2012 bei den Olympischen Spielen in London. Sie gewann diverse Große Preise, darunter den von Aachen und kürzlich das Global-Champions-Springen im französischen Cannes. Zweimal wurde sie in Deutschland zum „Rider of the Year“ und 2012 in Schleswig-Holstein zur „Sportlerin des Jahres“ gekürt.
Meyer: Ich kann mich erinnern, dass wir in der Schule manchmal Volleyball in der Halle gespielt haben, aber das ist ja eine völlig andere Disziplin, wie ich inzwischen gelernt habe.
Wenn Sie die Schule schon erwähnen: Welche waren Ihre Lieblingsfächer?
Meyer: Philosophie und Sport. Wenn ich ehrlich bin, muss ich allerdings gestehen, dass ich zum Ende hin nicht mehr allzu oft in den Unterricht gegangen bin und mein Abi gerade noch so mit einer schwachen Drei absolviert habe. Ich bin zu der Zeit bereits regelmäßig auf Turnieren geritten, hatte zum Glück aber einen sehr toleranten, verständnisvollen Schulleiter.
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Ludwig: So ähnlich ging’s mir auch. Mein Interesse an der Schule nahm kontinuierlich ab, schlussendlich reichte es gerade noch für ein Abi mit einem Notenschnitt von 3,2. Der Sport stand für mich damals schon absolut im Mittelpunkt.
Gehörte Pferdesport auch dazu?
Ludwig: Nicht wirklich. Ich entsinne mich, als Kind mal bei einer Proberunde auf einem Pferd umgefallen zu sein. Danach war’s für mich dann vorbei mit der Reiterei.