Elmshorn. Im März ist der Bau einer Unterkunft für 128 Geflüchtete neben den Regio Kliniken beschlossen worden. Nun muss eine neue Straße her.
Dass Regularien ganze Bauvorhaben ausbremsen können, das ist nichts Ungewöhnliches, fast schon die Regel. So hält sich die Verwunderung in Grenzen, dass das am 21. März beschlossene Containerdorf für bis zu 128 Flüchtlinge in Nachbarschaft zu den Elmshorner Regio Kliniken nun doch nicht wie geplant im Juli die ersten Menschen aufnehmen kann. Nicht einmal die ersten der 18 vorgesehenen Container haben bislang ihren Platz eingenommen.
„Eine langwierige Auftragsvergabe“, betitelt Dirk Moritz als mit der Projektbegleitung beauftragter Erster Stadtrat eine Ursache der Verzögerung. Doch noch ein weiteres zeitraubendes Hindernis gilt es zu überwinden: Denn der erhoffte Weg zum Baugrund bleibt dem Investor und Realisator des Projekts, dem Semmelhaack Wohnungsunternehmen, verschlossen.
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Der Grund ist aus Sicht der Planer ärgerlich: Die Regio Kliniken geben den ihnen gehörenden Teil der Agnes-Karll-Allee, der einen kurzen und unkomplizierten Weg zum Baugrund ermöglichen würde, nicht zur Nutzung frei. Es gibt Sicherheitsbedenken. Eine gänzlich neue Straße muss her. Die soll südlich und östlich um das Gelände der Kelting Baumschulen herumführen, ehe sie das künftige Containerdorf erreicht.
Ärgerlich für die Planer, die aber sachorientiert weitermachen und nicht zurückblicken. „Wir liefern das Containerdorf, wie wir es in der Ausschreibung zugesprochen bekommen haben, und bringen die neue Straße nun in unsere Kalkulation ein“, sagt Arne Parchent von Semmelhaack.
Klinikleitung: „In der jetzigen Konstellation zumindest geht dies überhaupt nicht.“
Liegt der „schwarze Peter“ jetzt bei der Klinikleitung? „Wir haben im Gespräch der Stadt und der Firma Semmelhaack dargelegt, welche Bedingungen gesichert sein müssen, damit auf der Agnes-Karll-Allee ein Bauverkehr und später auch der Zubringerverkehr gleichzeitig mit unserem Verkehrsfluss stattfinden können“, erläutert Regina Hein, Geschäftsführerin an den Regio Kliniken. „In der jetzigen Konstellation zumindest geht dies überhaupt nicht.“
Gleich mehrere Faktoren machen die Agnes-Karll-Allee nach Heins Ansicht für dieses Unterfangen ungeeignet. „Der wesentliche Punkt ist, dass die Straße auf unserem Abschnitt so schmal ist, dass zwei Autos nur ganz knapp aneinander vorbeikommen“, sagt Hein. „Und hier hat die Straße dann auch zudem weder Rad- noch Fußweg.“
Kliniken haben zwei Hauptstoßzeiten im Personalverkehr
Eine ausreichende Breite sei aber essenziell, um zum Beispiel auch den Rettungsschnellverkehr aus der Wache nördlich des Baugrunds sicher in Richtung Hamburger Straße zu leiten. „Hinzu kommt ja auch, dass wir hier im Klinikum um 6 Uhr morgens und um 14 Uhr wegen der Schichtwechsel einen starken Personalverkehr haben, der durch einen Baubetrieb gefährdet würde“, sagt Hein. „Freie Fahrt während unserer Hauptstoßzeiten war eine Bedingung.“
Sie stellt dem aber noch ein Topkriterium voran. „Unerlässlich ist, dass unser Rettungsverkehr die Agnes-Karll-Allee entlang zu wirklich keiner Zeit durch Bauverkehr behindert werden darf. Das mussten uns Baufirma und Stadt garantieren“, sagt die Klinikumsgeschäftsführerin. „Diese Garantie gab es nicht.“ Aber hat keine Verbreiterung und bauliche Aufwertung der Agnes-Karll-Allee alternativ zur Diskussion gestanden? „An mich zumindest ist nicht herangetragen worden, dass es für diese Form der Problemlösung eine Machbarkeitsstudie oder Ähnliches gegeben habe“, sagt Regina Hein.
Von August an soll das Containerdorf Gestalt annehmen
Stattdessen planen Stadt und Semmelhaack nun die rund 300 Meter lange Umgehungsstraße. Verteuerung und Zeitverlust sind die Folgen. „Aber man darf sich darunter jetzt keine klassische Straße mit allen Merkmalen wie in der Innenstadt vorstellen“, erläutert Dirk Moritz. „Es erfüllt vielmehr die Ansprüche einer Zuwegung; also einer gefestigten Fahrbahn, die auch die Belastung durch LKW und Baufahrzeuge verkraftet.“
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Im August sollen im Dorf erste Container angeliefert und sofort bewohnbar eingerichtet werden; im vollen Umfang sei die Nutzung jedoch erst für den weiteren Jahresverlauf geplant. „Wir planen nämlich, nicht erst das Dorf komplett fertigzustellen und danach erst die Menschen einziehen zu lassen“, sagt der erste Stadtrat. „Wir wollen diese Containerunterkunft sukzessive zum Leben erwecken.“
Containerdorf soll auch enge Platzsituation in bestehenden Wohngruppen entschärfen
Sicherheitsdienst, soziale Betreuung und Quartiersmanagement seien bereits organisiert; der EMTV habe zugesagt, Sportprogramme für Geflüchtete anzubieten. „Erste Bewohner werden wir aus unseren bestehenden Wohngruppen in der Stadt hierher übersiedeln wollen, denn dort geht es sehr eng zu“, führt Dirk Moritz aus. „Dadurch könnten wir in den bekannten WGs auch wieder unser Konzept von einem Raum pro Person umsetzen.“
Danach würde sich die Stadt Elmshorn durch den Kreis geflüchtete Menschen zuweisen lassen. „Und dann gleich zu Beginn pro Monat etwas mehr, als wir eigentlich müssten“, erläutert der Stadtrat, „damit wir dann zum Jahresende hin wieder etwas Luft haben.“