Elmshorn. Volles Haus bei Infoabend, 430 Anwohner wollen Antworten. Was bei der Standortfrage bewegt, wie Gastgeber Dirk Moritz den Abend sieht.

Diese Resonanz ist nicht alltäglich: Dirk Moritz hatte eingeladen, rund 430 Einwohnerinnen und Einwohner sind dem Ruf des Ersten Stadtrats von Elmshorn gefolgt. Die Bürger haben die Chance genutzt, um die städtische Infoveranstaltung in der Erich Kästner Gemeinschaftsschule (KGSE) zur geplanten Container-Unterkunft für Geflüchtete zu besuchen. Dort führte sie Dirk Moritz sachlich in das Thema ein und beantwortete alle gestellten Fragen. Und derer gab es viele, sehr viele sogar.

Allem vorangestellt die Bitte von Moritz an alle Anwesenden, sich bei der Suche nach Informationen direkt an die Stadt zu wenden und nicht den Weg über die sozialen Medien zu suchen: „Wenden Sie sich lieber an das Rathaus, als dass Sie sich bei Facebook informieren.“ Dort seien zuletzt irreführende Informationen gestreut worden.

Neues Flüchtlingsheim Elmshorn: 27 Bürgerinnen und Bürger stellen ihre Fragen

Auf der Infoveranstaltung meldeten sich 27 Einwohnerinnen und Einwohner zu Wort. Wichtigstes Thema, die Sicherheitslage im und ums Areal im Bereich Hamburger Straße/Wittenberger Straße, wo das Containerdorf für 128 geflüchtete Männer errichtet werden und im Juli in Betrieb genommen werden soll. Die Sorge galt vor allem den anwohnenden Kindern, Mädchen und Frauen.

Dort, wohin die weiße Turmspitze zeigt, soll das Container-Gelände am Regio-Krankenhaus Elmshorn entstehen.
Dort, wohin die weiße Turmspitze zeigt, soll das Container-Gelände am Regio-Krankenhaus Elmshorn entstehen. © Reimer Wulf | Reimer Wulf

Moritz: „Gerade deswegen setzen wir in unserem Konzept so auf eine soziale Betreuung der Bewohner, auch wenn das Geld kostet – das ist es uns als Stadt wert.“ Zudem stelle die Stadt zwei Quartiersmanager/-innen als feste Ansprechpersonen für die Einwohnerinnen und Einwohner ein. Deren Kontaktdaten werden auf der Internetseite www.elmshorn.de hinterlegt, sobald die Stellen besetzt seien.

128 Männer sollen in Flüchtlingsheim wohnen: Bei Belästigungen oder Straftaten soll Polizei helfen

Bei Belästigungen, Straftaten und anderen konkreten Beeinträchtigungen des Friedens vor Ort mit Beteiligung der Geflüchteten solle unbedingt die Polizei kontaktiert werden, sagte Elmshorns Vize-Polizeichef Marcus Petersen: „Bitte sagen Sie uns das!“ Nur wenn die Polizei Kenntnis habe, könne sie geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen. Das gelte aber nicht nur in Bezug auf den neuen Wohncontainer-Standort.

Von den Anwesenden wurden auch Punkte wie eine mögliche überlastete Notaufnahme des benachbarten Krankenhauses, der Familiennachzug, der angespannte Wohnungsmarkt oder die Kosten dieser Einrichtung in Höhe von voraussichtlich 2,4 Millionen Euro pro Jahr thematisiert. Auch treibe die Leute um, wer für eventuelle Feuerschäden an den insgesamt 114 Containern aufkommen werde.

Elmshorn: Dirk Moritz ordnet die Kosten für die Einrichtung im unteren Bereich ein

„Wenn man sich in einem Land nicht auskennt, ist es naheliegend, im Krankheitsfall erstmal ins Krankenhaus zu gehen“, entgegnete der Erste Stadtrat auf die Frage zur Krankenversorgung, relativierte dann den finanziellen Aufwand für das Containerdorf. „Die Kosten für den Standort bewegen sich im bundesweiten Vergleich sogar im unteren Feld. Diese sollen fast vollständig vom Bund und Land erstattet werden; im Brandschadensfall greift eine Gebäudeversicherung. Und ein Familiennachzug ist nach Anerkennung des Asylgesuchs möglich, die Geflüchteten müssen dann aber nicht in Elmshorn bleiben.“

Dringlich bei den Anwohnern auch die Frage, wie es denn bei anhaltender Flüchtlingswelle weitergehe, ob es bei dem einen Wohncontainer-Standort bleibe, welchen Einfluss die Stadt darauf habe, welche Geflüchteten ihr zugeteilt werden. „Derzeit ist kein weiterer Standort in konkreter Vorbereitung, auszuschließen ist das aber je nach Entwicklung nicht“, sagte Dirk Moritz. „Einfluss auf die Art der Zuweisungen hat die Stadt nur bedingt, die Container sollen aber ab Juli möglichst schnell voll belegt werden, damit die Kosten auch refinanziert werden können.“

Containerdorf für Geflüchtete: Integration ist als Thema weit oben im Fragenkatalog

Insbesondere bewegte die Bürger die Frage, wie die Integration der Geflohenen gelingen solle, ob diese auch gemeinnützige Tätigkeiten übernehmen könnten und überhaupt, ob diese Infoveranstaltung für den richtigen Zeitpunkt angesetzt worden sei. Auch hier blieb Moritz keine Antwort schuldig. „Grundlegende Voraussetzung für die Integration ist die Sprache“, sagte der Erste Stadtrat. „Daher hat Volkshochschule ihre Deutschkurse stark ausgebaut.“

So soll das Containerdorf für 128 geflüchtete Männer aussehen.
So soll das Containerdorf für 128 geflüchtete Männer aussehen. © Stadt Elmshorn | Stadt Elmshorn

Moritz nimmt in diesem Zuge auch die Einwohner in die Pflicht. „Integration heißt schließlich auch Übernahme in die Gesellschaft. Das setzt eine gewisse Verantwortung der Bevölkerung voraus, auch offen für neue Menschen zu sein“, sagte der Gastgeber der Veranstaltung. „Als Stadt stellen wir einen Rahmen zur Verfügung, in dem Integration gelingen kann. Gleichzeitig gilt aber auch, dass ich von Geflüchteten einen Integrationswillen erwarte.“

Flüchtlinge dürfen gemeinnützig arbeiten, dies erfolge aber zunächst freiwillig

Zur gemeinnützige Arbeit hatte Dirk Moritz auch wissenswerte Fakten zur Hand. „Dank einer Gesetzesänderung können Geflüchtete nun auch leichter für solche Tätigkeiten eingesetzt werden. In Elmshorn soll dies aber zunächst auf freiwilliger Basis geschehen“, sagte der Stadtrat und betonte, dass er im Gegensatz zu den Fragestellern unter den Anwesenden den Zeitpunkt für diese Versammlung nicht als zu spät erachte. „Mir ist das sogar noch fast zu früh.“

Die Begründung für seine Meinung bleibt Moritz nicht schuldig: „Noch sind nicht alle Verträge unterschrieben und noch ist viel im Fluss. Wenn wir eine Veranstaltung machen, dann sollen die Zahlen, die wir dort nennen, auch belastbar sein.“ Im Zuge weiterer Transparenz kündigte Dirk Moritz einen Tag der offenen Tür bei der Einrichtung, noch vor der Inbetriebnahme. „Jede und jeder soll sich selbst ein Bild von den Wohncontainern machen. Der Termin wird rechtzeitig bekannt gegeben.“

Dirk Moritz registriert ein große Sorge bei den Bürgen über die allgemeine Migrationspolitik

Nachdem er bei Beendigung der Sitzung mit Applaus verabschiedet wurde, fand Dirk Moritz noch Gelegenheit, darüber zu reflektieren, wie er diese nicht unbrisante Bürgerveranstaltung wahrgenommen hatte. „Ich habe festgestellt, dass die Bevölkerung verunsichert ist, wobei es weniger konkret um diese Containerwohnanlage geht, die wir hier errichten“, sagte Moritz zusammenfassend. „Es geht viel mehr um die Migrationspolitik in Bund und Land und die subjektive und objektive Sicherheit.“

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Der Erste Stadtrat war froh darüber, dass er den Bürgern zu vielen Punkten sagen konnte, wie er selbst dazu steht. „Dazu gehörte, dass ich betont habe, dass jeder eine Chance verdient, auch eine zweite“, sagte Moritz und verwies auf die notwendige Integrationswilligkeit der hier untergebrachten Menschen. „Ich sagte aber auch, dass jemand, der sich beim besten Willen nicht einfinden, die freiheitlich-demokratische Grundordnung nicht akzeptieren will, dass der hier falsch in Deutschland ist.“

Durch seine Parteilosigkeit muss Dirk Moritz kein Blatt vor den Mund nehmen

Bei Dirk Moritz kam der Eindruck auf, dass er sehr vielen der Anwesenden mit seinen Ausführungen aus der Seele gesprochen habe. „Das gelingt mir halt dadurch gut, dass ich parteilos bin“, sagte der Gastgeber des Infoabends. „Wenn man ein Parteibuch im Hintergrund hat, dann trifft man bei der Argumentation auch irgendwie immer die Bundes- oder Landesregierung. So konnte ich aber halt wirklich alle gestellten Fragen beantworten.“

Dirk Moritz, Erster Stadtrat und stellvertretender Oberbürgermeister Elmshorn
Dirk Moritz, Erster Stadtrat und stellvertretender Oberbürgermeister Elmshorn © HA | Stadt Elmshorn

Als Ergebnis der Gesprächs-intensiven zweieinhalb Stunden nahm Dirk Moritz einen positiven Eindruck mit und das Gefühl, das Verhältnis zwischen Stadt und Bevölkerung verbessert zu haben: „Viele haben sich ernst genommen gefühlt und haben verstanden, dass unser Konzept zur Unterbringung der geflüchteten Menschen Hand und Fuß hat“, sagte der Stadtrat.

Elmshorn hat schon positive Erfahrung mit der Unterbringung geflüchteter Menschen gesammelt

Moritz verwies darauf, dass Elmshorn bei dieser Aufgabe schließlich kein Anfänger sei: „Wir haben ja Erfahrung mit der Führung einer solchen Einrichtung. Und die rund 60 Menschen, die dort leben, sind dank der Betreuung, die wir bieten, nicht auffällig. Diejenigen, die in Elmshorn auffällig werden, reisen häufig erst abends aus der Stadt zu. Das alles ist bei den Veranstaltungsteilnehmern angekommen.“