Quickborn. 91 Jahre nach seiner Ermordung erfährt der erschossene Paul Warnecke endlich eine posthume Würdigung. Aber es lief nicht nach Plan.

In der Stadt Quickborn wird endlich – mehr als 90 Jahre nach dem feigen Mord – des ersten Todesopfers des Nationalsozialismus gedacht. Nach langem Hin und Her und jahrelanger politischer Diskussion hat die Ratsversammlung auf ihrer jüngsten Sitzung einstimmig entschieden, den Feldweg durch das kleine Birkenwäldchen am Harksheider Weg in „Paul-Warnecke-Weg“ zu benennen. Der Platz selbst, ursprünglich zur Umwidmung vorgesehen, bleibt weiterhin namenlos.

Damit soll an die Ermordung des damals erst 19 Jahre alten Paul Warnecke erinnert werden. Der Maschinenschlosser war in der Nacht zum 5. März 1933, dem Tag der letzten Reichstagswahl vor der Hitler-Diktatur, in diesem Wäldchen von SA-Truppen hinterrücks erschossen worden. Warnecke war unbewaffnet. Der junge Mann gehörte damals einer kommunistischen Häuserschutzstaffel an, die Übergriffe der Nazis abwehren sollte.

Schon 1946 hatte die Quickborner Politik Warnecke-Platz schaffen wollen, was nie umgesetzt wurde

Mit dem Entscheid der Ratsversammlung wird nun ein entsprechender Beschluss der Quickborner Gemeindevertretung von 1946 zum Teil umgesetzt. Dieses Gremium hatte ein Jahr nach Kriegsende entschieden, das kleine Birkenwäldchen, das seit 1943 nach dem SA-Sturmführer Horst Wessel benannt war, nach Paul Warnecke zu benennen – aber dieser Beschluss wurde nie umgesetzt. Der Mörder Warneckes wurde ebenfalls 1946 zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt, aber bereits 1951 aus der Haft entlassen.

NS-Forscher Jörg Penning vom Fördervereins gegen das Vergessen – Spurensuche im Kreis Pinneberg und Umgebung hätte sich gewünscht, wenn die Quickborner Ratspolitik eher und höher über ihren Schatten gesprungen wäre.
NS-Forscher Jörg Penning vom Fördervereins gegen das Vergessen – Spurensuche im Kreis Pinneberg und Umgebung hätte sich gewünscht, wenn die Quickborner Ratspolitik eher und höher über ihren Schatten gesprungen wäre. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Vor zehn Jahren gab es einen erneuten Antrag, das erste NS-Opfer Quickborns zu würdigen. Doch der Antrag der Initiative selbstbewusstes Quickborn scheiterte da an der Mehrheit von CDU und FDP. Und auch diesmal konnte sich der Antrag der Grünen, den Paul-Warnecke-Platz dort einzurichten, politisch nicht durchsetzen. Die CDU wollte das Birkenwäldchen lieber in „Platz der Freiheit“ benannt wissen, was die anderen Fraktionen ablehnten. Aber auch die FDP konnte sich nicht für ein positives Votum dieser Platz-Würdigung des jungen NS-Opfers durchringen.

2014 gab es erneut eine Initiative, des ersten NS-Opfers Quickborns zu gedenken

So blieb es bei dem Kompromiss, statt des Platzes einen „Paul-Warnecke-Weg“ zu schaffen, den alle Fraktionen unterstützten. Antragsteller und Ratsherr Luca Moriconi, stellvertretender Vorsitzender der Grünen in Quickborn, zeigt sich zufrieden mit dem Ergebnis. „Ob es Paul-Warnecke-Platz oder -Weg heißt, ist mir nicht so wichtig.“

Etwas seltsam und verwirrend erscheint ihm aber doch der Diskussionsverlauf der Gegner dieser Initiative. Diese hätten es abgelehnt, weil sie angeblich befürchtet hätten, dass „Quickborn nun zu einem Versammlungsort der Kommunisten“ würde. Was er, Moriconi, für ziemlich abwegig halte und was ja nun mit der Wegbenennung ebenso passieren könnte.

Grünen-Ratsherr: Das Ergebnis ist in Ordnung, die Diskussion verwirrend

Auch der NS-Forscher Jörg Penning vom Förderverein gegen das Vergessen – Spurensuche im Kreis Pinneberg und Umgebung e.V. begrüßt es, dass es nun endlich zu dieser Würdigung des ersten NS-Todesopfers in Quickborn gekommen ist.

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„Dennoch ist es bedauerlich, dass die Platzbenennung nach fast acht Jahrzehnten nach Kriegsende und Befreiung vom Nationalsozialismus so schwierig ist und einem Teil der heutigen Mitglieder der Ratsversammlung sich nicht darin hineinversetzen kann, was ihre Vorgänger 1946 dazu bewog, den Platz in ‚Paul-Warnecke-Platz‘ zu benennen“, sagt er. „Sie wollten dem von Nationalsozialisten erschossenen Menschen gedenken.“

NS-Forscher hofft, dass die Beschilderung dann auch bald umgesetzt wird

Die Wegbenennung sei mit einer Beschilderung verbunden, erklärt der NS-Forscher. „Ich würde mich freuen, wenn diese Umsetzung zeitnah erfolgt, sodass spätere Ratsmitglieder nicht vor ähnlichen Diskussionen stehen, wie sie 2014 und jetzt erneut 2024 über den Beschluss von 1946 geführt wurden.“