Elmshorn. Holsteiner-Auktion am Wochenende in Elmshorn mit Top-Besetzung. Auch ein Bäckerei-König ist dabei. Wird ein neuer Wunderhengst gekürt?

Hengste sind immer interessant, individuell und unterschiedlich. Zu den genetischen Merkmalen gehören: Gesundheit, Charakter, sportliche Abstammung, Leistungswille, überzeugende Körperstruktur und Fruchtbarkeit. Nach diesen Eigenschaften sucht nun der Holsteiner Verband mit Sitz in Elmshorn. Fünf ausgewählte Gutachter entscheiden am Auktionswochenende vom 14. bis zum 16. Dezember in der Elmshorner Fritz-Thiedemann-Halle über 47 Köranwärter, also junge Hengste.

Sportpferde Zucht: Wird ein Hengst gekört, hat er die Lizenz zur Fortpflanzung

Ein gekörter Hengst hat die Lizenz zur Fortpflanzung; das Gütesiegel steigert den Wert des Tieres beträchtlich. Das Zusatzprädikat „prämiert“ ist für den Zuchteinsatz noch interessanter und lässt den Kaufpreis des Hengstes rasant in die Höhe schnellen. Zukünftige Zuchthengste müssen sich auch mit sportlichen Leistungen an zwei Tagen ohne Reiter in einem Trainingsparcours beweisen. Einen Sattel kennen die jungen Vierbeiner noch nicht.

Casall mit Bengtsson
Casall im Sieger-Outfit beim Finale der Global Champions-Tour in Hamburg-Klein Flottbek mit seinem Ausbilder Rolf-Gören Bengtsson im Sattel. Mit dem Sieg krönt und beendet der einzigartige Hengst 2018 seine Karriere im Reitsport. © Melanie Mallon | Melanie Mallon

Ein gelungenes Zuchtbeispiel ist beim Holsteiner Verband der international hoch angesehene 24 Jahre alte Vererber-Hengst Casall mit seinem ehemaligen schwedischen Topreiter Rolf-Göran Bengtsson (61) aus Oelixdorf, Kreis Itzehoe. Ein traumhafter Hengst, der bei großen Championaten, den Olympischen Spielen in London 2012, bei den Europameisterschaften 2013 im dänischen Herning und bei der Weltmeisterschaft 2014 international mit zu den 25 Besten zählte. 

Casalls Aufstieg bedeutet einen großen Imagegewinn für den Holsteiner Verband

Mit seinen Seriensiegen in der „Global Champions-Tour“ ist Casall in den Olymp der fünf besten Hengste weltweit aufgestiegen; er ist für den Holsteiner Verband wirtschaftlich ein Jackpot und ein großartiger Imagegewinn. Der Elitehengst hat im Springsport weltweit alle Preise abgeräumt und dem Holsteiner Verband damit schon viele Millionen Euro eingebracht. Sein Sperma wird teuer gehandelt; Casall selbst ist unverkäuflich.

Von den 47 am kommenden Wochenende zu präsentierenden Hengsten haben 16 in den Zuchtpapieren die Zauberformel Casall in erster, zweiter oder dritter Generation stehen. Deutschlandweit wurden bislang 93 seiner Nachkommen gekört; zudem wurden 85 seiner Töchter mit einer Staatsprämie ausgezeichnet.

„Er ist das Pferd meines Lebens! Casall und ich haben sportlich mehr erreicht, als wir uns vorgenommen hatten“, sagt Rolf-Göran Bengtsson. „Ich habe ihm viel zu verdanken. Züchterisch ist er aus dem internationalen Sport nicht mehr wegzudenken.“

Die Auktion verspricht hohe Erlöse und auch Überraschungen

Ein Beispiel, wie sich Zahlen bei einer Auktion drehen: Neun Hengste von 67 haben im Jahr 2021 die Summe von 641.500 Euro im Jahr zusammengetragen. Das entspricht einem Durchschnittspreis von 71.277 Euro. Der teuerste dieser jungen Hengste wechselte für 144.000 Euro den Besitzer – plus Gebühren, versteht sich.

Aber vielleicht ist der neue Siegerhengst auch wie Casall unverkäuflich? Oder wird vom Besitzer zurückgekauft? Überraschungen sind immer dabei, und das Karussell der Emotionen dreht sich plötzlich. „In der Momentaufnahme ist es für Züchter immer zu wenig Geld, im Rückblick fühlt sich alles richtig an“, sagt der 56 Jahre alte Pinneberger Züchter Carsten Lauck.

Im Schnitt dauert eine Auktion pro Pferd bis zum Zuschlag rund zwei Minuten

Bei der Auktion dauert es im Schnitt nur zwei Minuten, bis der erfahrende Auktionator Hendrik Schulze Rückamp (53) aus Merklingen (Baden-Württemberg) den Zuschlag erteilt. Es klingt nach Spontankäufen, ist es nicht. Professionelle Hengststationen haben zuvor die Abstammung studiert.

Es ist gezielt kalkuliert, was für die Anpaarung und für die Zucht von übermorgen fehlt. Ein Restrisiko bleibt immer, denn Mutter Natur hat so ihre Launen. „In diesem Jahr haben wir Züchter merkwürdigerweise gefühlt mehr Stutfohlen“, sagt Carsten Lauck, der mit seinem Hengst For Quiwi in die Fritz-Thiedemann-Halle kommt.

Aus der Liste der Anbieter ragt Manfred von Allwörden mit fünf Hengsten heraus

Wenn Fachleute in die aktuelle Angebotsliste der Hengstzüchter schauen, ragt eine Person heraus: der ehemalige Knet- und Backwarenkönig Manfred von Allwörden (62) vom Grönwohld-Hof bei Trittau, der sehr erfolgreich seine Bäckereikette an den Supermarkt-Riesen Edeka verkauft hat.

Normalerweise haben die Züchter ein, maximal zwei Hengste für die anstehende Auktion dabei. Der geschäftstüchtige von Allwörden präsentiert aus seiner Zucht erstmalig sogar fünf junge Hengste. Rekord-Elitezüchter des Jahres? Relativ, denn der Großbäcker besitzt mehr als 1000 Pferde, konkurrenzlos viele in Norddeutschland.

Die richtige Kombination von Hengst und Stute erweist sich als Schatzsuche der Pferdezucht

Letztlich entscheidet immer der Stutenbesitzer, welcher Hengst mit welcher Abstammung den nächsten Jackpot  á la Casall knacken könnte. Es ist wie eine Schatzsuche, die ein finanzielles Polster, Intuition, Zeit und Gespür braucht. Vielversprechende Hengste kommen früh in die Manierenschule.

Ein Fachexperte ist der Tornescher  Roland Metzler. Zum Hengst-Abc gehört die Gelehrigkeit an der Seite von Menschen. Die Grundzüge wie Huf geben, Halfter Trense und Decken akzeptieren sowie an der Longe laufen müssen innerhalb von sechs Monaten sitzen. Auf die Stimme, Tonlage und Gestik zu reagieren, gehört ebenfalls dazu. „Hengste können auch sehr eigenwillig sein, es geht mal fünf Schritte voran und zwei zurück. Geduld und Nerven sind eine Formel“, sagt Metzler.

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Zudem spüren Hengste Angst und Unsicherheit bei Menschen. Nichts wird dem Zufall überlassen, der Vierbeiner muss gelehrig sein. Es sieht nach außen alles leicht und flockig aus, allerdings ist es ein harter Weg. Hengste gehören in erfahrene Hände, und Fachwissen ist gefragt.

Neben vielen Youngstern warten auch acht reifere Reitpferde auf neue Besitzer

Der Laufsteg ist für die junge prachtvolle Elite der edlen Holsteiner Hengste an allen drei Tagen in Elmshorn eröffnet. Acht reifere Reitpferde, die für die anstehende Turniersaison 2024 auf einen neuen Besitzer warten, stehen ebenfalls zum Verkauf.

Auktionsinformationen: Alle Pferde sind mit Videos, Fotos und Informationen unter www.holsteiner-verband.de einzusehen.