Tangstedt. Johanna Horstmann ist Deutsche Amateurmeisterin. Wie sie nach dem Tod von Stute Fabienne an ihr neues Dressurpferd gekommen ist.

Die Zauberformel für den Reitsport: Eine erfahrene Stute als Lehrmeisterin und eine junge Reiterin im Pferdesport – so sieht wohl der gekonnte Mix aus. Doch dann starb der routinierte Vierbeiner Fabienne. Der Spaß und die Freude am Sport blieben Johanna Horstmann erhalten, ein Nachwuchspferd in einem bezahlbaren Rahmen musste nun her. Mutter Janine (51) schaute sich die Angebote im Internet an. Grundgangarten und Abstammung wurden gefiltert. Dann ging es Richtung Hannover.

Pferdesport Dressur: Die Reaktion auf den plötzlichen Lärm ist das Zeichen, dass es mit Daily Harbour passt

„Eine dreijährige Stute auszuprobieren, die ich nicht kenne, da lief mein Kopfkino. Es kann viel passieren und auch komplett schieflaufen“, sagt Johanna Horstmann. Auf dem Weg zur Halle fielen prompt ein Besen und eine Schaufel um. Es interessierte Daily Harbour nicht. „Es war genau der Moment, und mein Bauchgefühl sagte, ich kann in den Sattel steigen“, erinnert sich die 28-Jährige an die erste Begegnung.

Sie steckt fortan gemeinsam mit ihrer Mutter Janine und Ausbilderin Esther Brumme (46) aus Bilsen viel Arbeit, Zeit und Energie in die junge hoffnungsvolle Stute. „Wir haben mit kleinen Turnieren in Schleswig-Holstein angefangen, um ein Gefühl für Turniersituationen zubekommen“, sagt die Siegerin der Deutschen Amateurmeisterschaft. Dieser Titel mit Daily Harbour ist nun der Lohn für die kontinuierliche Ausbildung.

Qualifikation und Einladung zur Amateurmeisterschaft kommen völlig überraschend

„Meine Punktzahlen hatte ich mit den jeweiligen Erfolgen gar nicht ausgerechnet. Über Siege und Schleifen habe ich mich hier im Sommer in Schleswig-Holstein halt gefreut“, sagt die junge Beamtin. „Eine Kollegin hat mich dann auf den Listenstand der FN hingewiesen, die wie eine Behörde für den Reitsport funktioniert.“ Mit der überraschenden Einladung aus Warendorf, wo die FN ansässig ist, vermischten sich Freude und Bedenken: „Ein Turnier mit Übernachtung? Mag es überhaupt meine Daily Harbour? Und wenn die Stute es als Stress empfindet und nicht fressen will?“

„Es war genau der Moment, und mein Bauchgefühl sagte, ich kann in den Sattel steigen.“

Johanna Horstmann über ihre erste Begegnung mit ihrer neuen Dressurstute Daily Harbour

Das Gedankenkarussell drehte sich bei Horstmann wie ein Hamsterrad. Turniererfahrungen waren ja ausreichend vorhanden, aber doch nicht in der fortgeschrittenen nationalen Oberliga. Und mit Übernachtungen schon gar nicht. Aus 16 Bundesländern folgten in diesem Herbst 44 Dressurreiter dieser besonderen Einladung zu dem Wettkampf, der zum vierten Mal organisiert worden ist.

„Auf einem Turnier dieser Art, kann ich die Konkurrenz und die Richter nicht einschätzen. In so einer Situation ist es spannend“, sagt Horstmann. Die Neugier überwog, die sportliche Ambition lockte die Beamtin nach Warendorf. Die Sachen wurden mit Mutter Janine (51) und Tochter im Reitstall bei Harald Sellhorn (74) in Tangstedt gepackt. Auf in das Abenteuer, zwei Startplatze standen auf dem Programm.

Mit der Traumbilanz von zwei Siegen bei zwei Starts feiert Horstmann ihren Überraschungserfolg

Die Bilanz für Horstmann: Zwei Starts, zwei Siege, da mussten die Richter nicht lange rechnen, um die neue Bundesmeisterin auszumachen. Direkt nach ihrer Kür stand die Reiterin aus Bad Bramstedt auf dem Siegertreppchen. „Rückblickend habe ich mir zu viele Gedanken gemacht, der Hin- und Rückweg haben sich mit 586 Kilometern gelohnt“, sagt die Reiterin. Zudem ihre Rappstute Daily Harbour in der Gastbox gefühlt besser geschlafen hat als die Besitzerin in ihrer Unterkunft.

„Das Erlebnis war mega sensationell, ich hatte das Gefühl, meine Stute ist durchs Viereck geschwebt, die hat einfach alles gegeben“, sagt die 28 Jahre alte Reiterin. Daily Harbour ist buchstäblich ein Glückskauf, wovon viele Reiter träumen. An die Zeiten vom Ponysport denkt die Beamtin gerne zurück. Mit 16 Jahren ist allerdings nach der Satzung der FN der Ponysport vorbei. Die jungen Reiter sind zu groß und in der Regel zu schwer. Das buchstäbliche Motto: Rauf aufs Pferd.

Nach dem Titelgewinn folgt wieder intensives Training

Auf dem Erfolg, die Amateurmeisterschaft gewonnen zu haben, ruht sich nun Johanna Horstmann nicht aus. Der Tagesplan ist straff organisiert. Kurz vor fünf Uhr klingelt ihr Wecker, um sechs Uhr ist ihr Dienstantritt bei der Bundespolizeidirektion. Die Woche ist mit 41 Dienststunden und mit der Versorgung ihrer drei Pferden komplett ausgebucht.

„Das ganze Tagesprogramm ist mit den Pferden nur zu schaffen, weil meine Mutter mit anpackt“, sagt Horstmann. Mutter Janine putzt und pflegt die Vierbeiner „wie eine Weltmeisterin“, dazu gehören Fell- und Hufpflege, Deckenwechsel, Sattel- und Trensenpflege plus Schrittführen als Warming-up. „Zum Glück gehören Pferde seit Ewigkeiten mit zur Familie, daher sind wir ein sehr gut funktionierendes Team. Und jeder Handgriff sitzt“, sagt Mutter Horstmann.

Mehr zum Thema

In der Zwischenzeit wartet Trainerin Esther Brumme (46) aus Bilsen auf ihre Schülerin Johanna. Das erst fünf Jahre alte und selbst gezogene Nachwuchspferd Swansea soll für die kommende Saison die nächsten Lektionen lernen. Für Daily Harbour sieht die Trainerin die nächsten Lektionsabschnitte für Piaffe und Passage.

Mit Wallach Flynn hat Johanna Horstmann ein weiteres talentiertes Pferd am Start

Druck ist nicht vorhanden, denn ihr 14 Jahre alter brauner Wallach Flynn ist auch noch eine Option für die nächste Grüne Saison. Kommende Turniere sind noch nicht in Planung, allerdings könnte im Februar ein Startplatz bei den V+R Classics in Neumünster in greifbare Nähe rücken. „Interessant ist das Turnier, vielleicht kommt ja eine Einladung“ sagt Johanna Horstmann. „Hinschielen ist ja nicht verboten.“

Währenddessen flitzt Stallbetreiber Harald Sellhorn (74) mit seinem Fahrrad über die Anlage, die jeweils 400 Kilogramm schweren Strohballen werden noch kurz durchgezählt. „Die 24 Ballen reichen für gute 14 Tage, dann muss wieder umgeschichtet werden“, sagt der 74-Jährige. „Die Versorgung der 80 Pferdeboxen ist gesichert.“ Johanna Horstmann nimmt es erleichtert zur Kenntnis. Schließlich sollen es sich ihre Lieblinge Daily Harbour, Flynn und Swansea auch bequem machen können.