Appen. Nach Appen zurückgekehrte Kreistitelkämpfe wären beinahe geplatzt. Warum die Zusage für Wettkampffläche kurzfristig zurückgezogen wird.
Die Kreismeisterschaft im Kutschensport ist nach neun Jahren in Appen aus dem Dornröschenschlaf wachgeküsst worden. Eine Turnierwelt für einen Tag zu erschaffen ist nur machbar, wenn alle ehrenamtlichen Helfer mitziehen. Keiner darf schwächeln. Bis ins kleinste Detail war alles geplant. Doch dann das: Sechs Tage vor dem Sporttag meldete sich der Bauer bei Organisatorin Anja Behrmann und erklärte lapidar, sein Weideland stehe mit zehn Hektar nun doch nicht zur Verfügung. Gründe unklar. „Es ist ein unsportliches Verhalten; der Mann hat keine Ahnung, was dahinter steht“, sagt Behrmann verärgert.
Fahrsport Kutschen: In Windeseile werden die Meisterschaften umgeplant
In dieser Notlage wollte Behrmann nach der gründlichen Organisation den Kutschensport mit der ausgeschriebenen Kreismeisterschaft auf keinen Fall sausen lassen. Der Kampfgeist war geweckt, jetzt erst recht und noch besser. Ihr Telefonorchester musste ran. Wer hat welche Kontakte? Ideen wurden gesammelt. Die plötzliche Umplanung bereitete Anja Behrmann schlaflose Nächte „Meine gepachtete Kutschenweide habe ich zum Glück spontan auf zehn Hektar erweitern können“, sagte Behrmann. Zaundurchbrüche standen nun auf der To-do-Liste.
Alle Teilnehmer wurden zwei Straßenzüge umgeleitet. Der ganze Stress hat sich gelohnt. 27 Kutschenbesitzer kamen mit ihren 39 Vierbeinern. Die begehrte Schleswig-Holstein-Schärpe lockte. Zehn feststehende Holz-Hindernisse und ein Labyrinth in traditionellen Schleswig-Holstein-Farben forderten die Geschicklichkeit und Konzentration von Kutscher und Vierbeinern. Gelbe Bälle im Tennisballformat lagen auf allen Hindernissen – beim Touchieren fällt der Ball –, unliebsame Strafpunkte kamen in die Bewertung.
Mehrzahl der Teilnehmer sind junge Frauen, nur vier Männer sind am Start
Wer nun an den beliebten klassischen Herrensport denkt, liegt hier falsch. Junge Frauen waren in der Mehrzahl vertreten, lediglich vier Männer lenkten ihre Kutschen. Und eine Teilnehmerin war ganz besonders engagiert, Leni Amelie Vieten. Die erst elf Jahre alte Schülerin wollte es wissen und nahm mit großer Begeisterung selbst die Zügel für ihre Shetlandponys Lilly und Lotta in die Hand. Mutter Sabrina (40) oder ihr Vater Benjamin (39) durften gern abwechselnd für das Ausbalancieren als Beifahrer hinten auf der Kutsche Platz nehmen.
Im Kutschensport ist jede Kutsche ganz individuell gestaltet. Die Vorschriften des Dachverbands der reiterlichen Organisation in Warendorf (FN) definieren ausführlich die Sicherheit für den Kutschensport, zum Beispiel die Helmpflicht, Schutzwestenpflicht im Gelände, und die Kutsche muss grundsätzlich zwei Achsen, also vier Räder haben. Das Gewicht ist ebenfalls vorgeschrieben, es variiert von 90 Kilo bis 600 Kilo – je nachdem, ob die Kutsche von einem oder zwei Ponys oder Pferden gezogen wird.
Das Chassis ist prinzipiell immer das gleiche, ansonsten ist das Free-Style-System erlaubt. Die Einen setzen auf eine klassische Holzkutsche, die Anderen auf eine Metallkonstruktion. Es gibt Gefährte in Ferrari-rot, Royal-blau und Racing-green. „Jeder hat seine Lieblingsfarbe und kann Elemente je nach Geschmack und seinem Geldbeutel gestalten“, sagte Parcourschef Rainer Schlüter aus Bevern. Eine Kutsche kostet 5.000 bis 10.000 Euro, dann kommt das Geschirr für die Vierbeiner hinzu.
Ute Ramcke aus Waldenau lässt ihre Konkurrenz hinter sich
Ute Ramcke aus Waldenau etwa ging mit einer Metallkutsche in der Disziplin der Pferde-Zweispänner an den Start. Das Gefährt ist mit Alurädern, Gummireifen, Scheibenbremsen und Federung ausgestattet – Tradition trifft Moderne. Die 64-Jährige und ihre Pferde Diego und Santano ließen die Konkurrenz hinter sich. Bei den Pferde-Einspännern gewann Claudia Weise aus Wedel mit Wolkano; Iris Gottschalk aus Tornesch war mit Lord Lou bei den Pony-Einspännern unschlagbar.
Doch letztendlich erlebte niemand eine so emotionale Achterbahnfahrt wie die jüngste Teilnehmerin Leni Amelie Vieten. Die Elfjährige reitet, seitdem sie drei Jahre alt war, ihren Kutschenführerschein machte sie mit sieben Jahren, einmal wöchentlich trainiert sie das Kutschenfahren. Dementsprechend hoch waren ihr Engagement und ihre Erwartungen. Die talentierte Nachwuchssportlerin ist mit voller Begeisterung dabei, Tempo und enge Wendungen sind ihr Ding. Aber beim Hindernisrennen schlug Leni im Labyrinth einen falschen Weg mit ihren 15 und 16 Jahre alten Ponys ein.
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Ärgerlich, doch das Mädchen vom Stall Lindenhof in Waldenau hatte zuvor fleißig Punkte sammeln können und holte sich dennoch die Siegerschärpe in der Disziplin der Pony-Zweispänner. „Beim Fehler im Hindernisparcours flossen die Tränen, sie wollte aufgeben“, sagte ihre Mutter Sabrina. Umso glücklicher war Leni, als ihre Gesamtleistungen bei den drei Prüfungsabschnitten den Sieg brachte. „Sie hat vor Freude gejubelt.“
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