Quickborn. Liberale gewinnen fast 1000 Stimmen gegenüber 2018 dazu und lösen die CDU als stärkste Fraktion ab. Das sind die Gründe.

Die Stadt Quickborn hat Ellerbek als die liberale Hochburg im Kreis Pinneberg abgelöst. Die örtliche FDP hat einen historischen Erdrutschsieg erzielt. Zum ersten Mal überhaupt stellt sie mit neun von 27 Sitzen die Mehrheitsfraktion in der Quickborner Ratsversammlung.

26 Stimmen Vorsprung vor der CDU, die erstmals nicht die stärkste Ratsfraktion ist. Damit werden ein Jahr nach dem überraschenden Wahlsieg ihres Ex-Parteivorsitzenden Thomas Beckmann bei der Bürgermeisterwahl auch die beiden höchsten politischen Ämter des Bürgervorstehers und Ersten Stadtrats von den liberalen gestellt.

Kommunalwahl 2023: Sensationserfolg für die FDP – stärkste Fraktion im Rat

Bis morgens früh um 5 Uhr hätten sie noch den Sensationserfolg gefeiert, sagte eine noch etwas müde Annabell Krämer mit brüchiger Stimme am Montagmittag. Sie habe von Anfang an den Wahlsieg geglaubt, versichert die Landtagsabgeordnete und FDP-Kreisvorsitzende.

Mit 2541 Stimmen hat die FDP fast 1000 Stimmen im Vergleich zu 2018 hinzugewonnen, während CDU, SPD und Grüne zusammen 519 Stimmen verloren. Neun der 14 Direktmandate, die 2018 noch allesamt an die CDU gingen, haben die FDP-Kandidaten gewonnen.

Haustürwahlkampf war offenbar der Schlüssel zum liberalen Erfolg

Das beste Einzelergebnis mit 249 Stimmen errang die erst 20 Jahre alte Svea-Karin Spenninger. „Sie war als Wahlkampfmanagerin schon unsere Bürgermeister-Macherin“, sagt Annabell Krämer anerkennend über die junge Ratskollegin. Für Fraktionschef Jürgen Scharley war es der anstrengende Wahlkampf von Haustür zu Haustür, der den Ausschlag gegeben habe. „Wir sind gelaufen, gelaufen und gelaufen und haben bei den Menschen an der Tür geklingelt“, erklärt er.

Dabei seien sie mit vielen Bürgern ins Gespräch gekommen und hätten viele überzeugen können, was sie mit dem etwas sperrig klingenden „Plan B“ gemeint hätten, den sie großflächig auf ihren Plakaten ankündigten. Mit dem Slogan hatte Beckmann vor einem Jahr Amtsinhaber Thomas Köppl aus dem Chefsessel im Rathaus geworfen.

FDP-Bürgermeister bezeichnet seine Parteifreunde als „geile Truppe“

„Eine Mehrheit in Quickborn hat Beckmann zum Bürgermeister gewählt“, erklärt Scharley. „Jetzt brauchen wir eine Mehrheit, um seinen Plan B auch umsetzen zu können.“ Das sei auch das Erfolgsrezept gewesen, ist Annabell Krämer überzeugt: „Die Leute ernst nehmen, ihnen zuhören und sagen ‚wir kümmern uns‘, aber nichts versprechen“, bringt sie es auf die Kurzformel. „Das zieht nicht nur in Quickborn. Das zieht auch in jeder anderen Stadt“, glaubt sie.

Zwar erreichte die Quickborner FDP das kreisweit beste Ergebnis noch vor den Ellerbeker Liberalen (29,9 Prozent). Auf Landesebene ist die kleine Stadt Marne in Dithmarschen mit 33,5 Prozent noch etwas liberaler. Beckmann selbst konnte das liberale Glück kaum fassen. „Das ist eine geile Truppe“, sagt er über das recht junge FDP-Team, das jetzt mit vier Frauen und fünf Männern in die Ratsversammlung einzieht.

Die FDP muss jetzt liefern, fordert die SPD-Fraktionschefin

Nun müsse die FDP aber auch „liefern“, fordert eine ziemlich enttäuschte SPD-Fraktionschefin Astrid Huemke, die vier ihrer neun Mandate verloren hat. Dafür kann sich die FDP jetzt ihren Koalitionspartner aussuchen.

Egal ob sie CDU, SPD oder Grüne auf ihre Seite ziehen kann – sie hätte so immer eine Mehrheit im Rat. „Wir reichen allen anderen Fraktionen die Hand“, kündigt Krämer an. Wen die FDP für die beiden Spitzenämter vorschlagen wird, sei noch offen.

Quickborn: CDU-Ortsvorsitzender kündigt seinen Rücktritt an

Katzenjammer dagegen bei der Quickborner CDU. Parteichef Eike Kuhrcke hat seinen Wahlkreis nicht gewinnen können und wird dem neuen Rat nicht angehören. Er ziehe für das historisch schlechte Abschneiden der CDU auch persönlich die Konsequenzen, sagte er am Montag dem Abendblatt.

„Ich werde als Parteivorsitzender zurücktreten. Für die krachende Niederlage muss ich die Verantwortung übernehmen.“ Offenbar sei es der CDU nicht gelungen, beim „Master-Thema“ der Verkehrsführung über die A7-Brücke in der Ulzburger Landstraße der FDP den Wind aus den Segeln zu nehmen. „Da konnten wir nicht punkten.“