Helgoland. Eher zufällig erfuhr man, dass man keine der Voraussetzungen erfüllt. Nun beginnt die Suche nach einem neuen Alleinstellungsmerkmal.

Die Nachricht holte Helgoland, das schon immer als „einzige Hochseeinsel Deutschlands“ bezeichnet wurde, abrupt aus dem Winterschlaf. Ende März wurde man dort durch Zufall auf einen Wikipedia-Eintrag aufmerksam, demzufolge die Insel weder im geografischen Sinn noch im rechtlichen Sinn (in Bezug auf das heutige Recht) im Bereich der Hohen See liege.

Vielmehr zähle die Insel mit der gesamten Deutschen Bucht zum Bereich des Festlandsockels – und damit, anders als etwa Madeira im Atlantik, nicht zum Tiefseebereich auf hoher See. Zudem überschneide sich die Zwölf-Meilen-Zone vor dem Festland oder den vorgelagerten Inseln mit derjenigen um Helgoland, sodass kein internationales Gewässer die Insel vom Festland trenne.

Nordsee: Helgoland sucht neuen Slogan

„Wir nehmen das ernst und wollen natürlich nicht mit Federn geschmückt werden, die uns gar nicht zustehen“, sagt Stephan Hauke, Tourismus-Chef von Helgoland. Eigentlich ist er aber Unternehmensberater (mit einer Firma in Auckland, die er seit zwei Jahren aus der Ferne führt – doch dazu später mehr) und legt von daher wert auf ein einwandfreies Image seiner Protegés, in diesem Fall Helgoland. Deshalb hat er jetzt einen Wettbewerb gestartet, um eine Alternative für den Begriff „Hochseeinsel“ zu finden.

„Wir haben schon Anrufe und Zuschriften bekommen, aber noch war nicht das Richtige dabei.“ Slogans wie „Helgoland – die Karibik des Nordens“ oder „Der rote Fleck im blauen Meer“ träfen aus seiner Sicht nicht den Punkt. „Es geht um ein Alleinstellungsmerkmal, das juristisch und geografisch korrekt ist.“ Wer eine Idee habe, könne sie ihm an s.hauke@helgoland.de schicken. Der Gewinner wird ein Wochenende nach Helgoland eingeladen.

Hauke war in Auckland tätig

Momentan steht unter Haukes E-Mail-Signatur „Die Insel, die atmet“. Tatsächlich könnte sich das aber, wenn man so will, auch auf seine eigentliche Heimat beziehen: Neuseeland, wo er seit 30 Jahren lebt. Dass er einmal nach Helgoland komme, damit habe er nie gerechnet, so der 64-Jährige, der in Karlsruhe geboren ist.

Schließlich hatte er sich in Auckland eine Existenz aufgebaut: Nachdem er das erste Mal nach dem Zivildienst Neuseeland bereist hatte, war er nach seinem Studium, das er mit drei Magister (Sport und Sportwissenschaften, Geografie sowie MBA-Business Administration, sowie einem Diplom in Travel & Tourism) abschloss, 1988 zurückgekehrt. „Ich erhielt die Chance, das Land für ein Tourismusunternehmen zu vermarkten“, so Hauke. 1999 gründete er eine Unternehmensberatung. „Zu unseren Kunden gehören Firmen wie Mercedes, Audi und Porsche, 60 Prozent kommen aber aus der Tourismusbranche.“

Auf Helgoland geht alles langsamer

2020 besuchte er einen Kunden am Bodensee – und traf dort zufällig Helgolands Bürgermeister Jörg Singer. „Als der hörte, was ich mache, bat er mich, den folgenden Winter über auf die Insel zu kommen und dabei zu helfen, den Helgoland Tourismus-Service neu auszurichten.“ Weil sich Neuseeland wegen Corona komplett abgeschottet hatte und das Quarantäne-Hotel für einreisende Einheimische zum damaligen Zeitpunkt vier Monate im Voraus ausgebucht war, nahm er das Angebot an.

Stephan Hauke, neuer Tourismusdirektor der Hochseeinsel Helgoland.
Stephan Hauke, neuer Tourismusdirektor der Hochseeinsel Helgoland. © picture alliance/dpa | Marcus Brandt

Und merkte wenig später, dass sich die Arbeit auf der Nordseeinsel komplett von der auf dem Inselstaat im südlichen Pazifik unterscheidet. „Ich war gewohnt, dass Pläne sofort umgesetzt werden“, sagt er. „Hier geht alles langsamer und es steht weniger Geld zur Verfügung.“ Es gebe viele Möglichkeiten, den Tourismus voranzubringen, aber Bauprojekte wie eine neue Kita oder ein neues Zentrum für die Feuerwehr gingen eben vor.

Nordsee: Sterneninsel statt Hochseeinsel?

Dennoch blieb er. Erst als Berater, Anfang des vergangenen Jahres übernahm er dann den Posten des Tourismus-Direktors von seinem gesundheitlich angeschlagenen Vorgänger. Sein altes Leben hat er komplett hinter sich gelassen. „Mein Haus in Auckland ist vermietet, Auto und Motorrad stehen abgemeldet in der Garage“, sagt Hauke. Dass er sich gut auf Helgoland eingelebt hat, ist auch der Tatsache zu verdanken, dass er eine Ferienwohnung dauerhaft anmieten konnte „obwohl es hier auf der Insel sehr schwierig ist, Wohnraum zu finden“.

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Außer den Themen Natur, Gesundheit, Wassersport und Ornithologie will er zudem Helgolands geringe Lichtverschmutzung touristisch nutzen und lässt gerade von der International Dark Sky Association eine offizielle Anerkennung als Sterneninsel prüfen. Doch selbst bei positivem Bescheid – der Titel „Sterneninsel“ taugt nicht für einen neuen Slogan, da ihn auch Pellworm und Spiekeroog tragen.