Bad Segeberg. Bronzefigur verschwand 1934 vom Ehrenfriedhof in Bad Segeberg. Jetzt waren Wissenschaftler auf dem See unterwegs, um sie zu finden.

Dass auf dem Großen Segeberger See so etwas wie eine Schatzsuche stattfindet, und dazu noch im Dezember, ist ein ungewöhnliches Ereignis. Aber so ist es passiert. Am Dienstag waren Forschungstaucher und Wissenschaftler der Universität Kiel mit einem Boot auf dem See unterwegs, um eine im Jahr 1934 verschwundene Skulptur zu suchen. Der NDR und die „Lübecker Nachrichten“ hatten zuerst darüber berichtet.

Gesucht wurde nach der „Segeberger Nike“ – das ist eine gut 1,80 Meter große Bronzefigur, die im Jahr 1927 auf dem Segeberger Ehrenfriedhof aufgestellt wurde. Die der griechischen Siegesgöttin Nike nachempfunden Figur sollte an Gefallene des 1. Weltkriegs erinnern. Am Pfingstmontag des Jahres 1934 sollen allerdings drei Jugendliche die Skulptur in einer Nacht-und-Nebel-Aktion abgesägt und im See versenkt haben, wie damals das „Segeberger Kreis- und Tageblatt“ berichtete.

Schatzsuche auf dem Segeberger See: Wo ist die Skulptur „Nike“?

Skulptur Nike Bad Segeberg
Die Skulptur „Nike“, gestiftet vom Segeberger Ehrenbürger Otto W. Jürgens, stand von 1927 bis 1934 auf dem Ehrenfriedhof in Bad Segeberg. Dann verschwand sie – Wissenschaftler suchten sie am Dienstag im Großen Segeberger See. © Kalkbergarchiv | Kalkbergarchiv

Um die Skulptur ranken sich seitdem in Bad Segeberg viele Legenden. Die Initiative zu einer Suche nach der verschollenen „Nike“ ergriff nun der Kommunalpolitiker und Hobby-Historiker Thomas Krüger, der für die Wählergemeinschaft BBS im Stadtrat sitzt. Er überzeugte den Kieler Unterwasser-Archäologen Dr. Florian Huber, gemeinsam mit seinem Team und zwei Wissenschaftlern der Christian-Albrechts-Universität Kiel nach der Skulptur zu suchen. Mit einem Boot, das mit verschiedenen Hightech-Geräten ausgestattet ist, waren sie am Dienstag auf dem See unterwegs.

„Wir haben den südlichen Bereich des Sees mit akustischen Methoden untersucht, haben aber erst einmal nichts entdeckt“, sagt Krüger. Das sei aber auch nicht zu erwarten gewesen. „Es kann sein, dass die Skulptur tief im Schlamm liegt“, so der Wissenschaftler. Die Daten sollen in den kommenden Wochen ausgewertet werden. Sollte sich dann ein Anhaltspunkt für den Lageort der Skulptur finden, könnte „im März oder April“ zu einer weiteren Erkundungsfahrt aufgebrochen werden. Einsätze wie diese sind für Krüger Routine. Er ist mit seiner Firma Submaris oft in Nord- und Ostsee und in anderen Gewässern unterwegs, unter anderem für Forschungsinstitute, Behörden oder auch für TV-Sendungen wie „Terra X“.

Wer sägte die Figur vor 90 Jahren ab – und warum?

Schatzsuche Segeberger See
„Engel vom Ehrenmal auf dem Ehrenfriedhof verschwunden“: Eher kurz berichtete im Juni 1934 das „Segeberger Kreis- und Tageblatt“. © NDR | Schleswig-Holstein-Magazin

Darüber, wer einst die Skulptur auf dem Ehrenfriedhof absägte und warum, gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. „Anscheinend sind es drei Personen gewesen, die die Figur vermutlich zum See hinabgeschleppt, in einen Fischerkahn geladen und dann auf dem See versenkt haben“, hieß es damals im „Segeberger Kreis- und Tageblatt“. Später sei der Kahn „auf der Stipsdorfer Seite“ gefunden worden.

Der Segeberger Stadthistoriker Axel Winkler sagt dazu: „Es heißt, es seien Jugendliche gewesen. Zwei hätten gesägt, einer habe Wache gestanden.“ Der Überlieferung nach sollen es Jugendliche der Hitlerjugend gewesen sein. Winkler sagt aber: „Zu der Zeit waren bereits sehr viele Jugendliche in der HJ organisiert.“ Er glaubt nicht, dass es ein politisches Motiv gegeben habe, die Skulptur abzusägen. Es werde allerdings erzählt, dass sich die Jugendlichen daran gestört haben könnten, dass der Busen der dargestellten Nike nicht bedeckt gewesen sei. Wer damals der Künstler gewesen sei, kann Winkler nicht sagen.

Er hält die Absäge-Aktion jedenfalls eher für einen „Jugendlichen-Streich“, wenngleich ihn doch der „irrsinnige Aufwand“ irritiert. „Die Skulptur dürfte 100 bis 150 Kilo gewogen haben. Und bis zum Seeufer sind es locker 300 bis 400 Meter.“

Florian Huber hofft jetzt auf Hinweise aus der Bevölkerung

Schatzsuche Segeberger See
Bei der mehrstündigen Erkundungsfahrt wurden zunächst keine konkreten Hinweise auf den Lageort der Statue gefunden. Klarheit soll jetzt eine Auswertung der Daten geben. © NDR | Schleswig-Holstein-Magazin

Sollte sich die Figur durch die Suchaktion wieder anfinden, plädiert Winkler nicht dafür, sie wieder auf dem Ehrenfriedhof aufzustellen – zumal an ihrem früheren Standort heute drei Holzkreuze stehen. „Bei einem Fund würden wohl erst einige Behörden mitsprechen. Aus stadthistorischer Sicht würde ich eine Präsentation im Museum mit einem erläuternden Text favorisieren“, so der Historiker.

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Vorab zu klären wäre die Frage, wer die genaue Lokalisierung sowie eine mögliche Hebung finanziert. Am Dienstag habe man den Erkundungstrip unentgeltlich gemacht, weitere Fahrten müssten allerdings „irgendwann finanziert werden“, wie Florian Huber sagt. Erst einmal hofft er, dass jetzt vielleicht aus der Bevölkerung weitere Hinweise eingehen. Nicht auszuschließen, dass sie dann eines Tages an einem ganz anderen Ort gefunden wird. „Es ist ja durchaus möglich, dass die Nike längst geborgen wurde, ohne dass das einer mitbekommen hat“, sagt Florian Huber.