Henstedt-Ulzburg. 200 Beschäftigte, Produktion in Norderstedt und Henstedt-Ulzburg: Warum der Zerspanungs-Mittelständler auf die Metropolregion setzt.
Sie dürften über Jahrzehnte die Köpfe ihres Unternehmens sein: Bei Kreyenberg, dem Zerspanungs-Spezialisten mit Standorten in Henstedt-Ulzburg und Norderstedt, übernimmt nach und nach eine neue Generation, die zeigt, wie im Mittelstand eine Nachfolgeregelung ablaufen kann, wenn alles optimal läuft.
Jöran Kreyenberg, der zusammen mit seinem Vater Clemens die Geschäftsführung bildet, ist 36, der ältere Bruder Jonas (37) leitet den Vertrieb, und Justus (30) den Betrieb in Henstedt-Ulzburg. All das geschieht inmitten schwieriger Bedingungen – aber genauso einer guten Perspektive in der Metropolregion rund um Hamburg.
Kreyenberg in Henstedt-Ulzburg und Norderstedt: Ein Familienunternehmen ohne Nachwuchssorgen
1952 wurde die Firma von Artur Klemens Kreyenberg (dem Urgroßvater) gegründet, damals in Harksheide, wo man seit Ende der 1990er-Jahre in der Oststraße ansässig ist. Dort reichte aber der Platz nicht mehr. Also erfolgte die Expansion in den Nachbarort mit einem Neubau an der Rudolf-Diesel-Straße. „Wir haben 2018 angefangen, hier zu bauen, sind pünktlich zur Corona-Krise fertig geworden“, so Jöran Kreyenberg. Und da das Geschäft „relativ kapitalintensiv“ sei, wurde ein Teil der Immobilie erst einmal an eine benachbarte Firma vermietet. „Mit dem Ende von Corona war die Nachfrage auf einem Schlag wieder da.“
Zerspanung bedeutet: Rohmaterial, etwa Aluminium, Titan oder auch Kunststoffe, wird mit hoher Präzision in die gewünschten Formen, in Präzisions-Dreh- und Frästeile, gebracht. „In Norderstedt machen wir zu 40, 50 Prozent Medizintechnik – Knochennägel, Knochenschrauben. Der restliche Teil ist klassischer Maschinenbau“, so der Geschäftsführer. Blechbearbeitung, Oberflächenveredelung oder die Fertigung von Prototypen gehören zur Angebotspalette. In Henstedt-Ulzburg steht das CNC-Verfahren im Mittelpunkt, das ist eine automatisierte, technisch ausgesprochen präzise Produktion.
Was bei der Zerspanung übrig bleibt, geht nach Norwegen. Dort werden die Überreste eingeschmolzen, die Anlage wird von einem Pumpspeicherkraftwerk mit Wasserstoffenergie betrieben. „Das Recycling von Aluminium braucht nur einen Bruchteil der Energie davon, neues herzustellen.“ Ansonsten befinden sich fast alle Kunden im Umkreis von 100 Kilometern, „wir sind sehr regional verflochten. Und wir können unseren Vorteil nur ausspielen, wenn die Kunden in der Nähe sind“.
Ausbildung eigener Fachkräfte: Möglichst alle Azubis übernehmen
Dafür braucht Kreyenberg viele Fachkräfte, und zwar in der Regel Feinwerkmechaniker. Kürzlich haben acht Lehrlinge neu angefangen, insgesamt sind es aktuell 22, dazu kommen fünf duale Studierende. Und das mit dem ausdrücklichen Ziel, alle zu übernehmen. „Wir bilden grundsätzlich nur für den Eigenbedarf aus. Hier am Standort in Henstedt-Ulzburg haben wir zu 60 bis 70 Prozent ehemalige Azubis.“ 58 der heutigen rund 200 Mitarbeitenden seien hier auch ausgebildet worden, „das ist für uns ein großes Kompliment“.
Bezahlt wird übertariflich, das ist für das Unternehmen selbstverständlich, unabhängig der politisch durch die Bundesregierung und die EU gesetzten bürokratischen Hürden, gerade, was die erforderten Berichte und Dokumentationen angeht. Jöran Kreyenberg: „Was in den letzten drei Jahren gemacht worden ist, um Deutschland als Wirtschaftsstandort voranzubringen, hat nur bedingt funktioniert. Zum Glück haben wir einen guten, einen innovativen Kundenstamm, der es schafft, am Weltmarkt zu bestehen.“
Konkurrenz aus China drückt Preise – Kreyenberg setzt auf regionale Partner
Justus Kreyenberg berichtet: Gerade bei einfachen Teilen, also solchen, die in Serie und in größerer Stückzahl hergestellt werden, würde man mit ausländischen Firmen, wie etwa aus China, konkurrieren, deren Preise so niedrig sind, dass man hierfür nicht einmal Material einkaufen könne. Was Kunden dafür an Kreyenberg schätzen, sind die kurzen Wege und die individuellen Absprachen.
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Für Henstedt-Ulzburg und generell die Nordgate-Achse hat die Firma eine große Bedeutung, sie sei „ein wichtiger Bestandteil unserer regionalen Wirtschaft“, so Bürgermeisterin Ulrike Schmidt. „Es ist toll, dass jungen Menschen hier eine berufliche Perspektive geboten wird.“ Und auch Wirtschaftsförderer Sebastian Döll lobt: „Insbesondere in Zeiten von Fachkräftemangel ist es wichtig, für kompetenten Nachwuchs zu sorgen.“
Kreyenberg: Zusammenarbeit mit Hochschulen genauso wichtig wie Schüler-Praktika
Das soll weiterhin der Fall sein. Kreyenberg arbeitet dafür auch mit der Technischen Hochschule in Lübeck, der FH in Kiel, der HAW oder der Helmut-Schmidt-Universität zusammen. „Die langjährigen Partnerschaften sichern den technologischen Vorsprung und zur tragen zur hohen Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens bei“, sagt Jöran Kreyenberg.
Ebenso engagiert sich der Mittelständler aber auch auf lokaler Ebene, etwa bei der Azubi-Messe oder durch Schulbesuche sowie vielen Möglichkeiten für Praktika. Sowohl Kreyenberg als auch die Gemeinde wollen das weiter ausbauen.