Norderstedt. 10 Euro für ein Päckchen Spannung: In Norderstedt finden Kunden jetzt heraus, ob sich die Investition ins Ungewisse lohnt.
- Das Versprechen von „Secret Packs“: Es könnte auch ein iPhone drin sein
- Andrang zum Auftakt im Herold-Center war groß
- Beim Aufmachen der Pakete blieben die großen Überraschungen aus
Der Trend ist nun auch in Norderstedt angekommen: Im Erdgeschoss des Herold-Centers, kurz vor der De-Gasperi-Passage, stehen zwei mysteriös aussehende Automaten mit der Aufschrift „Secret Packs“. Sie erinnern an Snackautomaten, aber anstatt Gummibärchen und Schokoriegel befinden sich hinter den Scheiben in einzelnen Fächern verschieden große Pakete. Diese wurden einst mit DHL, Amazon oder Hermes verschickt, doch konnten nie zugestellt werden oder wurden vom Empfänger ungeöffnet retourniert.
Das Prinzip von „Secret Packs“, den geheimen Paketen: Wer 10 Euro bar oder mit der Karte bezahlt, darf sich eines aussuchen – aber niemand weiß, was in dem Karton steckt. Das macht den Reiz aus. Die Adressen sind geschwärzt, die Absender bleiben anonym. Sowohl ein nigelnagelneues iPhone als auch der letzte Schrott können in dem einstigen Retouren-Paket versteckt sein.
Herold-Center Norderstedt: „Secret Packs“ lockt Besucher an
Gesagt, getan. 10 Euro investiert, ein kastenförmiges Päckchen ausgewählt, Fach geöffnet, auf ein iPhone gehofft – und eine Brotdose bekommen. Na ja. Ein wenig erinnert die Idee dahinter an Wundertüten. Auch sie werden von Kindern mit viel Euphorie aufgerissen – das Plastikspielzeug ist aber bereits nach wenigen Stunden kaputt gespielt. Ähnlich ergeht es auch dem sieben Jahre alten Shiv Vij. Neugierig packt er das Überraschungspaket aus, das seine Mutter ihm spendiert hat. Als er ein Silikon-Teil mit Noppen aus dem Karton fischt, verzieht er sein Gesicht enttäuscht. „Ich weiß nicht mal, was das ist“, sagt der Junge. Ein Kopfmassagegerät...
Die Automaten ziehen die Blicke auf sich. Viele Besucherinnen und Besucher des Herold-Centers bleiben stehen, schauen, was es mit den Geräten auf sich hat. Einige kennen sie bereits aus den sozialen Medien, wo Videos von Menschen, die ihre Pakete auspacken, schon seit einigen Monaten viral gehen. „Ich habe den Trend bei TikTok gesehen“, sagt Stephanie Kamke aus Langenhorn und investiert 10 Euro aus „reiner Neugierde“. Sie packt Glühlampen für Dunstabzugshauben aus. „Gar nicht so schlecht. Die sind normalerweise teuer“, sagt sie.
Überraschungspakete: „Das ist ein bisschen wie zocken“
Ulrich Clausen beobachtet den Spaß, bis ihn schließlich selbst die Lust packt. „Das ist ein bisschen wie zocken“, sagt er und grinst. Die Ungewissheit, was sich in den in Pappe oder Plastik verpackten Päckchen befindet, macht ihn neugierig. Clausen zieht zwei Schnuller aus dem von ihm ausgewählten Paket. Damit kann er zwar nichts anfangen, Freude hat es ihm trotzdem gebracht.
Die Leute stehen gemeinsam vor den Automaten, tauschen sich aus, warten ab, was die anderen auspacken. „Die Resonanz der Menschen ist echt gut. Ich finde es total klasse, wie sie miteinander ins Gespräch kommen. Das ist eine coole Atmosphäre dort“, sagt Center-Manager Carsten Gogol. Das Geld aus den Automaten bekommen im Übrigen die Betreiber von „Secret Packs“. Das Herold-Center hat lediglich die Fläche an sie vermietet. Mehrmals am Tag müssen die Automaten mit neuen Päckchen aufgefüllt werden, berichtet Gogol.
„Secret Packs“: In ganz Deutschland stehen Automaten
Mittlerweile gibt es in ganz Deutschland solche Automaten. An anderen Standorten sollen bereits AirPods-Kopfhörer von Apple, Nike-Turnschuhe und Handys ausgepackt worden sein. „Ich habe noch nicht davon gehört, dass jemand ein iPhone bei uns ausgepackt hat, aber das heißt ja nichts“, sagt Centermanager Gogol. Auch online können die Überraschungspakete bestellt werden.
Grundsätzlich werden retournierte Pakete von den Händlern geprüft und entweder als Neuware wiederverkauft – oder aber sie landen in riesigen Lagerhallen und warten nur darauf, verbrannt oder anderweitig vernichtet zu werden.
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Betreiber wie „Secret Packs“ retten die Ware vor dem sicheren Tod und verkaufen sie weiter. Wie nachhaltig das Prinzip aber wirklich ist, ist nicht ganz klar. Ob die Menschen den Inhalt, den sie möglicherweise gar nicht gebrauchen können, aufbewahren, verschenken oder am Ende doch wegschmeißen, ist fraglich.
Norderstedt Herold-Center: Paketautomaten sorgen für Begeisterung
Für Begeisterung sorgen die geheimen Päckchen trotzdem. „Irgendwie ist das cool“, sagt ein Mann. „Man könnte die Pakete prima für den Schrottjulklapp benutzen. Jeder kauft eines für 10 Euro und nicht einmal derjenige, der es mitbringt, weiß, was drin ist.“ Seine Frau öffnet einen Karton, in dem sich eine Handyhalterung befindet. „Das kann man ja sogar tatsächlich gebrauchen“, sagt sie.
Niklas Spiwek steht lange vor dem Automaten und überlegt, für welches Paket er sich entscheiden soll. Für ihn hat das rote Päckchen möglicherweise die Form einer DVD oder eines Computerspiels – am Ende verbergen sich aber doch Malfarben im Inneren. „Meine Tochter freut sich“, sagt er zufrieden. Seine Frau Daniela ist so neugierig geworden, dass sie auch 10 Euro investiert. In ihrem Paket stecken viele, kleine Rosenquarz-Steine.