Norderstedt. Made in Norderstedt: Firma produziert hochmoderne Hüft- und Kniegelenke für Patienten in 70 Ländern. Wo weitere Fabrik entstehen soll.

Das Unternehmen liegt etwas versteckt in der Norderstedter Oststraße hinter der Kfz-Zulassungsstelle und dem DHL-Paketzentrum. Aber die Firma Waldemar Link mit ihren 1300 Mitarbeitenden, davon 750 am Zentralstandort in Norderstedt, als einen „Hidden Champion“ zu bezeichnen, wäre wohl zu viel Understatement. Der Hersteller von hochmodernen Hüft-, Knie- und Schultergelenken ist mit einem Jahresumsatz von 220 Millionen Euro das größte Familienunternehmen seiner Branche weltweit. Mitgeschäftsführer Helmut Link, Sohn des Firmengründers, hält mit seiner Tochter Rubia alle Gesellschaftsanteile.

Die Firma Waldemar Link stellt alle möglichen künstlichen Knie-, Hüft- und Schultergelenke aus Kunststoff, Titan und Kobalt-Chrom her, die zum Teil mit einer Legierung versehen sind, die allergische Reaktionen beim Patienten vermeiden.
Die Firma Waldemar Link stellt alle möglichen künstlichen Knie-, Hüft- und Schultergelenke aus Kunststoff, Titan und Kobalt-Chrom her, die zum Teil mit einer Legierung versehen sind, die allergische Reaktionen beim Patienten vermeiden. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

„Unser Markt ist stabil. Für uns gibt es keine Konjunkturzyklen“, sagt Geschäftsführer und CEO Peter Heinz Willenborg, der seit 15 Jahren im Unternehmen ist. Durch die zunehmende Vergreisung der Gesellschaft wachse der Bedarf an Endoprothesen und medizinischen Implantaten kontinuierlich, die die Firma Link jedes Jahr zu Hunderttausenden in seinen drei Werken in Hamburg und Norderstedt produziert und in 70 Länder erfolgreich verkauft. Zwölf Niederlassungen unterhält das Unternehmen, das 80 Prozent seiner medizinischen Produkte ins Ausland verkauft.

Norderstedt: Waldemar Link wächst schneller als der Markt

„Wir wachsen schneller als der Markt“, sagt Willenborg, einer der drei Geschäftsführer des 1948 gegründeten Unternehmens. Drei- bis viermal so schnell. Link steigert dieses Jahr seinen Umsatz um 15 bis 20 Prozent, während der Markt nur um fünf Prozent anziehe, sagt er stolz. Fast jedes dritte in deutschen Kliniken eingesetzte künstliche Revisions-Kniegelenk ist von Link hergestellt. Die Nachfrage aus den USA wächst enorm und hat gerade den 20-Prozent-Absatzanteil in Deutschland überholt.

Dieses künstliche Kniegelenk ist von einem 3D-Drucker angefertigt worden, das wegen seiner Oberflächenstruktur sehr gut am Knochen des Patienten anwächst.
Dieses künstliche Kniegelenk ist von einem 3D-Drucker angefertigt worden, das wegen seiner Oberflächenstruktur sehr gut am Knochen des Patienten anwächst. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Das Unternehmen ist ein wichtiger Arbeitgeber in der Stadt. Jeweils 100 neue Leute seien in den vergangenen zwei Jahren neu eingestellt worden, erklärt Willenborg. Einen krisenfesteren Job gibt es kaum. „Wir bekommen unsere Mitarbeitenden, die wir brauchen.“ Das enorme Wachstum von Waldemar Link hat dazu geführt, dass das Unternehmen Ausschau nach möglichen Erweiterungsflächen gehalten und diese in Bad Bramstedt gefunden hat.

„Unser Zentralstandort bleibt auf jeden Fall in Norderstedt“

Dort hat Link zwei Flächen in der Gesamtgröße von 7,6 Hektar an der Straße Grünholm im Gewerbepark Auenland, am östlichen Ortsausgang von Bad Bramstedt, aufgekauft. Von Ende nächsten Jahres an könnte dort nach drei Jahren Bauzeit eine neue Fabrikhalle mit Produktion und Qualitätssicherung für bis zu 500 Mitarbeitende entstehen. Link sollte dort zum gewerblichen Anker eines völlig neuen Wohngebiets werden, das aber durch einen Bürgerentscheid zu Fall gebracht wurde.

Die Entscheidung für den Baubeginn in Bad Bramstedt sei noch nicht gefallen, erklärt Willenborg und betont: „Unser Zentralstandort bleibt aber auf jeden Fall hier in Norderstedt.“ In Bad Bramstedt sollen die Produktionskapazitäten für zukünftiges Wachstum geschaffen werden.

Produktions-Mitarbeiter Kristian Jendro mit einem Kniegelenk, das mit den hochmodernen CNC-Maschinen in Norderstedt hergestellt wurde.
Produktions-Mitarbeiter Kristian Jendro mit einem Kniegelenk, das mit den hochmodernen CNC-Maschinen in Norderstedt hergestellt wurde. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Studie besagt: Auch nach 18 Jahren funktionieren Hüftgelenke einwandfrei

Die Firma Link entwickelt und produziert Hüft-, Knie- und Schultergelenke aus Kunststoffen und Metallen, die ausschließlich aus Titan und Kobalt-Chrom sind und in einer Gießerei in Berlin angefertigt werden. Diese Metalle seien viel haltbarer und verträglicher für die Patienten als Produkte aus Edelstahl, die ein höheres Korrosionsrisiko haben. Der Firmenleitspruch lautet bei Link: „Wir entwickeln, produzieren und vermarkten nur Implantate, die wir uns auch selbst einsetzen lassen würden.“

Millionen Menschen bewegen sich mit einem künstlichen Link-Gelenk. Eine Langzeitstudie, die 102.000 Patienten aus 134 Krankenhäusern in Schweden und England untersuchte, kam zum Ergebnis, dass das Hüftgelenk made by Link auch nach 18 Jahren immer noch zu 99,1 Prozent einwandfrei funktioniert. „Wir nennen das die Überlebensrate, die der klinischen Versorgung der Patienten zugutekommt.“ Sie könnten bis ins hohe Alter wieder laufen, Sport treiben und hätten durch die Kunstgelenke keine Schmerzen mehr.

Jedes Gelenk wird in Norderstedt genaustens geprüft

Sebastian Schwarz lässt aus Titan-Pulver künstliche Gelenke bei der Firma Link in Norderstedt vom 3D-Drucker passgenau herstellen.  
Sebastian Schwarz lässt aus Titan-Pulver künstliche Gelenke bei der Firma Link in Norderstedt vom 3D-Drucker passgenau herstellen.   © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Seit ein paar Jahren fertigt Link seine Kunstgelenke auch mit 3D-Druckern. Diese Produkte seien vor allem für die vielen tausend Sonderanfertigungen gut geeignet, weil sie eine poröse Oberflächenstruktur schaffen könnten, wie es mit den herkömmlichen Maschinen nicht möglich sei, erklärt Willenborg. Und durch die raue, strukturierte Oberfläche wüchsen diese gedruckten Gelenke besonders schnell am Knochen an. Und das Material werde so noch nachhaltiger verwendet, weil dann keinerlei Rückstände übrig blieben.

Jedes einzelne Stück der etwa 20 verschiedenen Gelenksysteme, das von Link in etwa 800 verschiedenen Größen und Varianten hergestellt wird, durchläuft die Kontrolle in der Norderstedter Firmenzentrale. 130 Mitarbeitende in der Qualitätssicherung und dem Qualitätsmanagement prüfen jedes Gelenk auf seine Funktionalität und Genauigkeit auf den Tausendstelmillimeter. Anschließend werden die für gut befundenen Teile gesäubert und sterilisiert handlich verpackt, sodass der Chirurg sie bei der OP sofort für das kaputte Gelenk des Patienten einsetzen kann.

Waldemar Link arbeitet mit 800 Kliniken in Deutschland zusammen

Neben der ständigen Weiterentwicklung ihrer medizinischen Produkte, die den Patienten immer schonender eingesetzt und ihnen wieder zu einem besseren Leben verhelfen sollen, muss Link einen engen Kontakt zu den Ärzten und Kliniken unterhalten. Allein 800 Kliniken in Deutschland arbeiten mit Link zusammen. Tausende Spezialisten aus aller Welt werden jedes Jahr in Norderstedt mit den Gelenken und ihren Einsatz- und Anwendungsmöglichkeiten vertraut gemacht. Zudem nutzt das Unternehmen das Knowhow dieser Ärzte und Chirurgen, um seine Produkte fachlich auf dem neuesten Stand zu halten und Neues zu entwickeln.

Jedes Gelenk, das von Waldemar Link hergestellt wird, durchläuft die Qualitätsprüfung in Norderstedt und wird von hier aus zu den Kliniken in aller Welt versandt.
Jedes Gelenk, das von Waldemar Link hergestellt wird, durchläuft die Qualitätsprüfung in Norderstedt und wird von hier aus zu den Kliniken in aller Welt versandt. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Weltweit der weitaus größte Markt für Endoprothesen sind die USA mit einem Volumen von etwa zwölf Milliarden Euro jedes Jahr – fast 20-mal so groß wie hierzulande. Und wegen der von der EU verschärften Zulassungshürden sinke der Marktanteil in Europa, der bislang etwa die Hälfte des Geschäfts ausgemacht habe, erklärt Willenborg. „Wir investieren und verkaufen unsere Produkte immer mehr in Übersee.“ Auch Lateinamerika werde zunehmend wichtiger, während sich Link aus dem China-Geschäft, das es seit den 90er-Jahren stark betrieben hatte, weitgehend zurückgezogen habe.

„China setzte auf den günstigsten Preis. Da konnten und wollten wir nicht mithalten“, erklärt Geschäftsführer Willenborg. „Qualität ist unser Ein und Alles.“ Einbußen in der Qualität würden dem Unternehmen nachhaltig schaden, was natürlich keine langfristige Option sei. „Wir wollen und werden weiter wachsen“, sagt er in einem Tempo, das man nur erahnen kann.