Norderstedt/Bad Segeberg. Das Land muss sparen und denkt über die Schließung von Standorten nach. Warum es Norderstedt und nicht Bad Segeberg treffen könnte.

Norderstedt oder Bad Segeberg – in welcher Stadt des Kreises wird es künftig noch ein Amtsgericht geben? Das ist eine Frage, die zurzeit Politikerinnen und Politiker sowie vor allem die Mitarbeitenden der beiden Gerichte beschäftigt.

Hintergrund ist die Ankündigung von Schleswig-Holsteins Justizministerin Kerstin von der Decken (CDU), die Zahl der derzeit 22 Amtsgerichte im Land ordentlich einzudampfen. Das ehrgeizige Ziel der Ministerin: Pro Kreis soll es in Schleswig-Holstein bald nur noch ein Amtsgericht geben – bei elf Landkreisen und vier kreisfreien Städten würden demnach sieben Gerichtsstandorte wegfallen.

Porträt der Justizministerin Kerstin von der Decken im Treppenhaus des Gebäudes des Ministeriums *** Portrait of the Min
Schleswig-Holsteins Justizministerin Kerstin von der Decken (CDU). © imago/penofoto | IMAGO stock

Am Amtsgericht Norderstedt arbeiten zwölf Richter, in Bad Segeberg sind es zehn

Warum wird gerade jetzt die Standortfrage gestellt? Nun, das Land ist finanziell ausgesprochen klamm und sucht auf allen Ebenen nach Einsparmöglichkeiten. Und sparen könnte das Land bei den Gerichten, besser: bei den Gerichtsbauten einiges, denn viele Gebäude müssen saniert werden. Am Personal soll dagegen nicht gespart werden.

Also: Norderstedt oder Bad Segeberg – was spricht für beziehungsweise gegen den jeweiligen Gerichtsstandort? Norderstedt ist mit 84.000 Einwohnerinnen und Einwohnern die viertgrößte Stadt in Schleswig-Holstein. Dass eine Stadt dieser Größe kein eigenes Amtsgericht hat, ist kaum vorstellbar.

An der Rathausallee arbeiten derzeit etwa 100 Männer und Frauen, darunter zwölf Richterinnen und Richter. Im Vergleich dazu Bad Segeberg: Dort stehen insgesamt etwa 70 Mitarbeitende – unter anderem zehn Richterinnen und Richter – in Lohn und Brot.

Amtsgericht: Land investiert in Segeberg gerade einen zweistelligen Millionenbetrag

Norderstedt ist also größer, doch das Amtsgericht in Bad Segeberg ist in einem wesentlich besseren baulichen Zustand: Zurzeit werden an der Straße Am Kalkberg Gerichtssäle entkernt und auf Vordermann gebracht. Das Land hat viel Geld investiert, wie Dr. Jörg Grotkopp, Direktor des Amtsgerichtes Bad Segeberg, im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt bestätigt.

Wenn die Arbeiten in gut einem Jahr beendet sein werden, werde das Land einen zweistelligen Millionenbetrag ausgegeben haben und erhalte dafür einen Gerichtsbau in einem Top-Zustand mit modernen Gerichtssälen und einer Ausstattung auf höchstem Niveau – Justitia kann sich freuen! Es sei, so Grotkopp, für ihn kaum vorstellbar, dass in der Kreisstadt alles „durchrenoviert“ werde, nur um dann den Standort dichtzumachen.

Amtsgericht: Mitarbeitende in Norderstedt und Segeberg sind verunsichert

Und noch eines betont der 60 Jahre alte Jurist, der seit zehn Jahren Chef des Segeberger Amtsgerichtes ist: Es sei undenkbar, dass bei einer möglichen Auflösung des Norderstedter Amtsgerichts alle Verfahren in Segeberg stattfinden werden – das gelte im Übrigen sicherlich auch im umgekehrten Falle.

Dass sich in Bad Segeberg unter seinen Mitarbeitenden, die zum allergrößten Teil in der näheren Umgebung leben, trotz allem eine gewisse „Verunsicherung“ gebe, bestätigt Grotkopp.

Amtsgerichte: Sanierung in Norderstedt hat gerade erst begonnen

Verunsicherung unter Richterinnen, Richtern und Justizangestellten herrscht derweil auch am Amtsgericht in Norderstedt. „Das hat bei uns für eine große Welle der Empörung gesorgt“, zitiert die „Segeberger Zeitung“ einen namentlich nicht genannten Verwaltungsmitarbeiter der Norderstedter Behörde.

Denn obwohl das Norderstedter Amtsgericht größer ist, hat der Standort im Süden des Kreises einen großen Nachteil: Die dringend notwendigen Sanierungsarbeiten an der Rathausallee haben gerade erst begonnen – in Bad Segeberg sind sie dagegen nach Grotkopps Angaben bereits zu 80 Prozent abgeschlossen.

Wie es weitergeht, bleibt abzuwarten – und ein wenig Zeit ist auch noch. Umgesetzt werden soll der Sparbeschluss erst in der nächsten Legislaturperiode, also etwa 2030.