Norderstedt. Regionalligist schrammt als haushoher Favorit um Haaresbreite an einer Riesenblamage vorbei – das Protokoll eines Fußball-Thrillers.

Die Runde der letzten 32 Mannschaften im Hamburger Lotto-Pokal ist für die Fußballer von Eintracht Norderstedt, den Cupgewinner der Jahre 2016, 2017 und 2020 sowie einzigen noch verbliebenen Regionalliga-Club im Wettbewerb, von der Papierform her ein Selbstgänger. Der Tabellenvorletzte der Fußball-Regionalliga Nord muss beim Tabellenvorletzten der Oberliga Hamburg, den FC Süderelbe, ran, geht als haushoher Favorit ins Match auf dem Kunstrasen am Kiesbarg. Doch dann hat der Pokal wie schon so oft seine eigenen Gesetze, die Partie wird aus Norderstedter Sicht zum verrücktesten Spiel des Jahres...

Gleich nach dem Anpfiff macht die Eintracht deutlich, dass sie nach zuletzt äußerst wechselhaften Punktspielauftritten mit aller Macht ins Achtelfinale will. Schnell hat das Team von Trainer Jean-Pierre Richter an dessen früherer Wirkungsstätte vier Eckbälle auf dem Konto, in der 10. Minute sorgt Manuel Brendel nach Vorlage von Motitz Niemann für das frühe 1:0.

Eintracht Norderstedt: Regionalligist verpasst gegen FC Süderelbe frühe Entscheidung

Danach wird Nick Selutin zweimal zum Chancentod, Manuel Brendel verpasst ebenfalls das 2:0 (27.). In der 33. Minute macht er es besser, für die Norderstedter läuft alles nach Plan. Der Regionalligist vergisst jedoch, den Sack frühzeitig zuzumachen. Selutin und Innenverteidiger Moritz Frahm lassen noch vor der Pause das wohl entscheidende 3:0 liegen.

Genau wie Manuel Brendel, der nach einer Stunde nur die Latte trifft. Bis zu diesem Zeitpunkt deutet nichts darauf hin, dass die Eintracht ernsthaft in Gefahr raten könnte. Doch dann, wie aus dem Nichts, kippt die Partie: Marcel Andrijanic mit einem abgefälschten Schuss zum 1:2 (67.), Niklas Kiene per Kopf zum Ausgleich (73.) und Theodoros Ganitis, der eine Freistoßflanke von Andrijanic unbedrängt einköpft (82.), bringen die Hausherren in Front – die Sensation liegt in der Luft.

Der eingewechselte Philipp Koch (Eintracht Norderstedt) verwandelte im dramatischen Lotto-Pokal-Match gegen FC Süderelbe zwei Elfmeter.
Der eingewechselte Philipp Koch (Eintracht Norderstedt) verwandelte im dramatischen Lotto-Pokal-Match gegen FC Süderelbe zwei Elfmeter. © noveski.com | noveski.com

Routinier kommt von der Bank – und wird zum Matchwinner

Die Norderstedter laufen nun verzweifelt dem Rückstand hinterher, drängen auf den Ausgleich. Und ausgerechnet ein Akteur, der in dieser Saison kaum Spielanteile hatte, verhindert das Pokal-Aus. Philipp Koch, in der 68. Minute für Falk Gross eingewechselt, trifft per Freistoß, hat dabei Glück, dass Süderelbes Keeper Anton von Westerholt unter „Flutschfingern“ leidet.

Und weiter geht die Achterbahnfahrt zwischen Himmel und Hölle: Im Elfmeterschießen, das die Entscheidung bringen muss, scheitern zunächst der Norderstedter Yannik Nuxoll, Marcel Andrijanic, Manuel Brendel und Adrian Apau (FCS). Moritz Frahm bringt die Gäste mit 4:3 in Führung. Und nachdem auch der Süderelber Christivi Masombo Eintracht-Keeper Dave Ceesay nicht überwinden kann, bleibt Philipp Koch cool und erhöht auf 5:3. Danach muss Deniz Bektas unbedingt treffen, um den Underdog am Leben zu halten – doch auch er vergibt.

Mehr aus der Region

Eintracht Norderstedts Spieler fallen sich glücklich in die Arme; sie wissen genau, dass sie alles andere als ein Glanzstück abgeliefert haben, sind mega-erleichtert. Genau wie der Sportliche Leiter Denny Schiemann. Sein Kommentar zum Pokal-Drama: „Wir haben uns mit ganz viel Massel durchgewurschtelt. Aber danach fragt in ein paar Tagen niemand mehr. Hauptsache, wir sind weiter.“

Und weiter geht‘s schon in der letzten Oktoberwoche. Im Achtelfinale des Hamburger Lotto-Pokal trifft die Eintracht auswärts auf den Tabellenachten der Landesliga Hammonia, den SC Nienstedten. Von der Papierform her ein Selbstgänger...