Henstedt-Ulzburg. Investitionsstau, zu wenig Personal, geringe Steuereinnahmen: Was der Kreis Segeberg alles an Henstedt-Ulzburg kritisiert.

Was ist los im Henstedt-Ulzburger Rathaus? Die Umstellung der Haushaltsführung auf die doppelte Buchführung (Doppik) wurde verschlafen, es wird zu wenig investiert, viele Stellen in der Verwaltung sind nicht besetzt, die Bürger zahlen im Landesvergleich zu wenig Grundsteuern. Die Kommunalaufsicht des Kreises Segeberg bemängelt viel und übt Kritik an der Verwaltung. Darüber wird in den politischen Kreisen zurzeit diskutiert.

Die Gemeinde gönnt sich einen exklusiven Treffpunkt für die Bürger: Im CCU (City Center Ulzburg) soll ein „dritter Ort“ entstehen – ein modernes Zentrum für Lesen, Lernen, Kulturveranstaltungen, um das soziale Miteinander in der Großgemeinde zu verbessern.  1,774 Millionen Euro werden bereitgestellt. Auf der anderen Seite: Der Zuschuss für das Gemeindefest wurde gestrichen, der Zuschuss für das Neujahrskonzert steht auf dem Prüfstand, bei der Seniorenweihnachtsfeier wird gespart. Auf Marzipan müssen die Besucher in diesem Jahr wohl verzichten.

Henstedt-Ulzburg: Kein Marzipan für Senioren, keinen Zuschuss für das Gemeindefest

Wie passt das alles zusammen? „Sparen, sparen, sparen ist unsere Devise“, sagt eine Gemeindepolitikerin, die es wissen muss: Christiane Schwarz ist Vorsitzende des Finanzausschusses der Gemeindevertretung und somit immer dabei, wenn der Rotstift gespitzt wird. „Alles, was wir haben, muss für den nächsten Haushalt auf den Prüfstand.“ Sie weiß, dass es sich um eine Gratwanderung handelt, aber immer würden dabei die Einwohner im Blick behalten: „Wir wollen unseren Bewohnern einen lebenswerten Ort bieten.“

Jetzt allerdings meldet sich die Kommunalaufsicht des Kreises Segeberg, die den Politikern und der Verwaltung vorhält, was alles schief gelaufen ist. Das Schreiben liegt unserer Redaktion vor. Die Vorwürfe wiegen schwer. In einer Stellungnahme zum Gemeindehaushalt 2024 werden Versäumnisse aufgezählt – einer der schwerwiegendsten: Henstedt-Ulzburg investiert zu wenig in die kommunale Infrastruktur.

Kritik an Henstedt-Ulzburg: Die Gemeinde spart sich kaputt

Tolerierbar gilt eine „Investitionsumsetzungsquote“ von mindestens 60 Prozent der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel. 2021 hat die Gemeinde es geschafft: 69,94 Prozent. Aber 2022 lagt die Quote bei 13,05 Prozent, 2020 bei 30,36. Betrachtet wurde dabei nur der Zeitraum von 2020 bis 2022..

„Das sollte nicht vorkommen“, sagt Christiane Schwarz. Aber sie verweist auf besondere Situationen: Es sei schwierig, Handwerker zu bekommen, Firmen hätten keine Zeit, vieles sei nicht vorausplanbar. Die Kommunalaufsicht kennt diese Argumentationen und lässt sie nicht gelten: Sie erwartet eine höhere Investitionsquote auch dann, wenn Personal ausfällt, Vergabeverfahren ergebnislos bleiben, sich die Genehmigungen verzögern und das Wetter schlecht ist.

Zu wenig Personal, weil es zu wenig qualifizierte Bewerber gibt

Aufgefallen ist der Aufsichtsbehörde des Kreises Segeberg, dass viele Stellen im Rathaus nicht besetzt sind. Die Gemeinde müsse organisatorisch und personell in der Lage sein, ihre Aufgaben „dauerhaft im rechtlich erforderlichen Umfang und in der rechtlich erforderlichen Qualität“ zu erfüllen. Das scheint in Henstedt-UKlzburg eher nicht der Fall zu sein. Laut Landesvorgabe sollten 25 Prozent des Haushaltes für Personalkosten aufgewendet werden, Henstedt-Ulzburg erreicht in diesem Jahr aber nur 16,08 Prozent.

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Dazu die Erklärung der Finanzausschussvorsitzenden: Es sei schwer Stellen zu besetzen, weil es jeweils nur wenige Bewerber gebe. „Es ist schwierig qualifiziertes Personal zu finden“, sagt Christiane Schwarz. „Wir müssen leistungsfähig sein, benötigen aber keine aufgeblähten Personalkosten im Verwaltungshaushalt.“

Neue Haushaltsführung: Die Gemeinde ist Tabellenletzter in Schleswig-Holstein

Ein weiterer Kritikpunkt dürfte die Bürger eher ärgern: Nach Ansicht der Kommunalaufsicht erhebt Henstedt-Ulzburg zu wenig Grundsteuern. Festgestellt wird eine „stark unterdurchschnittliche Festsetzung der Hebesätze“ im Vergleich zu anderen Orten mit über 20.000 Einwohnern in Schleswig-Holstein.

Der Entwurf für den Haushalt 2025 wird am 25. Oktober von der Gemeindevertretung diskutiert. Es ist ein besonderer Haushalt: Erstmals wurde er nach der doppelten Haushaltsführung (Doppik) erstellt. Für andere Orte nichts Besonderes mehr, für Henstedt-Ulzburg schon: In diesem Bereich ist die Gemeinde Tabellenletzter in Schleswig-Holstein. Alle anderen Orte haben ihre Haushaltsführung schon vor Jahren umgestellt. Als Grund für die Verschleppung wird der Personalnotstand genannt. Unter anderem war die Leitung des Fachbereichs zwei (Finanzen) lange unbesetzt.