Norderstedt. 40-Jähriger löste Sonntag an Ohechaussee Großeinsatz aus. Auf seinem Balkon machte er Zielübungen. Polizei durchsuchte seine Wohnung.

  • 40-Jähriger soll mit Gewehr und Helm auf seinem Balkon gestanden haben.
  • SEK war im Einsatz, nahm den Mann am Sonntagabend um 19 Uhr fest.
  • Bei einer Hausdurchsuchung fand die Polizei „Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“

Es war alles andere als ein ruhiger Sonntagabend, im Bereich von Ohechaussee und Schmuggelstieg. An der Grenze zwischen Norderstedt und Hamburg gab es einen Großeinsatz der Polizei, mit Beamten aus Hamburg und Schleswig-Holstein. Das Gelände war weiträumig abgesperrt, Beamte mit Maschinenpistolen hinderten Passanten am Weitergehen, Autos standen in langen Staus. Das SEK war im Einsatz. Der Grund: Ein Mann wurde am Nachmittag mit einem Gewehr aus seinem Balkon gesehen, er soll einen Helm getragen und auf Menschen gezielt haben. Die Polizei nahm den 40-jährigen Norderstedter fest.

Zu der „Bedrohungssituation“ kam es nach Angaben der Polizeidirektion Bad Segeberg gegen 15.45 Uhr. „Ein Zeuge hat beobachtet, wie der Mann mit Helm und Langwaffe auf seinem Balkon stand“, sagt Michael Bergmann von der Pressestelle. Dort habe er „Zielübungen“ gemacht. In einer ersten Mitteilung der Polizei am Sonntagabend hieß es, der Mann habe auf Menschen gezielt. Am Montag sagte Bergmann aber: „Der Mann hat seine Waffe in Richtung einer Einkaufspassage gehalten.“ Ob er dabei auch auf Menschen zielte, könne nicht gesagt werden.

Norderstedt: Um 19.01 wurde Tatverdächtiger in einem Garagenhof festgenommen

Polizei Schmuggelstieg
Die Polizei sperrte die Gegend am Sonntag weiträumig ab, es kam zu Staus. © Heike Linde-Lembke | Heike Linde-Lembke

Der Zeuge machte ein Foto von dem Mann auf dem Balkon und rief die Polizei. Die rückte an, sperrte das Gebiet um die Wohnung des Tatverdächtigen ab und wartete auf das Eintreffen des SEK. Zwischenzeitlich verließ der Tatverdächtige das Haus und bastelte offenbar an einem Pkw.

Nach Abgleich mit dem Foto des Zeugen handelte es sich eindeutig um den abgebildeten Mann. Das Gewehr hatte der Mann nicht bei sich. Aus diesem Grund entschieden sich die Kräfte vor Ort zur Festnahme, die um 19.01 Uhr auf dem zum Haus gehörenden Garagenhof erfolgte. Hierbei leistete der Mann keinen Widerstand.

Polizeisprecher: „Wir haben zum Beispiel Hakenkreuze gefunden“

Das Restaurant Cup & Cino
In dem Gebäude mit den Balkonen soll sich die Wohnung des Mannes befunden haben. © FMG | Annabell Behrmann

Das SEK betrat und durchsuchte im Anschluss die Wohnung des Mannes und fand dabei zahlreiche Kurz- und Langwaffen. Diese wurden untersucht. Am Montag war dann klar: „Es waren keine scharfen Waffen dabei, der Mann hatte auch auf dem Balkon keine scharfe Waffe“, so Michael Bergmann. In der Wohnung hätten sich „Softair- oder Schreckschusswaffen“ befunden, sowie auch „Spielzeugwaffen“.

Schon am Sonntagabend ging Bergmann davon aus, dass es keinen terroristischen Hintergrund gebe, dass man es eher mit einem „Waffennarren“ zu tun habe. Dieser Verdacht dürfte sich bestätigt haben. Allerdings fand die Polizei in der Wohnung des Mannes auch „Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“, für die er sich nun verantworten muss. Konkret sagte Bergmann, man habe „zum Beispiel Hakenkreuze“ gefunden. Der Mann sei bei der Polizei bisher nicht aktenkundig.

Restaurants machten Umsatzverluste wegen Polizeieinsatz

Polizei Schmuggelstieg
Noch am späteren Abend parkten Polizeiautos in der Ohechaussee. © Heike Linde-Lembke | Heike Linde-Lembke

Insgesamt wurden im Einsatzverlauf 25 Einsatzkräfte aus Schleswig-Holstein und Hamburg sowie das SEK Schleswig-Holstein eingesetzt. Eine Anwohnerin des Schmuggelstiegs berichtet, dass sie einen Scharfschützen auf einem Dach gesehen habe. „Wir sind gegen 18.30 Uhr nach Hause gekommen und haben zahlreiche bewaffnete Polizisten gesehen“, berichtet sie. „Danach haben wir die Wohnung nicht mehr verlassen.“

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Das Café-Restaurant „Cup & Cino“ an der Ohechaussee wurde gegen kurz nach 18 Uhr von der Polizei geräumt. Alle Gäste und Mitarbeitenden mussten das Restaurant verlassen. „Wir haben auf der gegenüberliegenden Straßenseite gewartet“, sagt Inhaber Cem Duman, der gesehen hat, wie der 40 Jahre alte Norderstedter vom SEK abgeführt wurde.

Nach eineinhalb Stunden durfte sein Team zurück in das Restaurant. Dann seien lediglich noch zwei Tische mit Gästen besetzt gewesen. „Unser ganzes Abendgeschäft war hin. Der Einsatz ist zu unserer umsatzstärksten Zeit passiert“, sagt Duman. Natürlich könne er verstehen, dass das Restaurant aus Sicherheitsgründen geräumt werden musste. Aber aus wirtschaftlicher Sicht sei es „ärgerlich“ gewesen. Der Inhaber klärt nun mit seiner Versicherung, ob ihm der Verdienstausfall erstattet werden kann.

Auch Helge Oettel, Inhaber der „Croquerie“ an der Ohechaussee, sah, wie die Polizei den 40-Jährigen abführte. Und auch für Oettels Betrieb bedeutet dieser Einsatz große Umsatzeinbußen: „Alles war abgesperrt, wir mussten deshalb abends alle Bestellungen canceln“, sagt Oettel. „Gerade sonntags ist der beste Tag. Da ist uns viel Geld durch die Lappen gegangen.“ 

Norderstedt: Tatverdächtiger wurde erst einmal wieder freigelassen

Der festgenommene Tatverdächtige wurde nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft entlassen. Er muss sich nun in einem Strafverfahren wegen Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und diverser waffenrechtlicher Verstöße verantworten.

Ein Anwohner konnte am Montag die ganze Aufregung und den Polizeieinsatz gar nicht so richtig verstehen. Der 40-Jährige habe doch nur eine Pistole gehabt, wie es sie „auf dem Dom“ gebe. Damit habe er nur „auf Steine schießen“ wollen. Außerdem sei der Mann im Umgang immer „sehr umgänglich und respektvoll.“