Nahe. Expertin Linda Proch erklärt Schritt für Schritt, wie man Lebensmittel haltbarer macht und warum fermentiertes Gemüse so gesund ist.

In Linda Prochs Küche stehen mehrere Glasgefäße, in denen sich fermentiertes Gemüse befindet. Zum Beispiel ein Krautgemisch aus Roter Beete und Kürbis. In dem Behälter daneben schwimmen Tomaten, Chili und Knoblauch in einer Salzlake. Auf der Arbeitsfläche in der Mitte des Raumes liegen Zutaten bereit, aus denen sie ein Kimchi herstellen wird. „Kimchi ist das koreanische Äquivalent zum deutschen Sauerkraut“, erklärt Proch. Die 39-Jährige aus Nahe zeigt dem Abendblatt Schritt für Schritt, wie Fermentieren funktioniert.

Aber zuallererst mehr zum Hintergrund: Fermentieren ist schon seit Tausenden von Jahren bekannt und eine uralte Methode, um Lebensmittel länger haltbar zu machen. „Ich habe es vor etwa 20 Jahren von meiner Mutter gelernt“, sagt Linda Proch. Doch inzwischen ist die Küchentradition wieder voll im Trend. Warum? „Ich glaube, dass viele Menschen sich mehr mit sich und ihrer Gesundheit beschäftigen“, vermutet die ausgebildete Wildkräuterexpertin. Denn: Fermentiertes Gemüse ist für den Darm sehr gesund.

Fermentieren: Warum die uralte Tradition wieder voll im Trend ist

Das Wort „Fermentieren“ stammt aus dem Lateinischen und kann mit „Gärung“ übersetzt werden. Milchsäurebakterien kommen auf natürliche Weise in unserer Nahrung vor, zum Beispiel sitzen sie auf der Schale von Wurzeln. Beim Fermentieren vermehren sie sich. „Im Glas verstoffwechseln dann die Bakterien die Kohlenhydrate, die im Gemüse vorkommen. Dadurch ist es anschließend leichter verdaulich“, erklärt Linda Proch. Außerdem ist die Nahrung nach dem Fermentierungsprozess vitaminreicher.

Früher sei sie oft belächelt worden, wenn in ihrer Küche mal wieder zahlreiche Gläser mit eingelegtem Gemüse standen, erzählt sie. „Das sah für andere komisch aus.“ Doch jetzt gibt sie in Nahe und der Region sogar Kurse, weil andere Menschen von ihr das Fermentieren lernen wollen. „Die Kurse sind sehr nachgefragt und schnell ausgebucht“, sagt Proch, die lange als Filmemacherin gearbeitet hat. Auch Sterne-Restaurants beschäftigen sich mit der Technik, um ihren Gästen immer wieder neue Geschmackserlebnisse zu bieten. „Für mich ist das Küchenmagie. Mir macht es Spaß, das alte Wissen weiterzugeben, damit es nicht verloren geht.“

Kimchi-Rezept: So funktioniert Fermentieren Schritt für Schritt

Für das Kimchi-Rezept nutzt sie als Zutaten drei Wurzeln, drei kleine Chinakohlköpfe, ein Bund Lauchzwiebeln, zwei Daumen breit große Ingwerstücke, eine Chilischote, fünf Knoblauchzehen und Fischsoße. Das Gefäß, das sie verwendet, fasst einen Liter.

Linda Proch aus Nahe erklärt Schritt für Schritt, wie man richtig Gemüse fermentiert und was dabei wichtig ist.
Wurzeln, Chinakohl, Lauchzwiebeln, Ingwer, Knoblauch und Chili gehören als Zutaten in ein Kimchi. © Annabell Behrmann | Annabell Behrmann

Schritt eins: Zunächst muss das Glas sterilisiert werden. Entweder kann es mit heißem Wasser abgekocht oder mit Alkohol ausgeschwenkt werden. „Wir wollen keine Kontamination mit schlechten Bakterien haben. Wir arbeiten sehr steril und sollten uns vorher auch gründlich die Hände waschen“, sagt Linda Proch.

Schritt zwei: Dann werden die Zutaten geschnitten. Proch schält die Wurzeln nicht, um die guten Bakterien, die auf der Schale sitzen, nicht zu verlieren. Mit einer Reibe raspelt sie die Möhren. „Generell gilt: Alles, was roh genießbar ist, kann auch fermentiert werden“, sagt sie Expertin. Deswegen eignen sich Kartoffeln, Bohnen oder Auberginen nicht zum Fermentieren, denn diese isst man auch nicht roh.

Linda Proch aus Nahe erklärt Schritt für Schritt, wie man richtig Gemüse fermentiert und was dabei wichtig ist.
Das Gemüse wird kleingeschnitten. © Annabell Behrmann | Annabell Behrmann

Schritt drei: Das geschnittene Gemüse wird in eine Schale gepackt und gewogen. Zwei bis drei Prozent Salz sollten auf die Gemüsemenge kommen. Proch empfiehlt Anfängern, mit einem Salzgehalt von drei Prozent zu arbeiten. „Je mehr Salz, desto weniger können sich schlechte Bakterien ausbreiten. Dafür schmeckt es allerdings auch salziger“, erklärt die Mutter einer zweijährigen Tochter. In diesem Fall zeigt die Waage 1120 Gramm an. Den Wert rechnet Proch mal 0,02, um eine Salzmenge von 2 Prozent zu erhalten. Das Ergebnis: 22,4 Gramm Salz streut sie über das Gemüse.

Linda Proch aus Nahe erklärt Schritt für Schritt, wie man richtig Gemüse fermentiert und was dabei wichtig ist.
Das Gemüse wird gewogen, um die Salzmenge zu ermitteln, die hinzugeführt werden muss. © Annabell Behrmann | Annabell Behrmann
Linda Proch aus Nahe erklärt Schritt für Schritt, wie man richtig Gemüse fermentiert und was dabei wichtig ist.
Linda Proch streut eine abgemessene Salzmenge über das Gemüse. © Annabell Behrmann | Annabell Behrmann

Schritt vier: Mit sauberen Händen knetet Linda Proch das Gemüse. Flüssigkeit tritt aus. „Es gibt zwei Arten, wie man Gemüse fermentieren kann: entweder mit dem eigenen Gemüsesaft oder man fügt eine Salzlake hinzu“, erklärt sie. Für das Kimchi wird nur der eigene Saft genutzt. Etwa fünf Minuten lang knetet Proch die Zutaten.

Linda Proch aus Nahe erklärt Schritt für Schritt, wie man richtig Gemüse fermentiert und was dabei wichtig ist.
Etwa fünf Minuten knetet Proch das Gemüse. Es tritt Flüssigkeit aus. © Annabell Behrmann | Annabell Behrmann

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Schritt fünf: Zu guter Letzt füllt die Fermentier-Expertin das geknetete Gemüse samt Flüssigkeit nach und nach in das Glasgefäß. Wer mag, kann noch ein wenig Fischsauce untermischen. „Es ist wichtig, dass es keine Lufteinschlüsse gibt“, betont Proch. Denn Sauerstoff kann dazu führen, dass sich Schimmel bildet. Das Glas sollte zudem nicht bis ganz unter den Deckel befüllt werden, sonst könnte es übersprudeln. Der Grund: Beim Fermentieren bildet sich Milchsäure. Kleine Bläschen lassen sich im Gefäß beobachten, wenn die Bakterien arbeiten. Proch legt noch ein Blatt Chinakohl als eine Art Verschluss nach ganz oben, damit die anderen Gemüsestücke während des Fermentierens nicht nach oben steigen. Dann schließt sie das Glas.

Linda Proch aus Nahe erklärt Schritt für Schritt, wie man richtig Gemüse fermentiert und was dabei wichtig ist.
Proch drückt das Gemüse mit der Faust im Glas fest, damit sich keine Lufteinschlüsse bilden. © Annabell Behrmann | Annabell Behrmann
Linda Proch aus Nahe erklärt Schritt für Schritt, wie man richtig Gemüse fermentiert und was dabei wichtig ist.
Am Ende wird das Glasgefäß geschlossen. Etwa zwei Wochen lang bleibt es dicht. © Annabell Behrmann | Annabell Behrmann

Drei bis fünf Tage lässt sie das Gefäß bei Zimmertemperatur in der Küche stehen. In dem Glas fängt es dann an zu blubbern. Anschließend stellt sie es für etwa neun Tage auf den Balkon an die kühlere Luft oder in den Kühlschrank. „Je nach Geschmack und Vorliebe lässt man das Glas länger geschlossen“, sagt Proch. Es gilt: Je länger das Gemüse fermentiert wird, desto saurer schmeckt es. Nach rund zwei Wochen öffnet die Expertin ihr Glas und verzehrt das Kimchi. Das Kraut kann prima auf Burgern, Hotdogs oder als Beilage gegessen werden. Gekühlt ist es mindestens drei Monate haltbar.

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    Zunächst empfiehlt Proch, nur eine kleine Menge von fermentierten Gerichten zu verzehren. „Man sollte sich langsam herantasten. Das ist eine ganz schöne Ladung Bakterien“, sagt sie. Proch würde mit einem Löffel anfangen und am Tag nicht mehr als eine Portion so groß wie die Handinnenfläche essen. Der Darm müsse sich erst an das Essen gewöhnen – dann sei es aber sehr gesund.