Bad Bramstedt. Der frisch gewählte Felix Carl spricht im Abendblatt über seine Ideen und Vorstellungen als baldiger Verwaltungschef in der Kurstadt.
Die Freude über den Wahlsieg ist ihm noch ins Gesicht geschrieben. Mit deutlicher Mehrheit (59 Prozent) ist Felix Carl (44) zum neuen Bürgermeister von Bad Bramstedt gewählt worden. In allen zwölf Wahlbezirken lag der Vater von drei kleinen Kindern vorn – von 51,4 Prozent an der Jürgen-Fuhlendorf-Schule bis 73,5 Prozent im Wahllokal der Kita Löwenherz. Am Ende übertrumpfte er seinen Kontrahenten Nils Böttger (48) aus der Stadtverwaltung um 877 Stimmen.
„Ich bin noch gar nicht dazu gekommen, mich bei allen Gratulanten zu bedanken“, sagt Carl ein paar Tage nach dem Wahlsonntag fast entschuldigend. „Es waren so viele.“ Eine Wählerin habe ihm gesagt, dass sie sich von ihm ernst- und mitgenommen fühlte und ihm das Bürgermeisteramt zutraue, sagt er. Ein Lob, das ihm besonders gefiel. Nur zwei Tage Urlaub habe er sich gönnen können. Bis zu seinem Amtsantritt am 1. Februar nächsten Jahres muss er ja noch weiter für seinen derzeitigen Arbeitgeber, die Lebenshilfe, arbeiten, deren Geschäftsführer er ist.
Bad Bramstedt: Was der neue Bürgermeister Felix Carl bald ändern will
Nicht mal in den acht Monaten seines Wahlkampfes, seit die CDU den parteilosen Carl im Januar zu ihrem Bürgermeisterkandidaten kürte, habe er sich frei genommen. „Das war eine ganz schöne Ochsentour“, gibt er zu. Fast jeden Abend und am Wochenende unterwegs zu sein zu zahlreichen Terminen und Hunderten von Haustürbesuchen. Zum Glück hätten sein Arbeitgeber und seine Frau Franziska da gut mitgespielt, die sich zusammen mit Onkel, Tanten und den Großeltern um die zwei bis vier Jahre alten Kinder, Haus und Familie kümmerten. Und die auch Verständnis dafür hatte, dass er mehr als 5000 Euro ihres gemeinsamen Haushaltsgeldes in seinen Wahlkampf investierte.
„Ich würde gerne drei oder vier Wahlperioden diese Aufgabe übernehmen“
Er sei angetreten, um zu bleiben – länger als eine Wahlperiode von sechs Jahren, erklärt Carl. „Ich würde gerne drei oder vier Wahlperioden diese Aufgabe übernehmen, sofern mich die Bürgerinnen und Bürger so lange als Bürgermeister wollen“, sagt der schlanke, fast zwei Meter große Mann. Von 2016 bis 2018 gehörte Carl noch dem Kreisvorstand der Grünen in Nordfriesland an. Husum ist seine Heimatstadt. Da hat er auch im Sozialamt der Kreisverwaltung gearbeitet. „Dass mich die Bramstedter CDU im Oktober ansprach, ob ich ihr Bürgermeisterkandidat werden wollte, war für mich ein Kompliment und eine Ehre.“
Der neue Mann an der Spitze im Rathaus möchte ein „neues Wir-Gefühl nach innen und außen“ in der Stadt entfachen, „wo meine Frau und ich gerne unsere Kinder groß ziehen und alt werden möchten.“ Dieses erklärte Miteinander möchte er in der Verwaltung, in der Politik und natürlich auch mit den Bürgern zusammen erreichen.
Carl will „in die Quartiere gehen“, verspricht er
Er werde regelmäßige Bürgersprechstunden abhalten und dabei auch in die Quartiere gehen, verspricht er. Das sei ein großer Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger bei seinen Hausbesuchen gewesen: Er möge sich doch auch mal zeigen und Zeit zum Gespräch nehmen, wenn er denn im gewählten Amt sei. Ein Wunsch, den er jetzt allen Bramstedtern unbedingt so gut es geht erfüllen möchte.
Seine künftige Hauptaufgabe werde sein, die Verwaltung zu leiten. „Ich pflege einen sehr kooperativen Führungsstil“, erklärt Carl. Die Mitarbeitenden sollen nicht nur ihre Aufgaben „abarbeiten – ich möchte, dass sie gerne zur Arbeit kommen und sich von mir verstanden und hier wohl fühlen.“ Somit werde wohl seine erste Amtshandlung sein, sich bei allen Kollegen erst einmal vorzustellen, sie mitzunehmen, heraus zu horchen, was sie bewegt, welche Ideen sie haben, wo sie sich einbringen wollen.
„Ich möchte eine angenehme Arbeits-Atmosphäre schaffen, eine Kultur des Miteinanders und gegenseitigen Respekts, der sie mit ihren Aufgaben für die Stadt identifizieren lässt.“ So könnten viel Kreativität freigesetzt und ein gutes Verantwortungsbewusstsein entstehen.
Seinen unterlegenen Kontrahenten Nils Böttger will er im Rathaus-Team behalten
Seinen unterlegenen Mitbewerber um das Bürgermeisteramt, Nils Böttger, schließt er darin ausdrücklich ein. Der habe einen „fairen Wahlkampf“ geführt, bescheinigte er ihm schon am Wahlabend. „Als Bürgermeister möchte ich gerne auf sein jahrzehntelanges Fachwissen vertrauen.“
Und natürlich wolle und müsse er für ein neues, konstruktives Miteinander zwischen Verwaltung und Politik sorgen, weiß Carl nur zu gut. Die jahrelangen Querelen mit der noch amtierenden Bürgermeisterin Verena Jeske hätten viele Projekte verzögert und die Stimmung verschlechtert. Nach einem Kassensturz in enger Abstimmung mit der Kämmerei möchte er der Politik erste Vorschläge unterbreiten, was dringend angepackt werden sollte.
Der neue Bürgermeister will behutsam neues Gewerbe ansiedeln und dabei eng mit der Wirtschaftsförderung und dem Städtebündnis Nordgate zusammenarbeiten, das von Norderstedt über Kaltenkirchen bis Neumünster reicht. Gemeinsam mit den Gewerbetreibenden und dem Bürgerverein wolle er neue Konzepte erarbeiten, wie dem Leerstand von Geschäften begegnet werden könnte. Dazu möchte er sie auch zu regelmäßigen Gesprächsrunden einladen.
Auch die Stadt selbst müsste hier aktiv und vorausschauend sein, fordert Carl. So könnte sie leerstehende Gebäude aufkaufen und selbst vermarkten. Das wünsche er sich auch für die Erschließung neuer Baugrundstücke, sodass Bad Bramstedt an der Wertschöpfung teilhabe. Zudem brauche die Stadt durch die vielen Besucher und Klinikangehörigen wieder mehr Hotelbetten. „Das kurbelt auch den Tourismus wieder an“, ist Carl überzeugt.
Verkehr und Mobilität haben Priorität: Bürger wünschen weniger Lärm und besseren ÖPNV
Und vor allem müsse er sich um Verkehr und Mobilität kümmern. „Das war in allen meinen Bürgergesprächen das wichtigste Anliegen“, erklärt Carl. Die Bürgerinnen und Bürger wünschten sich weniger Verkehrslärm insbesondere vom durch die Stadt fahrenden Schwerlastverkehr und eine bessere Anbindung an den Öffentlichen Nahverkehr. Da werde er als Bürgermeister liefern müssen, sei er sich bewusst.
2030, am Ende seiner ersten Amtszeit, soll sich Bad Bramstedt wieder zu einer aufstrebenden, blühenden Stadt entwickelt haben. Der Haushalt sei ausgeglichen, die Politik könne den Bürgern und Vereinen alle freiwilligen Aufgaben finanzieren, ohne dass Land oder Kreis ihnen reinreden müssten. „Ich wünsche mir eine Stadtkultur, in der die Menschen gerne leben, arbeiten und zu Hause sind“, skizziert Carl seine Zukunftsvision, dessen Vorname Felix auch der Glückliche heißt.
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Das Gewerbe möge dann zufrieden sein und gut funktionieren, sagt er dazu weiter. Der Tourismus zöge so viele Besucher an wie Bad Bramstedt ertragen könnte. Und vor allem sollte ausreichend bezahlbarer Wohnraum vorhanden sein, wofür es guter Ideen von Verwaltung, Politik und Investoren und der nötigen Grundstücke bedarf. Wobei die Verwaltung dafür so gut aufgestellt sein müsste, dass sie die nötige Expertise bieten und die Investoren willkommen heißen und gut betreuen könnte.
Felix Carl: Er möchte zur Einarbeitung die scheidende Bürgermeisterin Verena Jeske begleiten
Bis zum Amtsantritt sind noch mehr als vier Monate Zeit. So hoffe und setzte er auf einen guten Übergang bei seinem alten Arbeitgeber und für seine neue Aufgabe. Am liebsten würde er bei der Lebenshilfe seinen Nachfolger noch einarbeiten. Und er wünschte sich auch eine Art Einführung in sein neues Aufgabenfeld von der amtierenden Verwaltungschefin. „Es wäre schön, wenn ich sie vielleicht im Januar ein wenig begleiten könnte, um gut auf das Amt vorbereitet zu sein“, erklärt Carl und kündigt an: „Dazu werde ich noch auf Verena Jeske zugehen.“
Und wie entspannt er sich, wenn er nicht arbeitet? „Ich gehe gerne und viel zu Fuß und höre dabei Podcasts“, erzählt Carl. Jeden Morgen laufe er bei Wind und Wetter die drei Kilometer zur Arbeit und abends wieder zurück, sagt er. „Das entspannt mich ungemein – und natürlich meine Familie.“