Norderstedt. Dämpfer für städtischen Haushalt: Lukrativster Eigenbetrieb überweist 2024 nur Bruchteil dessen, was jahrelang üblich war. Die Gründe.
Für den Nachtragshaushalt 2024/2025 der Stadt Norderstedt ist das ein herber Dämpfer: Die Stadtwerke, mit ihrer lukrativen Telekommunikations-Sparte wilhelm.tel, werden in diesem Jahr nur noch einen Bruchteil des Betrages überweisen, den das städtische Unternehmen noch 2023 in den Haushalt fließen ließ.
Jedes Jahr wird der Überschuss aus der Geschäftstätigkeit der Stadtwerke zwischen dem Unternehmen und der Stadt aufgeteilt. Und da waren die Verantwortlichen in Politik und Rathaus in den vergangenen Jahren üppige Ergebnisse und anteilig hohe Überweisungen gewohnt. So wies die Bilanz für 2022 einen Überschuss von 12,26 Millionen Euro aus, 2021 waren es sogar rekordverdächtige 25 Millionen Euro, in den Jahren 2020 immerhin 17,3 Millionen Euro und 2019 noch 13,6 Millionen Euro. Und davon flossen immer zwischen fünf und knapp 10 Millionen Euro an die Stadt.
Haushalt: Stadtwerke mit wenig Gewinn, Gewerbesteuer steigt
Doch im Bilanzjahr 2023 ist der Überschuss der Stadtwerke stark eingebrochen. Vergleichsweise mickrige 1,5 Millionen Euro Überschuss stehen im Geschäftsbericht unter dem Strich. Wie viel davon an die Stadt fließt und ob dieser Betrag überhaupt sechsstellig wird, das muss noch entschieden werden. Die Werkleitung wird dazu einen Vorschlag machen, wenn die Stadtvertretung im Dezember den Jahresabschluss und damit auch die Verwendung des Gewinns beschließt – eine Entscheidung, die durchaus zu Streit führen kann.
So lagen die damalige Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder und die Norderstedter Politiker Ende September 2020 derart über Kreuz, dass ein Konsens in der Stadtvertretung nicht möglich war. Streitpunkt war der Überschuss der Stadtwerke für das Jahr 2019 in Höhe von 13,6 Millionen Euro. Die Politiker wollten davon 5,7 Millionen Euro in den städtischen Haushalt fließen lassen und den Stadtwerken 7,9 Millionen Euro lassen, um mögliche Corona-Defizite beim Arriba-Bad, der U-Bahn-Betreibergesellschaft VGN und der Stadtpark GmbH ausgleichen zu können
Die Oberbürgermeisterin hingegen forderte mit der gleichen Begründung elf Millionen für den Stadtetat, kam damit aber nicht durch. Die Stadtvertretung setzte sich durch und genehmigte der Stadt nur die 5,7 Millionen Euro.
Stadtwerke Norderstedt steigern Umsätze deutlich
Auf den ersten Blick erstaunt das Jahresergebnis der Stadtwerke 2023. Denn der Umsatz ist gestiegen, die Erlöse kletterten im Wesentlichen durch den Verkauf von Strom, Gas und Wasser um satte 55,4 Millionen Euro auf 237,8 Millionen Euro. Doch dieser erfreulichen Entwicklung standen leider hohe Ausgaben gegenüber.
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Die Kosten für den Einkauf von Gas und Strom stiegen überproportional stark. „Durch die Energiekrise und den Ukraine-Krieg kam es zu starken Preisschwankungen für die Beschaffung von Energie“, sagt Oliver Weiß, Sprecher der Stadtwerke. Zudem hätten die Stadtwerke die eingekaufte Energiemenge nicht komplett verkaufen können. Die relativ hohen Temperaturen und ein zurückhaltender Verbrauch wegen der hohen Inflation hätten zu Restmengen geführt, die wiederum die Kosten erhöht hätten „Diese Mehrkosten können in diesem Umfang nicht an Kunden weitergegeben werden und belasten insofern das Geschäftsergebnis“, sagt Weiß.
Stadtwerke Nordestedt mit wenig Gewinn, aber die Gewerbesteuer steigt
Doch für die Stadt Norderstedt, mit ihrer Lagegunst im Hamburger Rand und einer überaus starken Gewerbestruktur, ist ein Ausrutscher im Jahresergebnis eines Eigenbetriebes kein Beinbruch. Was hier 2023 verloren wurde, gleicht die sprudelnde Gewerbesteuer mehr als aus.
Die Haupteinnahmequelle der Stadt entwickelte sich 2023 besser als angenommen. Daher hat die Verwaltung die erwarteten Erträge für 2024 um 20 Millionen Euro, für das nächste Jahr um 21 Millionen Euro und für die folgenden Jahre um 11 Millionen Euro angehoben. Mehr Geld erwartet Jens Rapude, zuständig für die Finanzsteuerung im Rathaus, auch bei den Gemeindeanteilen an der Einkommens- und Umsatzsteuer.
Steuerkraft steigt, Stadt muss mehr an Land und Kreis zahlen
Doch der erhöhte Geldfluss hat auch seine Kehrseite: Dadurch steigt die Steuerkraft, die Stadt muss mehr in den kommunalen Finanzausgleich zahlen – ein Topf, mit dem die finanzstarken Städte und Gemeinden die ärmeren Kommunen in Schleswig-Holstein unterstützen. Norderstedt als reiche Stadt zählt zu den größten Einzahlern. Als mit Abstand größte Stadt im Kreis Segeberg zahlt Norderstedt auch am meisten Kreisumlage.
Mit dieser Umlage finanzieren die Städte und Gemeinden im Kreis Segeberg den Großteil des Kreishaushaltes und damit die Aufgaben, die der Kreis für alle Kommunen übernimmt. „Die endgültige Festsetzung des kommunalen Finanzausgleichs 2024 oder eine mögliche Anhebung der Kreisumlage können erhebliche Veränderungen nach sich ziehen“, heißt es in der Mitteilung der Verwaltung für den Hauptausschuss. Weitere Unbekannte ist die Einwohnerzahl, die sich aus dem Zensus 2022 ergibt. Hat Norderstedt weniger Einwohnerinnen und Einwohner als angenommen, führe das zu Mindererträgen.
Stadt Norderstedt erwirtschaftet trotzdem Überschuss
Dennoch ergibt sich unter dem Strich im aktualisierten Nachtragshaushalt für 2024/2025 der Stadt ein positives Bild: So steigen die Erträge im Vergleich zum bisherigen Ansatz um 33 Millionen auf gut 428 Millionen Euro. Für dieses Jahr rechnet die Verwaltung mit einem Jahresüberschuss von gut 7,2 statt wie bisher angenommen nur knapp 2,8 Millionen Euro. Für das nächste Jahr fällt die Spanne sogar noch größer aus: 10 Millionen soll das Plus am Jahresende betragen, knapp 7,2 Millionen mehr als angenommen.
Geld, das Norderstedt dringend braucht, denn: Die Stadt muss Mammut-Projekte stemmen. Allein der Bau des Campus Glashütte schlägt mit rund 150 Millionen Euro zu Buche. Das neue Schulzentrum Süd ist das mit Abstand größte und teuerste Bauprojekt der Stadtgeschichte. 47,5 Millionen Euro sind für das neue Bildungshaus veranschlagt.
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