Bad Segeberg. Medizinischer Notfall überschattet letzte Vorstellung. Winnetou Alexander Klaws reitet auch 2025 in der Kalkbergarena in Bad Segeberg.

Das hatte niemand für möglich gehalten: Die Segeberger Karl-May-Spiele haben auch in diesem Jahr wieder einen Zuschauerrekord erzielt. Mit 445.298 Besuchern wurde mit dem Stück „Winnetou II die Bestmarke des vergangenen Jahres deutlich übertroffen. Damit haben sich die Spiele endgültig als Kassenmagnet und damit auch als ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in der Region etabliert. Winnetou bleibt als Held unerreicht. Und: Alexander Klaws wird weiterhin als Apachenhäuptling am Kalkberg reiten und auch 2025 für das Gute kämpfen. Nicolas König ist auch 2025 wieder der Regisseur.

Schon im vergangenen Jahr hatte es erstaunte Gesichter gegeben, als die Rekordzuschauerzahl von 430.321 verkündet wurde – fast 27.000 mehr als 2022. „Wir erwarten natürlich nicht jedesmal einen neuen Rekord“, hatte Segebergs Bürgermeister Toni Köppen, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Kalkberg GmbH und damit auf dem Papier „Chef“ der Karl-May-Spiele, zu Beginn der Saison 2024 verkündet.

Karl-May-Spiele mit Zuschauerrekord: Großer Jubel in der Kalkberg-Arena

Als nach dem Ende der letzten Vorstellung die Tafel mit der aktuellen Zuschauergesamtzahl hochgehalten und dem Publikum gezeigt wurde, war der Jubel groß. Der Verwaltungschef war genauso fassungslos wie Karl-May-Geschäftsführerin Ute Thienel.

Zuvor hatte es eine Aufführung gegeben, die sich von den 71 Vorstellungen davor gründlich unterschied. Zwar wurde am Handlungsablauf nichts geändert, aber viele der mitwirkenden Schauspieler streuten in ihre Texte Gags ein, die das Publikum zum Johlen brachten. Denn genau das hatten sie erwartet: Die letzte Vorstellung einer Karl-May-Saison ist immer etwas ganz Besonderes. Alexander Klaws sorgte für besonderen Jubel: „Im nächsten Jahr sehen wir uns alle wieder“, verkündete er als Winnetou, bevor er mit seinem Pferd eine letzte Runde quer durch die Zuschauerarena galoppierte und dann in den Kulissen verschwand.

Start der 71. Karl-May-Spiele am Kalkberg
Eine feste Größe bei den Karl-May-Spielen: Alexander Klaws, der in diesem Jahr zum vierten Mal den Winnetou spielte. 2025 ist er wieder dabei. © DPA Images | Georg Wendt

Die Karl-May-Spiele sind in allen Bereichen professioneller geworden

Doch macht die Segeberger Karl-May-Spiele eigentlich so besonders? Warum eilen sie von Bestmarke zu Bestmarke? Es gibt viele Antworten auf diese Fragen, aber fest steht: Seit 2012 geht es kontinuierlich bergauf. Seit zwölf Jahren entwickeln sich die Zuschauerzahlen so stark, dass allen Beteiligten schwindlig wird. Man könnte es auch so ausdrücken: Seit Alexander Klaws in die Rolle des Apachenhäuptlings Winnetou schlüpft, läuft es so rund wie niemals zuvor.

Den Erfolg an dem populären Darsteller alleine festzumachen, wäre allerdings zu kurz gesprungen. Einer, der die Entwicklung hautnah miterlebt und zu großen Teilen auch mitgestaltet hat, ist der Hamburger Schauspieler Joshy Peters, der seit 1987 am Kalkberg spielt und reitet. „Als ich anfing, war das hier eine ganz andere Welt“, sagt der Darsteller, der im Laufe der Jahre zu einem Publikumsliebling geworden ist. „Die Karl-May-Spiele sind in allen Bereichen professioneller geworden.“

Alle Hauptdarsteller kamen beim Publikum gut an

Zur Professionalität gehört auch das richtige Timing bei der Auswahl der jeweiligen Gaststars. In diesem Jahr konnten mit Nick Wilder und Jan Hartmann zwei Darsteller verpflichtet werden, die viele Jahre im ARD-Hauptprogramm in beliebten Serien gespielt haben: „Traumschiff“ und „Kreuzfahrt ins Glück“. Mit Sila Sahin kam als einzige Frau eine Schauspielerin hinzu, die durch Vorabendserien („Alles, was zählt“) einen großen Bekanntheitsgrad erlangt hat. Alle drei kamen beim Publikum gut an.

Karl-May-Spiele in Bad Segeberg
Das lieben die Zuschauer: Heiße Kampfszenen auf der Freilichtbühne. © DPA Images | Daniel Bockwoldt

Auch die Wahl des Regisseurs scheint eine große Rolle zu spielen. Mit Nicolas König hat seit der vergangenen Saison ein am Kalkberg bestens bekannter und erfahrener Darsteller das Heft in der Hand. Damit ist auch wieder die gute Laune zurückgekehrt, die in manchen Jahren zuvor gefehlt hatte.

Als der Seeadler das Ziel verfehlte, machte Winnetou einen Scherz

„Es passte alles“, sagt Joshy Peters. „Wir sind eine tolle Truppe und hatten mega-viel Spaß.“ Das hat sich ganz offensichtlich auch auf das Publikum übertragen. „Alle verlassen begeistert das Theater.“ Und Pannen? „Keine, es ist nichts Ungewöhnliches passiert.“

Dass die afrikanische Schreiseeadlerdame Mali als „Ko-inta, das Feuerauge“, die gewöhnlich knapp über die Köpfe der Zuschauer schwebt, nicht immer auf Kommando agierte oder das Ziel in der Arena leicht verfehlte, hat niemanden gestört. Im Gegenteil, die Darsteller fingen diese tierischen Ausrutscher mit einem Augenzwinkern auf. „Wir geben ihr später noch eine Chance“, äußerte zum Beispiel Alexander Klaws in seiner Winnetou-Rolle. Die Zuschauer jubelten.

Euphorie und Dankbarkeit bei den Fans, es gab aber auch Kritik

Bei aller Euphorie – es gab und gibt auch einige negative Stimmen: Das überholte Bild der Frau, gepaart mit der Tatsache, dass diese bei den Aufführungen deutlich unterrepräsentiert sind, der wenige Spielraum, der den jeweiligen Hauptdarstellern gelassen wird, Gags, die bisweilen nicht zünden, Tanzeinlagen, die an 70er-Jahre-Disco erinnern. Es steht auch immer wieder die Frage im Raum: Kann das Jahr für Jahr dargestellte Bild der indigenen Völker Amerikas auf diese Weise aufrechterhalten werden? Das ist Kritik, die durchaus berechtigt ist, der Erfolg allerdings spricht für das seit vielen Jahren bewährte Konzept.

Auf der Facebook-Seite „Freunde der Karl-May-Spiele“ sind kritische Töne nicht zu lesen. Ganz im Gegenteil: „Danke für all diese unendlich schönen Abende“, schreibt Daniela Schlesinger, Administratorin der Seite. „Danke für einen Sommer, den wir nie vergessen werden.“ Sila Sahin hatte nach Ende der letzten Vorstellung mit Tränen zu kämpfen, während sich Nick Wilder bereits auf die Rückkehr in den echten Wilden Westen freut: „Ich fahre jetzt noch mein Auto nach Tirol, dann geht es am Mittwoch zurück nach Montana auf unsere Ranch.“

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Keine anderen Karl-May-Spiele in Deutschland, Österreich und der Tschechei sind auch nur annähernd so erfolgreich wie die Aufführungen in Bad Segeberg, die es jetzt schon seit 72 Jahren gibt. Dabei könnte der Erfolg noch ausgebaut werden: Entschlösse sich die Kalkberg GmbH, eine Western-Erlebniswelt rund um die Kalkberg-Arena aufzubauen, würden vermutlich noch mehr Menschen in den Wilden Westen à la Bad Segeberg eintauchen. Aber das ist Zukunftsmusik.

Karl-May-Spiele Bad Segeberg 2024
Auch die Liebe spielte eine Rolle: Sila Sahin (Ribanna) und Jan Hartmann (Old Firehand). © Frank Knittermeier | Frank Knittermeier

Karl-May-Spiele: 2025 geht es mit dem Stück „Halbblut“ weiter

Zum Abschluss der diesjährigen Spiele wurde kräftig gefeiert. Anschließend gingen die meisten mit Wehmut im Herzen in ihren Alltag zurück – aber nach den Spielen ist natürlich auch vor den Spielen. Nach einer kurzen Urlaubspause beginnen nahtlos die Vorbereitungen für die 73. Karl-May-Saison.

Vom 28. Juni bis 7. September 2025 steht „Halbblut“ auf dem Spielplan. Dafür müssen geeignete Darsteller verpflichtet werden, Autor Michael Stamp muss das Buch schreiben, Bühnenbildner Erik Rüffler die Kulissen entwerfen, die dann von den Bühnenbauern angefertigt werden. Es geht alles seinen gewohnten Gang: Die Karl-May-Maschinerie ist gut geölt und läuft wie geschmiert...