Norderstedt. Messerschleifer Christian Stobbe arbeitet an Klingen in einem der bekanntesten Marktstände Hamburgs. Und er ist Brecht-Fan.

In Bertolt Brechts „Dreigroschenoper“ ist Mackie Messer ein Verbrecher im London des 19. Jahrhunderts. „Macky Messer“ aus Norderstedt hingegen ist ein seriöser Handwerker, der im Hamburg der Gegenwart wohlbekannt ist – besonders bei seinen Kunden in Norderstedt und bei Besuchern des Isemarkts in Eppendorf und des Volksdorfer Wochenmarktes.

Dort steht er seit Jahren mit seiner hölzernen Kutsche, in der sich eine Messerschleif-Werkstatt verbirgt. „Macky Messer“, mit bürgerlichem Namen Christian Stobbe, liebt seinen Beruf – auch, wenn er gelegentlich Urlaub macht, trotz des bekannten Schildes an der Kutsche: „Urlaub? Heute nicht!!!“.

Macky Messer schleift „Klingen aller Art“, von Küchenmessern über Scheren bis hin zu Astscheren und Rasenmähern. „Die meisten Kunden bringen mir ihre Alltagsmesser aus der Küchenschublade. Ein Drittel meines Geschäfts machen Gartengeräte aus, wie Rosenscheren oder Heckenscheren“, sagt er. Gelegentlich bringt er auch einen stumpfen Spaten wieder in Form.

Isemarkt Hamburg: „Macky Messer“ schärft Klingen aller Art

Messerschleifer Mackie Messer
Immer freitags steht die „Schleifkutsche“ auf dem Eppendorfer Isemarkt. © FMG | Claas Greite

„Es macht mir Spaß, altes Werkzeug weder in Schuss zu bringen. Ich mag es, wenn Dinge lang funktionieren. Das hat auch etwas mit Nachhaltigkeit zu tun“, sagt Macky. Außerdem schätzt er den emotionalen Wert mancher Gegenstände: „Wenn ich einer Kundin ein altes Stück Familensilber schärfe, dann ist das etwas Besonderes. Oder wenn jemand mir ein stumpfes, rostiges Messer bringt, das er von seinem Opa geerbt hat, bereitet mir das Freude, es wieder scharf und brauchbar zu machen.“

Ungewöhnliche Aufträge erhält er auch, wie das Schleifen von alten Handsägen, Aufschnittmaschinen „dänische Brot-Guillotinen“, die aus guten (Sicherheits-)Gründen in Deutschland verboten sind. Bestimmte Aufträge lehnt er jedoch ab: „Waffen, wie Wurfmesser oder alte Bajonette, nehme ich nicht an.“ Einem Sportfechter hingegen bearbeitet er regelmäßig die Klinge, damit sie ungefährlich bleibt.

Macky Messer
Hier ein etwas rostiges Exemplar einer „Brot-Guillotine“. Nicht jeder möchte sie im Haushalt haben. © Macky Messer | Macky Messer

Manchmal singen ihm ältere Kunden die Moritat aus der Dreigroschenoper vor

Macky, der „auf die 60 zugeht“, wie er sagt, lebt in Norderstedt. Er ist „in einer glücklichen Partnerschaft“ und wird von fast allen „Macky“ genannt. „Christian, das sagen nur meine Eltern und uralte Freunde.“ Seinen neuen Namen hat er sich „mit Blut und Schweiß erarbeitet“ und ist stolz darauf.

Ob er eigentlich ein Fan der Dreigroschenoper ist? „Mittlerweile ja“, sagt Macky. Die berühmte Moritat von Mackie Messer kennt er sehr gut, ältere Kunden singen sie ihm gelegentlich an seiner Kutsche vor. Der Name war damals jedoch keine Hommage an Brecht, sondern sollte einfach „kurz, prägnant und möglichst selbsterklärend“ sein.

Wie aus Christian Stobbe „Macky Messer“ wurde

Macky Messer
Ein Blick ins Innere der Schleifkutsche. © Macky Messer | Macky Messer

Wie kam es dazu, dass aus Christian „Macky“ wurde? Das ist eine lange Geschichte, die schon seiner Kindheit beginnt. Sein Vater Wilfried, ein Schlachtermeister, zeigte ihm, wie man Messer richtig schärft. Nach der Schule lernte Christian den Beruf des Werkzeugmachers und arbeitete später als Prothesenbauer.

Danach ging er zunächst andere Wege und wurde professioneller Bartender, reiste durch die Schweiz, Österreich und Italien. Auch in der legendären Kneipe „Alter Reporter“ in Norderstedt hat er einige Zeit geabeitet. Doch irgendwann erinnerte er sich an seine Wurzeln und trat in die Fußstapfen seines Vaters, der mit „Willis mobiler Schleifstation“ unterwegs war.

Neulich war Macky von 100 singenden Taylor-Swift-Fans umringt

Macky Messer
Ein Schild, das viele Marktbesucher kennen. © Claas Greite | Claas Greite

Seit den frühen 2000er-Jahren ist Macky Messer als Messerschleifer tätig. Er legte sich den einprägsamen Namen zu und ließ sich seine „Schleifkutsche“ bauen, die er über die Jahre „optimierte“. Heute ist sie wohl fast jedem, der regelmäßig auf dem Isemarkt oder dem Volksdorfer Markt einkauft, gut bekannt. Macky: „So etwas fällt auf und funktioniert. Heute treffen sich die Leute an Mackys Kutsche.“

Der soziale Aspekt ist ein weiterer Grund, warum er seine Arbeit auf dem Markt – und auch vor dem Norderstedter Einrichtungshaus Suhr, wo seine Kutsche immer montags parkt – so liebt. „Es ist schön, mit den Leuten zu plaudern. Die Märkte haben etwas sehr Familiäres.“ Neulich war er beispielsweise auf dem Isemarkt von „100 singenden Taylor-Swift-Fans umringt.“ Vielleicht hatte es etwas damit zu tun, dass in seiner Kutsche öfters Musik läuft.

Macky Messer
Gelegentlich verkauft Macky an seiner Kutsche auch Kränze, die seine Mutter Renate handgefertigt hat. © Macky Messer | Macky Messer

Macky über das Verhältnis zu seinem Vater

Nicht zuletzt hat seine Entscheidung für das Messerschleifen auch die Beziehung zu seinem Vater gestärkt: „Früher hatten wir kein so inniges Verhältnis, aber heute rufe ich ihn oft an, wenn ich Rat brauche. Die Schleiferei hat uns wieder zusammengebracht und ich weiß, dass er stolz auf mich ist. Das macht mich glücklich.“

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Und das bekannte Schild „Urlaub? Heute nicht!!!“ an Mackys Kutsche? Steht dort nur, wenn er arbeitet. Macky macht durchaus Urlaub – am liebsten auf Teneriffa, wo er manchmal einen lokalen Messerschleifer besucht, der noch mit einem historischen „Schleif-Fahrrad“ arbeitet. So eines besaß Macky auch einmal, hat es aber mittlerweile dem Freilichtmuseum am Kiekeberg gespendet.

Macky Messer ist über www.macky-messer.net und 0173/ 44 55 144 erreichbar.