Bad Bramstedt. Für Meinungsfreiheit und Vielfalt: Drei Frauen rufen dazu auf, am Sonntag Flagge gegen Hass und Fremdenfeindlichkeit zu zeigen.

Anfang des Jahres sind Tausende Menschen in zahlreichen Städten des Hamburger Umlandes auf die Straße gegangen, um für Toleranz und Vielfalt und gegen Hass und Fremdenfeindlichkeit zu demonstrieren. Auch in Bad Bramstedt warben da 500 Teilnehmer im Februar „lautstark für die Demokratie“, wie das Motto damals hieß. Nun rufen die drei Organisatoren dieser Kundgebung – Gabriele Birke, Elke Gothmann und Gerd Andresen, die allesamt nicht parteipolitisch organisiert sind – erneut zu einer solchen Demo nach Bad Bramstedt auf. Am Sonntag, 1. September, möchten sie von 14 bis 17 Uhr auf der Schlosswiese ein buntes „Fest für die Demokratie“ feiern.

„Uns treibt die tiefe Sorge um die aktuellen politischen Entwicklungen in Deutschland und Europa um“, begründet Gabriele Birke (70) diese Initiative. „Wir wollen weitermachen und  müssen die positiven Werte der Demokratie stärken und ins Bewusstsein rufen. Wir wollen ein deutliches Zeichen setzen für den Zusammenhalt unserer  Gesellschaft und für ein respektvolles Miteinander.“ Die deutsche Geschichte des Nationalsozialismus zeige, wie schnell es mit der Meinungsfreiheit vorbei sein kann.

„Happening für Demokratie!“: Demonstration auf der Schlosswiese

Im Februar demonstrierten etwa 500 Menschen auf dem Bleeck in Bad Bramstedt für Demokratie, Toleranz und Vielfalt und gegen Rechtsextremismus und Fremdenhass.
Im Februar demonstrierten etwa 500 Menschen auf dem Bleeck in Bad Bramstedt für Demokratie, Toleranz und Vielfalt und gegen Rechtsextremismus und Fremdenhass. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

„Darum wollen wir am Sonntag mit einem Fest für die Demokratie auf der Schlosswiese einen Raum schaffen, in dem alle Anwohnerinnen und Anwohner von Bad Bramstedt – unabhängig von Alter, Religion, Herkunft oder politischen Ansichten – zusammenkommen und die gegenseitige Wertschätzung feiern können.“

Geplant sei ein regelrechtes Happening für Demokratie und Freiheit, erklärt die engagierte Frau, die seit 30 Jahren in Bad Bramstedt lebt, inzwischen in einem genossenschaftlichen Wohnprojekt wohnt  und früher als leitende Ingenieurin den Betriebsablauf des Hamburger Elbtunnels geregelt hat. Es werde ein buntes Unterhaltungsprogramm mit viel Live-Musik geben, kündigt sie an. Dazwischen seien immer wieder Wortbeiträge geplant, die für Toleranz und Vielfalt im gesellschaftlichen Leben aufrufen sollen.

Demonstration: Nicht Politiker, sondern Bürger halten Reden

Anders als noch im Frühjahr sollen dabei eher nicht Kommunal-, Landes- oder Bundespolitiker zu Wort kommen. „Es wird ein buntes Meinungsbild der Bad Bramstedter Stadtgesellschaft geben“, sagt sie. Bürgervorsteherin Annegret Mißfeldt werde die einzige Politikerin sein, die spricht. Ansonsten würden sich Vertreter der Fleckengilde, der Kirche, der Vereine, des Beirates für Menschen mit Behinderung, der evangelischen Jugend und des Jugendbeirates ihre Meinungen und Standpunkte kundtun – allesamt aus Bad Bramstedt.

Darunter ist auch Serhat Yilmaz, der dem Vorstand der Bramstedter Turnerschaft angehört und vor sechs Jahren als unabhängiger Kandidat bei der Bürgermeisterwahl antrat. „Demokratie und Meinungsfreiheit sind wichtig für uns alle, die hier leben“, sagt der Berufstaxifahrer, der noch im kurdischen Teil der Türkei geboren, aber hier aufgewachsen ist und seit 30 Jahren in Bad Bramstedt lebt. Das gelte für die deutsche und nichtdeutsche Bevölkerung gleichermaßen, ist Yilmaz überzeugt und plädiert dafür, dass nicht nur EU-Bürger, sondern auch alle anderen nichtdeutschen Bürger hier wählen dürfen sollten, die 20 Jahre lang und länger hier leben.

„Sie sind hier zu Hause, zahlen hier Steuern, sind überdurchschnittlich viele Arbeitgeber und gehören genauso zu unserer Gesellschaft dazu“, mahnt Yilmaz an, der die dritte Herren der Bramstedter Turnerschaft in der Fußballkreisklasse trainiert. „Aber sie fühlten sich oft vernachlässigt.“

Demonstration Bad Bramstedt: Ex-Bürgermeister warnt vor AfD

Auch der ehemalige Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach, der sich seit vielen Jahren für die KZ-Gedenkstätte Springhirsch in Kaltenkirchen engagiert, will sich am Sonntag zu Wort melden. Gerade als  Vorsitzender des Trägervereins dieser Gedenkstätte, der jetzt seit 25 Jahren besteht, sei es ihm wichtig zu betonen, wie schnell Tatsachen verdreht werden könnten. „Wir müssen gerade heute in Zeiten der sozialen Medien darauf achten, authentisch mit den Fakten zu bleiben“, betont Kütbach.

Zudem komme es ihm darauf an, sich bewusst zu sein, dass Bad Bramstedt keine Insel der politischen Glückseligkeit sei. Zwar sei die Stadtverordnetenversammlung weiterhin eine AfD-freie Zone. Aber bei der Kommunalwahl im vergangenen Jahr hätte etwa jeder zehnte Bad Bramstedter Wähler für einen AfD-Kandidaten für den Kreistag votiert, wo diese Partei jetzt sieben der 67 Abgeordneten stellt. „Da bildet Bad Bramstedt keine Ausnahme“, warnt Kütbach. „Umso wichtiger ist es, jetzt für die Demokratie einzustehen.“

Organisatorin Gabriele Birke würde am liebsten dieses „Fest für die Demokratie“ zu einer jährlich wiederkehrenden Veranstaltung machen. Sie plädiert an ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger. „Macht alle mit. Für die Demokratie kann das Leben nur bunt und vielfältig sein.“