Norderstedt. Jeden Sonnabend wird im Moorbekpark eine Fünf-Kilometer-Laufrunde angeboten. Das Konzept kommt aus England und ist weltweit beliebt.
- Leistungsdruck, Vergleiche oder Siegerehrungen gibt es nicht, dafür Regelmäßigkeit
- Der fünf Kilometer lange parkrun ist maximal barrierefrei
- Gestartet wird immer sonnabends um 9 Uhr im Moorbekpark in Norderstedt-Mitte
Norderstedt hat ein neues Lauf-Angebot. Eines, das wöchentlich stattfindet. Ein sehr simples, aber zugleich bestechendes Konzept liegt dem Event zugrunde, das es von nahezu allen vergleichbaren Veranstaltungen (also etwa Marathonläufen, Gruppenwanderungen oder Laufgruppen) stark unterscheidet. Der fünf Kilometer lange Moorbek parkrun ist nämlich maximal barrierefrei, wirklich jeder, vom Kind bis zum sehr alten Menschen, von der sportlichen Person bis zur Couch-Potato, kann mitmachen.
Leistungsdruck, Vergleiche oder Siegerehrungen gibt es nicht, dafür Regelmäßigkeit. Jeden Sonnabend um 9 Uhr wird gelaufen, gegangen oder einfach nur angefeuert. Die Teilnahme ist extrem einfach und kostenlos. Und: Eine weltweite Bewegung steht dahinter, die in mittlerweile 23 Ländern genau solche, quasi baugleiche Events veranstaltet – an denen man dann zum Beispiel auch im Urlaub teilnehmen kann.
Moorbek parkrun: Norderstedts genial simples Lauf-Event
Kurz nach dem Ende der Sommerferien, am 7. September, feierte der Norderstedter parkrun mit 99 Teilnehmern Premiere – noch nie gab es in Deutschland eine größere Beteiligung bei einer solchen Auftaktveranstaltung. „Und wir sind der erste parkrun in Schleswig-Holstein“, wie Christina Hellmich, Mitglied des Organisationsteams, nicht ohne Stolz betont.
Gestartet wird im Moorbekpark in Norderstedt-Mitte, am Hubschrauberlandeplatz, der sich hinter dem Rathaus bzw. direkt am nördlichen Ausgang der nur 50 Meter entfernten U-Bahnstation befindet. Dann geht es in Richtung Süden, immer durch den Park. In der Nähe des Waldorfkindergartens wird gewendet in Richtung Norden, unter der Rathausallee hindurch und im nördlichen Teil des Moorbekparks um den See herum. Das Ziel ist dann wieder der Hubschrauberlandeplatz.
2004 begann die parkrun-Idee von England aus ihren weltweiten Siegeszug
Der erste parkrun (die Bezeichnung wird zusammen und mit kleinem „p“ geschrieben, was die Einfachheit und Inklusivität der Organisation und der Veranstaltung repräsentiert) fand im Jahr 2004 in London statt, damals noch unter dem Namen „Bushy Time Trial“ und mit nur 13 Aktiven. Organisator war der Läufer Paul Sinton-Hewitt.
Die Idee eines fünf Kilometer langen „Laufs für alle“ verbreitete sich zuerst in Großbritannien, dann in immer mehr Ländern der Welt. Aktuell sind es 23, mehr als 2000 Orte mit parkruns und Millionen Teilnehmer gebe es, heißt es vonseiten der britischen parkrun Global Ltd., die die Markenrechte hat und bei der Organisation solcher Events hilft. Es handelt sich um eine gemeinnützige Organisation, die sich über Spenden und den Verkauf von Merchandise-Artikeln finanziert.
Wie der Norderstedter Sebastian Dierks die Idee in Neuseeland kennenlernte
In Deutschland gibt es immerhin schon 61 parkruns, unter anderem in Hamburg, auf dem Alstervorland. Und jetzt ist Norderstedt als neuer Standort dazugekommen. Den Stein ins Rollen brachte Sebastian Dierks, der eigentlich in Norderstedt lebt, aber kürzlich „das Glück hatte, mit der Familie ein Jahr in Neuseeland zu verbringen“, wie er sagt. Am anderen Ende der Welt, in der Stadt Gisborne, lernte er seinen ersten parkrun kennen. „Der startete 500 Meter von unserer Haustür entfernt. Da bin ich spontan mal hingegangen und war sofort fasziniert“, erzählt Dierks.
Die besondere Atmosphäre schildert er so: „Kinder waren dabei, vielleicht sieben Jahre alt, aber auch ein 102-Jähriger mit Gehstock, immer umringt von einer Traube von Mitstreitern. Hundebesitzer mit ihren Hunden liefen mit, die Tiere natürlich an der kurzen Leine. Ganze Familien liefen mit, teilweise sind Kinder einfach auf Rollern neben ihren Eltern hergefahren. Jeder läuft oder geht in seinem Tempo. Du wirst herzlich aufgenommen, alle freuen sich, feuern dich an.“
Warum der Moorbekpark in Norderstedt-Mitte so gut geeignet ist
Noch in Neuseeland hatte Dierks, der als IT-Berater arbeitet und privat passionierter Läufer ist, die Idee, auch in Norderstedt einen parkrun zu starten. Ein Grüppchen fand sich per Videokonferenz zusammen, fand mit dem Moorbekpark einen geeigneten Ort, holte eine Genehmigung bei der Stadt ein und klärte die Sache auch mit den zuständigen Leuten von „parkrun Deutschland“ und „parkrun Europe“ ab.
Was den Moorbekpark so geeignet macht, umreißt Christina Hellmich, die ein festes Mitglied der Norderstedter Läuferszene ist und beruflich als Personal Trainer arbeitet, mit wenigen Worten: „Er ist immer offen. Das ist wichtig, denn wir wollen den parkrun wirklich an jedem Sonnabend machen, wenn es nicht gerade eine Sturmwarnung gibt. Im Stadtpark wäre das zum Beispiel gar nicht gegangen, dort finden ja auch Events wie das Parkfunkeln statt.“
Die Teilnahme ist kostenlos, man muss sich nur einmal digital registrieren
Das Organisationsteam des Moorbek parkruns besteht aus einer siebenköpfigen Kern-Crew sowie 30 Helferinnen und Helfern. „Die Teilnahme am parkrun ist komplett kostenlos“, betont Merima Jukic, „wir Organisatoren sind alle ehrenamtlich tätig, haben keine Werbepartner und keine Einnahmen.“ Aber mittlerweile ein selbst gebasteltes Schweinchen, das bei der Veranstaltung am vergangenen Sonnabend auf den Namen Miss Pinky von Moorbekia getauft wurde. Miss Pinky ist nicht nur nett anzuschauen, sondern dient auch als Glücksbringer und als Sparschwein. „Der parkrun ist eine nicht kommerzielle Veranstaltung, niemand muss für die Teilnahme bezahlen, wenn er das nicht will. Aber wir freuen uns über jede Spende“, sagt Sebastian Dierks.
Den internationalen parkrun-Charakter dokumentiert ein Blick auf die Starterliste des fünften Events in der viertgrößten Stadt Schleswig-Holsteins. Dort tauchten mit Ralph Matthiessen und Catlyn Hamilton (beide aus Shellharbour in Australien), William Shippin (Milton Keynes) und Gary Holford (Horsham) aus England sowie dem Polen Zbigniew Kosinski (Posen) gleich mehrere weitgereiste Gäste auf.
Teilnehmer dürfen die Toiletten des Rathauses benutzen, es gibt Blinden-Guides
Wer beim Norderstedter parkrun mitmachen möchte, muss sich nur über dessen Webseite registrieren. Dann erhält man einen Barcode, mit dem an der Ziellinie die Zeit gemessen wird. Dierks: „Die Zeit ist nur für den Läufer selber. Es gibt für die fünf Kilometer kein Zeitlimit, und wir hängen auch keine Listen aus.“ Einmal registriert („Das dauert nur zwei Minuten“) kann man unbegrenzt immer wieder beim parkrun mitmachen – und zwar weltweit. „Man muss einfach nur hingehen. Manche Leute suchen sogar ihre Urlaubsorte danach aus“, sagt Merima Jukic.
Den Barcode erhalten die Teilnehmenden in elektronischer Form als Mail. Sie können sich auch ein Armband bestellen, auf dem der Barcode aufgedruckt ist. Bei der Anmeldung wird auch die Telefonnummer einer Kontaktperson angegeben, die die Organisatoren im Notfall anrufen können – etwa, wenn sich eine Läuferin oder ein Läufer plötzlich nicht gut fühlt. Merima Jukic betont: „Wir haben auch einen Defibrillator vor Ort.“ Außerdem können die parkrun-Starter die Toiletten des Rathauses nutzen.
Ehrenamtliche Helfer sind willkommen – zum Beispiel als Zeitmesser oder Streckenposten
Anders als bei vielen anderen parkruns bekommen in Norderstedt auch Blinde und Sehbehinderte Unterstützung; so war die Norderstedterin Dagmar Hagemeister bei den fünf bisherigen Veranstaltungen jedes Mal mit dabei. „Wir haben vier ausgebildete Blinden-Guides“, sagt Christina Hellmich. Wer die Hilfe in Anspruch nehmen möchte, schreibt vorher eine E-Mail an das Organisationsteam.
Warum sie so viel persönliche Zeit für das Event investiert, erklärt Christina Hellmich so: „Ich bin einfach sportbegeistert. Und im parkrun sehe ich auch die Chance, dass sich viele Leute kennenlernen, Kontakte knüpfen, zum Beispiel auch solche, die neu in Norderstedt sind.“ Merima Jukic sagt: „Beim parkrun entstehen tatsächlich viele Freundschaften.“ Sie ist beruflich im Gesundheitsbereich tätig und hofft, dass der parkrun auch ältere oder chronisch kranke Menschen motiviert, sich mehr an der frischen Luft zu bewegen.
Das ambitionierte Ziel des Moorbek parkruns: konstant dreistellige Teilnehmerzahlen
Das Organisationsteam könnte durchaus noch Unterstützung brauchen, auch das wird betont. Wer helfen möchte, kann sich zum Beispiel als Streckenposten, Zeitmesser oder auch als „Schlussgeher“ hinter dem Teilnehmerfeld verdingen. „Idealerweise werden wir uns immer abwechseln, sodass nicht jede und jeder an jedem Sonnabendmorgen vor Ort sein muss“, sagt Sebastian Dierks.
Der parkrun-Chef hat für die Zukunft ambitionierte Ziele: „Die Startphase ist geglückt, wir sind mit der bisherigen Resonanz sehr zufrieden. Aber wir wollen weiter wachsen und möchten so schnell wie möglich Woche für Woche dreistellige Teilnehmerzahlen haben. Davon sind wir noch ein gutes Stück entfernt. Und deshalb besteht die vorrangige Aufgabe darin, viel Werbung für unser Event zu machen.“ Unter anderem bei den örtlichen Sportvereinen: Der wöchentliche parkrun soll dabei keinesfalls Konkurrenz für die Clubs, sondern ein zusätzliches Angebot für alle Laufbegeisterten sein, um mit viel Spaß aktiv ins Wochenende zu starten.
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Das zweite Vorhaben ist noch ehrgeiziger. Sebastian Dierks: „In puncto Beteiligung können wir mit Städten wie beispielsweise Berlin natürlich nicht mithalten. Wir wollen demzufolge nicht Deutschlands größter, aber Deutschlands bester parkrun werden.“
Moorbek parkrun Norderstedt, immer sonnabends, 9 Uhr, Moorbekpark, Norderstedt-Mitte. Kontakt: Tel. 0172/200 85 50, E-Mail: Moorbekparkrun@gmail.com, es gibt auch eine Facebook-Gruppe (facebook.com/moorbekparkrun) und einen Instagram-Kanal (www.instagram.com/moorbek_parkrun/)