Norderstedt. Einzelhandels-Unternehmen rutscht ins Minus. Eigentlich sollte Standort am Herold-Center eröffnen. Doch das verzögert sich nun.
Für den Einzelhandel in Norderstedt, insbesondere in Garstedt, war es bislang einer der Hoffnungsträger. „Große Eröffnung Herbst 2024“, „Coming Soon“, prangt auch heute noch auf den Werbetafeln der Modehaus-Gruppe SiNN in der De-Gasperi-Passage. Doch ob es hier, direkt am Herold-Center, dazu kommen wird, lässt sich derzeit nicht mit Gewissheit sagen. Denn das Unternehmen ist in schwere finanzielle Schieflage geraten und hat am Montag einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt.
Das zuständige Amtsgericht Hagen – in der westfälischen Großstadt hat der Konzern seinen Sitz – hat dies bereits genehmigt. Man strebe eine „zügige Restrukturierung“ an, heißt es in einer Mitteilung. Die Geschäftsführung um Isabella Goebel und Thomas Wanke trägt weiter die Verantwortung, allerdings wurde der Rechtsanwalt Jan Ockelmann (Kanzlei SGP Schneider Geiwitz Nord) zum Restrukturierungsbevollmächtigten bestellt, ebenso ernannte das Amtsgericht den Rechtsanwalt Michael Mönig, einen Wirtschaftsjuristen, zum Sachwalter. Er hat die Interessen der Gläubiger zu wahren und soll das Verfahren sichern.
Modekette SiNN insolvent: Was wird aus Plänen für De-Gasperi-Passage in Norderstedt?
Laut Unternehmen soll der Betrieb in den 41 Häusern an insgesamt 36 Standorten mit 1500 Beschäftigten weitergehen, „bis auf Weiteres“ sei die Finanzierung dafür gesichert. Die Belegschaft sei informiert, auch die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes sei beantragt worden. „SiNN wird das Verfahren in Eigenverwaltung zur beschleunigten Anpassung an die geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nutzen. Ziel ist es, möglichst viele Standorte und Arbeitsplätze zu sichern“, sagt Jan Ockelmann. Ob dies in der Form gelingt, müssten die nun folgenden Gespräche und Verhandlungen mit den Beteiligten zeigen. Erste Signale seien aber durchaus positiv zu bewerten.
Für die schlechte wirtschaftliche Situation werden mehrere Gründe genannt. So habe man „durch Wasserschäden oder andere bautechnische Gründe zeitweilig Häuser oder Etagen schließen“ müssen. Das habe zu Umsatzrückgängen geführt, während gleichzeitig die Kosten für Miete, Energie und Logistik deutlich gestiegen seien.
SiNN: Zuletzt 240 Millionen Euro Jahresumsatz
Ebenso führte ein neues Warenwirtschaftssystem zu einem „erheblichen Mehraufwand“. Diese Mehrkosten habe das Unternehmen, das zuletzt einen Jahresumsatz von 240 Millionen Euro aufwies, „nicht vollständig“ auffangen können.
Norderstedt sollte eigentlich der 37. Standort werden. Ende 2023 hatte SiNN die Pläne bestätigt. „Der Standort ist für uns ideal, weil Norderstedt ein aufstrebender Stadtteil mit vielen jungen Familien ist“, hieß es damals. Doch optisch hat sich seitdem nichts verändert, Handwerker waren nie zu sehen, die Scheiben sind weiterhin zugeklebt.
Ehemalige Karstadt-Fläche: Steht SiNN noch zu den Plänen?
Angemietet werden sollte ein Teil der ehemaligen Karstadt-Fläche, das Modehaus hätte eine Fläche von 3500 Quadratmetern gehabt, daneben will die Warenhaus-Kette Woolworth eine Filiale eröffnen. Auch das hat sich in den letzten Monaten mehrfach verzögert wegen Abstimmungsproblemen mit der Stadt Norderstedt. Unter anderem sollen Mängel beim Brandschutz vorgelegen haben.
Das betrifft scheinbar auch SiNN. Denn auf Abendblatt-Nachfrage, ob das Insolvenzverfahren nun das Aus für die Ansiedlung bedeute, gibt es eine überraschende Antwort: „Die Eröffnung des Standortes war bereits vor der Insolvenzeröffnung auf das 1. Quartal 2025 verschoben worden. Der Grund hierfür sind Verzögerungen beim Bau und ausstehende Baugenehmigungen“, heißt es. Allerdings dürfte das Projekt im Zuge der Sanierung mindestens auf den Prüfstand kommen.
Eigentümergesellschaft der Immobilie will „schnellstmöglich eine Klärung“
Auf baldige Klarheit hofft auch die MEC Metro-ECE Centermanagement als Eigentümerin des Gewerbeobjektes. Von dort ist zu hören, dass die „Übergabe einer Handelsfläche in der De-Gasperi-Passage an SiNN geplant ist“. Aber: „Aufgrund der aktuellen Entwicklungen bei unserem Handelspartner können wir derzeit leider nicht sagen, inwiefern die wirtschaftliche Situation Einfluss auf diese Planungen hat. Wir sind bestrebt, in direkten Gesprächen mit SiNN schnellstmöglich eine Klärung für den Handelsstandort in Norderstedt herbeizuführen“, so Sprecher Matthias Felten.
- Alte Kabs-Fläche in Norderstedt: 198 neue Wohnungen am Herold-Center
- Immobilien Norderstedt: 230 Wohnungen in Garstedt geplant – Boden stark belastet
- Segeberger Chaussee in Norderstedt dicht: Sanierung der Hauptverkehrsader
Das Abendblatt hat bei Woolworth ebenfalls nachgefragt, was der aktuelle Zeitplan sei. Das Unternehmen agiert bislang ausschließlich im Hintergrund, während SiNN schon Personal suchte, ob nun für die Kasse, eine Abteilungsleitung, für das visuelle Marketing, die Warenannahme, die Verwaltung oder für die Modeberatung. Ob diese Mitarbeitenden jetzt noch gebraucht werden, werden wohl erst die nächsten Monate zeigen.
Ansonsten droht der De-Gasperi-Passage ein schwerer Rückschlag. Denn nachdem Karstadt Ende 2020 für immer geschlossen hatte, konnte nur ein Teil der riesigen Fläche wieder vermietet werden: 2021 eröffnete der schwedische Einrichtungs-Discounter Rusta dort, wo sich früher Karstadt Sports befand. Mehr ist seitdem nicht passiert.