Kreis Segeberg/Kreis Pinneberg. Ein kleines Gerät kann Menschen, die im Wasser untergegangen sind, retten. Warum es diese Geräte in Segeberg und Pinneberg nicht gibt.
Abkühlung und Erfrischung an heißen Sommertagen gibt’s nicht nur in Freibädern. So kann allein im Kreis Segeberg in 17 Seen gebadet werden. Doch der Badespaß in natürlichen Gewässern birgt Risiken. Viele Badestellen sind gänzlich unbewacht, die Sichttiefe im Wasser ist gering. Viel geringer als in Freibädern.
Wenn Menschen untergehen, kommt es bei der Rettung auf jede Sekunde an. Ein mit Künstlicher Intelligenz (KI) arbeitendes Sonargerät, das AquaEye, kann Untergegangene schnell orten. Retter verlieren keine Zeit mit einer langwierigen Suche. Bei der Wasserwacht in Bayern werden solche Geräte bereits eingesetzt, auch die Feuerwehr Hamburg hat sich ein Exemplar angeschafft.
Sind die Sonargeräte wirklich geeignet für den praktischen Einsatz?
Im Kreis Segeberg verfügen die Feuerwehren weder über AquaEyes noch über andere Sonargeräte. „Im Falle von Anforderungen zur Wasserrettung haben wir in unseren Alarmierungsabläufen die Wasserwacht eingebunden, die über entsprechende Geräte verfügt“, sagt Kreiswehrführer Jörg Nero. Auch im Bereich des Kreisfeuerwehrverbands Pinneberg „hat meines Wissens keine Feuerwehr eine solche technische Ausstattung“, meint Dennis Renk (Fachwart Presse- und Öffentlichkeitsarbeit KFV Pinneberg).
Sollten die Retter von DLRG und Wasserwacht nicht an jeder von ihnen überwachten Badestelle ein AquaEye ständig vor Ort haben? Für Sven Evers, Technischer Leiter der Wasserwacht beim DRK Ortsverein Bad Segeberg, sind „diese Unterwasserscanner im Einsatz an den Badestellen ungeeignet“.
Badebereiche in der Region sind vergleichsweise klein
Warum? „Zum einen Bedarf es dafür einer speziellen Ausbildung und laufenden praktischen Übungen mit dem Gerät. Zum anderen sind die Badebereiche in der Regel nicht so groß, dass sich der Einsatz tatsächlich lohnt. Die Kosten lasse ich einfach mal unbetrachtet. Unsere Rettungsschwimmer sind soweit geschult, dass sie den Badebetrieb im Auge haben, sodass, wenn jemand in Not gerät, direkt geholfen werden kann.“
Badestellen in Segeberg und Pinneberg
Im vergangenen Jahr sind in Deutschland nach einer Statistik der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) 378 Menschen ertrunken, davon allein 138 in Badeseen. In Schleswig-Holstein registrierte der Verband in 2023 insgesamt 28 Todesfälle in Gewässern, darunter vier in Seen. Auch im Kreis Segeberg hat es in den letzten fünf Jahren tödliche Badeunfälle in Seen gegeben.
Seen im Kreis Segeberg mit Badestellen: Stocksee, Schmalensee, Bornhöveder See, Seedorfer See, Seekamper See, Nehmser See, Blunker See, Wardersee, Klüthsee, Großer Segeberger See (überwachte Badestelle), Ihlsee (überwachte Badestelle), Neversdorfer See, Mözener See, Weddelbrooker See, Itzstedter See (überwachte Badestelle: DLRG), Beckersbergsee (überwachte Badestelle), Stadtparksee Norderstedt (überwachte Badestelle).
Seen im Kreis Pinneberg mit Badestellen: Appen, Barmstedt, Oberglinde (überwachte Badestelle).
Jakob Erdbeer, stellvertretender Vorsitzender der DLRG Region Uetersen, sieht ganz praktische Probleme: „Sicher wäre es hilfreich, im Fall der Fälle ein derartiges Gerät vor Ort zu haben. Bei bisherigen Sonargeräten war jedoch auch eine Einweisung – bestenfalls durch den Hersteller – notwendig. Der Schulungsumfang, den ich hier bei herkömmlichen Geräten erlebt hatte, belief sich auf einen Tag, zusammengesetzt aus Theorie und praktischen Einheiten. Wir besetzen die Wache im Naturbad Oberglinde je Saison mit rund 30-35 Rettungsschwimmern, die dann alle geschult sein müssten“, sagt Jakob Erdbeer.
Fachlich geschultes Personal ist wichtig
Der erfahrene DLRG-Mann betont zudem: „Ein Großteil der Rettungsschwimmer hört aufgrund der Lebenssituation – in der Regel wird die Wache mit Schülern und Studenten im Alter zwischen 16 und 20 besetzt – nach drei Jahren wieder auf, regelmäßig Wachdienst zu machen. Neue Rettungsschwimmerjahrgänge treten den Dienst an. Es wäre also kein einmaliges Event, hier die Rettungsschwimmer zu schulen, sondern eine dauerhafte Aufgabe, vor allem auch mit weiteren Übungen zum Umgang, um auch im Einsatzfall souverän damit umzugehen. Hinzu kommt, dass im Freibad Oberglinde oft durch den Eintrag des zufließenden Wassers eine starke Sedimentschicht über dem Grund „schwebt“. Ob die KI im AquaEye-Gerät hier aussagekräftig ist, können wir aktuell nicht bewerten.“
Im Einsatzfall würde ein Sonargerät aus den benachbarten Ortsgruppen Wedel und Elmshorn zeitnah eintreffen. „Es macht also einsatztaktisch aus meiner Sicht durchaus Sinn, so ein Gerät einem fachlich geschulten Teilnehmerkreis zur Unterstützung an der Einsatzstelle zur Verfügung zu stellen. Nicht unbedingt jedoch einer großen, weniger gut geschulten Masse“, so Erdbeer.
Im Naturbad Beckersberg ertrank vor vier Jahren ein 14-Jähriger
Auch im Henstedt-Ulzburger Naturbad Beckersberg, wo vor vier Jahren ein 14 Jahre alter Junge ertrunken war – hier liegt die Sichttiefe bei etwa 40 Zentimeter –, ist kein KI-unterstützter Sonar-Unterwasserscanner vorhanden. Doch wird bei der Gemeindeverwaltung über eine Anschaffung diskutiert. „Der Einsatz dieser Geräte ist sinnvoll. Es wurden bereits unterschiedliche Überlegungen angestellt, wie und vor allem welche Technik bei der Suche nach untergegangenen Personen helfen kann. Für das ‚AquaEye‘ müssen beispielsweise einige Rahmenbedingungen gesetzt sein. Diese Überlegungen werden nun gemeinsam mit dem Schwimmmeister und der DLRG forciert“, sagt die zuständige Fachbereichsleiterin Antje Heydecke.
Am Norderstedter Stadtparksee ist nach Auskunft von Kai Jörg Evers, Geschäftsführer der verantwortlichen Stadtpark Norderstedt GmbH, kein AquaEye im Einsatz, „weil der Stadtparksee über eine hohe Sichttiefe verfügt“.
Hersteller lobt die Geschwindigkeit und Genauigkeit der Technik
Jörg Schwenk von der Schweizer Firma Vogt-CTE GmbH, die weltweit Feuerwehren mit hochspezialisierten Produkten für die Rettung im Brandfall, zu Wasser und zu Land ausrüstet, erklärt, wie AquaEye funktionioert und was es kostet, sich diese Technik anzuschaffen.
Was genau ist AquaEye?
Jörg Schwenk: AquaEye ist ein innovatives, tragbares Sonargerät, das speziell für Rettungs- und Bergungseinsätze in Gewässern mit schlechten Sichtverhältnissen wie trüben Seen, Flüssen oder dem Meer entwickelt wurde. Das Gerät nutzt fortschrittliche Sonartechnologie und Künstliche Intelligenz (KI), um schnell und präzise Personen unter Wasser zu lokalisieren. AquaEye sendet Schallwellen aus, die Objekte im Wasser reflektieren und so ein Bild der Umgebung erzeugen. Diese Daten werden dann von der KI analysiert, um menschliche Formen und Körperdichten zu identifizieren und die Position von vermissten Personen zu bestimmen.
Wo liegen die Vorteile gegenüber der bisher üblichen Vorgehensweise bei Rettungseinsätzen in Gewässern?
AquaEye bietet mehrere Vorteile gegenüber traditionellen Methoden: Erstens geht es um Geschwindigkeit und Effizienz: Die Technologie ermöglicht eine schnelle Erfassung und Analyse großer Wasserflächen, was die Suchzeit und die Einschätzungszeit erheblich verkürzt. An zweiter Stelle steht die Genauigkeit: Dank der KI-gestützten Erkennung kann auf menschliche Formen und Dichten präziser hingewiesen werden, wodurch die Erfolgsquote bei Rettungseinsätzen steigen kann. Wichtig ist das Thema Sicherheit: Rettungskräfte müssen weniger Zeit im Wasser verbringen, was das Risiko für die Retter selbst verringert. Und sehr wichtig ist auch die einfache Handhabung: Das Gerät ist tragbar und einfach zu bedienen, was bedeutet, dass es in verschiedenen Einsatzszenarien flexibel eingesetzt werden kann.
Nicht ganz billig: Ein AquaEye kann bis zu 10.000 Euro kosten
Wie viel Schulung ist erforderlich, um AquaEye nutzen zu können?
Die Schulung für AquaEye ist relativ kurz und benutzerfreundlich gestaltet. Normalerweise und je nach Komplexität der Rettungssituation sind nur wenige Stunden Training notwendig, um das Gerät effektiv zu bedienen. In komplexen Situationen dauern Schulungen ein bis zwei Tage. Ohne Schulung soll das AquaEye nicht bedient werden.
Ist AquaEye in Deutschland schon im Einsatz?
Ja, AquaEye ist in Deutschland bereits im Einsatz, insbesondere bei professionellen Rettungsdiensten, Feuerwehr und Wasserwacht und auch der DLRG.
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Was kostet ein AquaEye?
Die Kosten für ein AquaEye-Gerät inklusive notwendiger Ausstattung können variieren, liegen aber typischerweise im Bereich von 7500 bis 10.000 Euro. Der genaue Preis hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich zusätzlichem Zubehör, Service- und Wartungsverträgen sowie Schulungskosten.
Weitere Informationen auf https://aquaeye-echolot.com/