Henstedt-Ulzburg. Andreas Spingler aus Henstedt-Ulzburg zieht ans andere Ende der Welt. Und zurück zu den Wurzeln seiner Familiengeschichte.

Seit 14 Jahren ist Andreas Spingler als Pastor der Erlöserkirche in Henstedt-Ulzburg tätig. Jetzt verabschiedet er sich von seiner Gemeinde, wagt den Ausstieg mit 53 Jahren und zieht in die Welt hinaus: Der Henstedter Pastor beginnt eine neue Tätigkeit in Papua-Neuguinea, wo er im Auftrag des Ökumenewerks der Nordkirche angehende Pastoren ausbilden soll. Für zunächst drei Jahre verlagert der Geistliche sein Tätigkeitsfeld in den drittgrößten Inselstaat der Welt im Pazifik.

Als Pastor genießt Andreas Spingler in Henstedt-Ulzburg hohes Ansehen. „Pastor Andreas Spingler schafft(e) es auf eine – seine – ganz andere Art und Weise, die Menschen für ein Leben mit Gott zu begeistern“, heißt es in einer Mitteilung der Erlöserkirche zum Abschied des Pastors. „Seine offene, herzliche Art und stets fröhli­ches Auftreten hat ihm und damit der Gemeinde viele Türen geöffnet. Ihm ist es zu verdanken, dass die Gemeinde weiter gewachsen ist, dass Kinder und Jugendliche bis heute im Fokus der Gemeinde stehen, aber auch Jung und Alt enger miteinander verbunden sind als früher.“

Aussteiger mit 53: Als Pastor von Henstedt nach Papua-Neuguinea

Warum dann der Sinneswandel, der ihn an das andere der Welt bringt? Für Andreas Spingler ist der Ausstieg aus dem „normalen“ Leben eines Westeuropäers eine Herzensangelegenheit, die viel mit seinen Vorfahren zu tun hat. Auf jeden Fall ist es keine Entscheidung, die er von heute auf morgen getroffen hat. Und als eine Flucht aus dem Alltag eines norddeutschen Pastors ist sie schon gar nicht zu betrachten. „Ich spüre diesen Schritt schon seit 40 Jahren in meinen Herzen“, sagt der Henstedter Pastor.

Dass Andreas Spingler am liebsten schon als Schuljunge nach Papua-Neuguinea gehen wollte, hat einen familiären Hintergrund. Seine Großeltern waren in den 1930er- und 1940er-Jahren als Missionare in dem unahängigen Staat, der zum australischen Kontinent gezählt wird, unterwegs, seine Mutter wurde dort geboren, der Großvater ist dort gestorben, drei seiner Brüder waren dort als Hauslehrer, Arzt und Missionar tätig.

Der christliche Glaube spielt in Papua-Neuguinea eine große Rolle. Für die Gottesdienste werden einfache Kirchen aus Holz errichtet.
Der christliche Glaube spielt in Papua-Neuguinea eine große Rolle. Für die Gottesdienste werden einfache Kirchen aus Holz errichtet. © HA

Eine Reise ins Ungewisse wird der neue Lebenabschnitt nicht

Im reifen Alter von über 50 Jahren wurde aus dem Wunsch eine Berufung. Die Henstedter Kirchengemeinde, die seit Beginn des Jahres eigenständig ist, floriert, die vier Kinder sind aus dem Haus – Zeit also, ein neues Leben zu beginnen und den norddeutschen Alltag hinter sich zu lassen. Der nächste Lebensabschnitt ist ein Neuanfang, eine Reise ins Ungewisse ist sie für den aus dem Fränkischen stammenden Pastor allerdings nicht.

Andreas Spingler weiß ziemlich genau, wo er landet. Er weiß, was ihn erwartet, er kennt die neue Umgebung: Vor einem Jahr hat er Papa-Neuguinea bereist und dabei auch seine künftige Heimat in der Nähe der Stadt Mount Hagen besucht. Im Theologischen Hochlandseminar in Ogelbeng wird er Theologiestudenten bei ihrer Ausbildung begleiten und helfen, sie fit für ihre künftigen Aufgaben als Pastoren in den Dörfern Papua-Neuguineas zu machen.

Auch in Papua-Neuguinea gehört die theologische Ausbildung zu den Kernaufgaben der Kirche. Im theologischen Hochlandseminar Ogelbeng wird Andreas Spingler künftig tätig sein.
Auch in Papua-Neuguinea gehört die theologische Ausbildung zu den Kernaufgaben der Kirche. Im theologischen Hochlandseminar Ogelbeng wird Andreas Spingler künftig tätig sein. © Leipziger Missionswerk | Leipziger Missionswerk

„Dschungelvater“ Klaus Kuegler war einst in einem anderen Landesteil tätig

Andreas Spingler wird also eine grundlegend andere Aufgabe haben, als ein anderer Kirchenmann aus dem Kreis Segeberg: Klaus Kuegler aus Bad Bramstedt und seine Familie lebten von 1977 bis 1989 als Missionare und Sprachforscher in Westpapua, dem indonesischen Teil der Insel Neuguinea, tief im Dschungel beim Volk der Fayu ohne Kontakt zur Außenwelt. Tochter Sabine schrieb über ihre Zeit dort unter anderem das Buch „Dschungelkind“, das zu einem internationalen Bestseller avancierte und erfolgreich verfilmt wurde.

So abenteuerlich wird die Mission von Andreas Spingler vermutlich nicht werden. „Ich bleibe Pastor der Nordkirche“, sagt der Pastor, der damit auch am anderen Ende der Welt sein Pastorengehalt bezieht. Er weiß, dass er dieses Geld vermutlich nicht für sich selbst benötigen wird, weil die Kosten für den Lebensunterhalt eher gering sein werden. Und er weiß, dass er die Menschen dort nicht vom christlichen Glauben überzeugen muss: Etwa 90 Prozent der Menschen gehören zu christlichen Gemeinschaften.

Klaus Kuegler aus Bad Bramstedt lebte mit seiner Familie einst bei den Fayus im Regenwald von West-Papua. Tochter Sabine schrieb über diese Zeit das Buch „Dschungelkind“.
Klaus Kuegler aus Bad Bramstedt lebte mit seiner Familie einst bei den Fayus im Regenwald von West-Papua. Tochter Sabine schrieb über diese Zeit das Buch „Dschungelkind“. © Kuegler

Der Henstedter Pastor unterrichtet bei Mount Hagen Theologiestudenten

Andreas Spingler wird direkt auf dem Seminargelände in einem Haus leben und die Studenten während des fünfjährigen Theologiestudiums am Hochlandseminar unterrichten und begleiten. Mount Hagen liegt an der größten Straße des Landes – was nach hiesigen Maßstäben aber nicht viel bedeutet. „Die Infrastruktur ist dort sehr schlecht“, sagt Andreas Spingler. „In vielen Teilen des Landes gibt es überhaupt keine Straßen, von den übrigen Straßen ist die Hälfte nicht befestigt.“

Eine besondere Herausforderung wird, zumindest in der Anfangszeit, die sprachliche Verständigung sein – obwohl sich Andreas Spingler auch darauf gut vorbereitet. Papua Neuguinea gilt als sprachlich diversestes Land der Welt: 850 verschiedene Sprachen werden von den rund 10 Millionen Menschen gesprochen. Unmöglich also, für einen Neueinsteiger dort auch nur einigermaßen durchzusteigen. Also konzentriert sich der Pastor aus Henstedt auf die eine Sprache, die das Land zusammenhält: Tok Pisin, eine Art Pidgin-Englisch, die sich vor etwa 150 Jahren herausgebildet hat.

Andreas Spingler kann sich auf Tok Pisin, einer Art Pidgin-Englisch, gut unterhalten

„Das ist eine Sprache die in etwa zwischen Englisch und den einheimischen Dialekten liegt“, sagt Andreas Spingler, der schon seit einigen Monaten dabei ist, diese Sprache zu lernen. „Das Missionswerk der bayrischen Landeskirche hat ein spezielles Lehrmaterial entwickelt.“ Obwohl er nicht immer die nötige Zeit aufbringen kann, sind seine Sprachkenntnisse schon so weit gediehen, dass er Bibeltexte lesen und erklären kann. Eine Bibel-App, die auch Tok Pisin beinhaltet, ist dabei hilfreich.

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„Nach anderthalb Wochen im Land, konnte ich einfache Gespräche führen“, hat Andreas Spingler auf seiner Papua-Neuguinea-Reise im vergangenen Jahr festgestellt. Ohnehin wird er nicht gleich mit den Studenten konfrontiert, weil er zunächst einige Gemeinden in der Umgebung besuchen soll. „Dabei werde ich erleben, was es bedeutet, in Papua-Neuguinea eine Gemeinde zu leiten.“ Dass Glaube und Religion in dem Land eine große Rolle spielen, weiß der Pastor: „Es gibt dort viele Kirchen, von denen die meisten aus Holz, manchmal aus Sperrholz, errichtet sind.“

Am 21. Juli feiert die Gemeinde einen Abschieds- und Entsendungsgottesdienst

Die Zeit des Pastors in Henstedt läuft ab: Am Sonntag, 21. Juli, wird Andreas Spingler mit einem Gottesdienst verabschiedet. Probst Block wird in diesem Got­tesdienst anwesend sein, um die Entpflichtung und die offizielle Verabschie­dung vorzunehmen (11 Uhr). Im Gemeindehaus gibt es im Anschluss einen Empfang.

Die vorübergehende Nachfolge ist geregelt. Das in Henstedt-Ulzburg bestens bekannte und beliebte Pastorenehepaar Cornelius und Miriam van der Staaij übernimmt, bis die vakante Stelle wieder offiziell besetzt ist. Cornelius van der Staaij besetzt in der Erlöserkirche ohnehin schon eine Teil-Pastorenstelle (25 Prozent). Beide waren auch an der Rhener St.-Petrus-Kirche aktiv.