Boostedt. Landesunterkunft in ehemaliger Rantzau-Kaserne bleibt reduziert erhalten. Und der Neubau einer Schule für den Justizvollzug ist geplant

Seit die Bundeswehr die Rantzau-Kaserne in Boostedt verließ und 2015 aus dem Areal eine Landesunterkunft für Geflüchtete aus aller Welt wurde, ist die Bevölkerung des knapp 7000 Einwohnende fassenden Dorfes zerrissen. Zwischen jenen, die unbedingte Solidarität mit den Menschen signalisieren, die vor Krieg und Unterdrückung geflohen sind. Und jenen, die angesichts der alltäglichen Belastung durch das gefühlte Zuviel der fremden Menschen im Dorf von Ängsten und Sorgen geplagt und von der Situation überfordert werden.

Nun hat Boostedts Bürgermeister Hartmut König (CDU) in Kiel mit der Landesregierung eine „Verwaltungsvereinbarung“ unterzeichnet, die man durchaus als salomonisch bezeichnen kann, weil sie den Verhältnissen im Dorf Rechnung trägt. Die Vereinbarung regelt den Weiterbetrieb der Boostedter Kaserne als Landesunterkunft für Geflüchtete in der Zeit nach dem 31. Dezember 2024. Und die sieht eine Halbierung der Belegungszahlen vor: Statt bis zu 2500 Menschen sollen künftig hier nur noch 1250 untergebracht sein.

Landesunterkunft Boostedt: „Kritischen Bürgern Rechnung getragen“

Hartmut König setzte seine Unterschrift auf das Papier, ebenso Finanzministerin Monika Heinold, Integrationsministerin Aminata Touré, Justizministerin Kerstin von der Decken und Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack. Bürgermeister König dankte für die „guten vertrauensvollen Gespräche mit dem Sozial-, Justiz- und Innenministerium in den vergangenen Monaten“. Gemeinsam sei es gelungen, für die geflüchteten Menschen weiterhin eine gute und sichere Unterkunft bereitzustellen.

„Die über Jahre hinweg gewachsene Struktur der ehrenamtlichen Arbeit innerhalb unserer Gemeinde kann nun weiter genutzt werden. Der Bestand der Erstaufnahmeeinrichtung sei auch für die dort Beschäftigten und ihre Arbeitsplätze wichtig. Gleichzeitig haben wir – durch eine Reduzierung der Belegungszahlen – den kritischen Bürgern Rechnung tragen können“, sagte König.

Die kritischen Stimmen waren in den vergangenen Jahren immer lauter geworden im Dorf. Beklagt wurde ein Anstieg der Kleinkriminalität, etwa Ladendiebstähle oder Einbrüche, die in vielen Fällen angeblich auf das Konto von Straftätern aus den Reihen der Geflüchteten gegangen sein sollen. Laut König fühlten sich junge Frauen im Dorf nicht wohl auf den dunklen Wegen zum Bahnhof, wenn ihnen dort von Geflüchteten nachgepfiffen werde oder sie von größeren Gruppen angesprochen würden, berichtete der NDR. Allerdings: Das Land reagierte sofort und setzte Streetworker vor der Unterkunft ein, was die Lage befriedete.

Justizvollzugsschule: Konflikte mit Geflüchteten

Konflikte hatte es auch zwischen Geflüchteten und Schülerinnen und Schülern des Justizvollzuges gegeben, die auf dem Gelände der Rantzau-Kaserne schulisch auf den Einsatz in den Gefängnissen des Landes vorbereitet werden. Angeblich fühlten sich die angehenden Justizbeamten von lauter Musik und Bettelei beim Lernen und in der Nachtruhe gestört und sie beklagten, dass ihre Autos bespuckt und mit Steinen beworfen wurden. Viel mehr aber nervte die Schülerinnen und Schüler die Tatsache, dass die Justizvollzugsschule in den Kasernengebäuden veraltet ausgestattet ist und schlechten Internetempfang habe.

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Auch für den Justizvollzugsnachwuchs enthält die neue „Verwaltungsvereinbarung“ zwischen der Gemeinde Boostedt und dem Land gute Nachrichten. Die Justizvollzugsschule, die seit 2019 in Boostedt stationiert ist, soll weiterhin in Boostedt bleiben, allerdings werde ab 2027 ein Neubau mit Schulungs- und Unterkunftsgebäuden hochgezogen. Das Land kaufe dazu eine Teilfläche in der Liegenschaft. Zudem sei der weitere Aufbau und Betrieb des Landeskatastrophenschutzlagers auf dem Liegenschaftsgelände vorgesehen.

Landesunterkunft Boostedt: „Überragendes geleistet!“

Integrationsministerin Aminata Touré ist zufrieden mit dem Abschluss der Verhandlungen mit Boostedt: „Wir haben ein sehr gutes Ergebnis erzielt, das für alle Seiten Perspektiven und Handlungssicherheit schafft. Boostedt hat bislang schon Überragendes geleistet bei der Aufnahme und Integration von Geflüchteten. Umso wichtiger ist, dass diese fest etablierte Erstaufnahmeeinrichtung langfristig erhalten bleibt. Selbstverständlich kommen wir dabei dem Wunsch der Gemeinde nach, die Platzkapazitäten zu reduzieren. Dies deckt sich mit unserem neuen Standortkonzept für die Erstaufnahmeeinrichtungen, das derzeit erarbeitet wird.“

Justizministerin Kerstin von der Decken freut sich vor allem darüber, dass in der Justizvollzugsschule die Ausbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten weiter verbessert werden können. Und Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack sieht den Verbleib des Katastrophenschutzlagers in Boostedt als wichtiges Ergebnis. „Die Einrichtung als zentraler, schnell und gut erreichbarer Punkt der Logistik ist ein wichtiger Bestandteil, um die Leistungsfähigkeit des Bevölkerungsschutzes garantieren zu können. Bei der Ostseesturmflut im vergangenen Herbst hat sich gezeigt, wie effektiv und schnell von Boostedt aus Hilfe geleistet werden konnte: Innerhalb von drei Stunden konnten Feldbetten und Schlafsäcke in größeren Mengen ausgegeben und verteilt werden, um eine Notunterkunft aufzubauen.“