Boostedt. Bis Ende 2019 will das Land die Kapazität der Einrichtung in Boostedt bereits um knapp die Hälfte reduzieren

„Ich sage Ihnen zu: 2019 schließen wir die Einrichtung.“ Die Boostedter applaudierten, als Hans-Joachim Grote diesen Satz sagte. Doch Schleswig-Holsteins Innenminister ruderte zurück – er hatte sich bloß versprochen. Auf der Einwohnerversammlung in der Sigfried-Steffensen-Sporthalle informierte der CDU-Politiker etwa 500 Bürger über die Situation und die mittelfristige Zukunft der Flüchtlingsunterkunft in der ehemaligen Rantzau-Kaserne.

Die Veranstaltung folgte auf eine öffentliche Diskussion, die Boostedts Bürgermeister Hartmut König (CDU) vor einigen Wochen mit Äußerungen über Missstände rund um die Einrichtung ausgelöst hatte. Knapp 1200 Flüchtlinge seien zu viele für die 4600 Einwohner kleine Gemeinde. Zwei Drittel hiervon sollen keine Bleibeperspektive haben, die Menschen im Ort beklagen Kleinkriminalität und ein Gefühl der Unsicherheit auf den Straßen.

Grote sicherte zu: Ende 2019 soll die Kapazität auf 500 reduziert worden sein plus eines Notfallpuffers von maximal 200 Personen. „Zu dieser Zahl stehen wir auch“, sagte er. Ende 2024 würde der Standort dann komplett geschlossen. Vielen Boostedtern genügt das nicht, sie wollen eine schnellere Abwicklung. Bürgermeister König erneuerte seine Forderung nach einer Entlastung, er sprach sich für eine dritte Unterkunft in der Region neben der in seinem Dorf und einer weiteren in Neumünster aus.

Der Innenminister verteidigte die Bedeutung der Gemeinde Boostedt. „Es ist neben Neumünster der Standort in Schleswig-Holstein, der die Anforderungen am besten erfüllt.“ Ihm sei bewusst, was der Gemeinde zugemutet werde. „Ich will nichts beschönigen, nicht alles funktioniert so, wie wir es uns wünschen. Wir nehmen die Kritik ernst, können aber nur auf Hinweise reagieren.“

Pro Schicht sind bis zu sechs Polizeibeamte im Einsatz

Wiederholt äußerten Bürger Skepsis, ob es gelingen könne, binnen eines Jahres rund 700 Asylsuchende über Abschiebungen zurück in deren Heimatländer zu schicken. Staatssekretär Torsten Geerdts verwies auf beschleunigte Verfahren. Diese sollen durch zusätzliches Personal möglich werden. „So kriegen wir die Thematik in den Griff.“

Gerichtet an die Polizei, wurde der Vorwurf laut, Straftaten von Flüchtlingen würden nicht ausreichend verfolgt. Die nunmehr aufgestockte Wache in der Unterkunft verfügt über 23 Beamte, pro Schicht sind bis zu sechs im Einsatz. Von 2016 auf 2017 hat sich die Zahl der Straftaten in Boostedt von 173 auf 207 erhöht. 2014, also vor Betrieb der Unterkunft, waren es allerdings 223. Die Polizei bat die Menschen, bei jedem Vorkommnis umgehend die Nummer 110 zu wählen.

Hartmut König war nach eigenem Bekunden froh, dass die Versammlung „gesittet“ ablief. Aber: „Es war nichts wirklich Neues. Wir müssen damit leben.“ Zu seiner eigenen Rolle sagte er: „Ich fühle mich nicht als Politiker, ich bin Bürgermeister, ich bin abhängig von der großen Politik.“

Boostedts Gemeindevertretung befasst sich am Montag, 24. September (20 Uhr, Hof Lübbe), mit dem weiteren Vorgehen. Das Land hat einen „Letter of Intent“ (Willenserklärung) vorgeschlagen, in dem die künftige Struktur des Standortes fixiert würde. Alternativ könnten beide Seiten auch einen Vertrag abschließen, wenn das gewollt sei, sagte Hans-Joachim Grote.