Hamburg. Zum Start der Regionalliga Nord zeigen die Favoritinnen ihre Klasse in ungewöhnlicher Atmosphäre. Für Fragezeichen sorgt der Spielplan.
Ein Auswärtsspiel beim FC St. Pauli ist immer etwas Besonderes. Das trifft keineswegs nur auf die 2. Fußball-Bundesliga zu, wo Partien am Millerntor bei der Konkurrenz berüchtigt sind. Auch die Frauen des SV Henstedt-Ulzburg fuhren mit gewissem Respekt zu ihrem Regionalliga-Auftakt, der auf dem Hamburger Kiez stieg. Und das in direkter Nachbarschaft zum Hamburger Dom, der ein letztes Mal in diesem Sommer geöffnet hatte, dazu parallel zu den Cyclassics. Es war also sowieso eine Menge los in der Stadt.
Doch der SVHU fand den Weg zum Heiligengeistfeld. Dort tragen die Spielerinnen des FC St. Pauli ihre Heimbegegnungen aus. Anders als im DFB-Pokal, wo das Derby gegen den Hamburger SV im großen Stadion sein wird, ist der Rahmen in der dritthöchsten deutschen Liga bei den Frauen etwas kleiner – aber doch gewöhnungsbedürftig.
Regionalliga Nord: Kiez, Cannabisduft, drei Punkte – SVHU zieht FC St. Pauli den Stecker
„Es ist nicht ganz so einfach, hier zu spielen“, sagte Christian Jürss, Trainer des Meisterschaftsfavoriten, nach Abpfiff. Henstedt-Ulzburg hatte zwar das erwünschte Statement abgeliefert mit einem glatten 5:1 (2:0), man ist erster Spitzenreiter, doch das Team musste sich zeitweise strecken. „Gerade hier auf dem kleinen Kunstrasenplatz, der Belag ist steinhart, da fährt man nicht gerne hin. Und St. Pauli hat einige Fans hier, ein bisschen Stimmung ist da.“
200 Zuschauerinnen und Zuschauer waren vor Ort, eine vernünftige Kulisse also. Dass hier und da süßlicher Cannabis-Geruch in der Luft hing, passte zur Atmosphäre. Und da gibt es für Topteams nur einen Weg, ein wenig den Druck rauszunehmen. Nämlich, möglichst früh in Führung zu gehen, „um nicht in Probleme zu kommen“, so Jürss. Das wäre Indra Hahn, Torschützenkönigin der Vorsaison, beinahe nach ein paar Sekunden gelungen. Zehn Minuten später bewies die 22-Jährige dann ihre Qualität, sorgte für das 1:0. Endgültig wegweisend schien dann der Treffer von Jennifer Michel (34.) zu sein – wobei St. Paulis Julia Hechtenberg zuvor nur am Außenpfosten gescheitert war.
SV Henstedt-Ulzburg: „Wir hätten es früher klarmachen können“
Was sich schon vorige Woche beim DFB-Pokal gegen Borussia Bocholt – trotz des 7:0 – zeigte: Der SVHU braucht zu viele Chancen. „Wir hätten es früher klarmachen können. Das Spiel war nicht zu jedem Zeitpunkt so deutlich, wie es der endgültige Spielstand aussagt. Es war etwas anderes als im Pokal, wir hatten nicht die Diskrepanz bei der Gegnerstärke.“
Im Griff hatten die Gäste die Sache trotzdem. „Wir haben auch die Körperlichkeit, die St. Pauli anbieten kann, gut angenommen.“ Was von einem ehemaligen Zweitligisten, der wieder dorthin möchte, natürlich auch erwartet werden kann.
Dribbelstarker Neuzugang Michelle Hille verdient sich ein Sonderlob
Während Indra Hahn sogar noch einen Dreierpack schnürte („sie war zweikampfstark und sehr beweglich“) und Vera Homp als hängende Spitze zuarbeitete, verdiente sich auch Neuzugang Michelle Hille (von Concordia) ein Sonderlob. „Sie tut uns gut in der Offensive mit ihrem Eins-gegen-Eins. Chancen hatte sie für zwei Spiele.“ Ihr 3:0 zog St. Pauli allerdings den Stecker.
Im Tor vertraute Christian Jürss auf Anneke Klaas, nachdem die aus Jesteburg nach Henstedt-Ulzburg gewechselte Laura Jungblut am Wochenende zuvor den Vorzug bekommen hatte. „Anneke hat den Vorteil, dass sie unser Spiel besser kennt. Wir sind deutlich aktiver als Jesteburg.“
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Regionalliga: Jetzt geht es zu Hannover 96
Worauf der SV Henstedt-Ulzburg noch länger warten muss, ist das erste Ligaheimspiel. Denn auch die zweite Aufgabe findet am nächsten Sonntag auswärts statt. Es könnte zugleich das Kräftemessen mit dem vielleicht stärksten Kontrahenten werden. „Hannover 96 ist mit das Schwerste, das wir haben können.“ Das Heimrechttausch wurde hier getauscht, da die Niedersachsen tatsächlich jetzt schon wissen, dass es beim eigentlichen Termin im dortigen Nachwuchsleistungszentrum knapp sei mit den verfügbaren Plätzen.
Die dritte Begegnung führt den SVHU dann zu Werder Bremen II. Und auch sonst ist der Spielplan etwas merkwürdig. Es folgen zwei Spiele zu Hause, dann eines in der Fremde, wiederum drei im Beckersbergstadion, eines auswärts, vier auf eigenem Platz. „Etwas unausgewogen“, kommentiert Christian Jürss. Von den letzten acht Ligapartien sind dann nur tatsächlich nur zwei in Henstedt-Ulzburg. Für den anvisierten Titel könnte es also auf die Auswärtsstärke in der entscheidenden Phase ankommen – diese wurde zum Start bereits unter Beweis gestellt.