Tangstedt. Los geht’s am Sonnabend in Ahrensburg. Wie sich Dirk Ehling auf die Langstreckenfahrt von Hamburg über Berlin nach Köln vorbereitet.

Citius, altius, fortius. Schneller, höher, stärker – gemeinsam. So lautet das Motto der Olympischen Spiele. Dirk Ehling denkt indes in ganz anderen Kategorien, wenn er auf auf sein Rennrad steigt.

Seine Kriterien lauten: länger, strapaziöser, anspruchsvoller, herausfordernder. Deshalb wird der 51 Jahre alte Tangstedter am Sonnabend, 23. Juli, um 6 Uhr erstmals beim Deutschen Super-Brevet Hamburg-Berlin-Köln starten.

1527 Kilometer: Rennrad-Extremsportler startet zu Höllenritt

Die Langstreckenfahrt, die als Rundkurs konzipiert ist, in Ahrensburg beginnt und endet, führt über 1527 Kilometer, die – um in die Wertung zu kommen – innerhalb von 128 Stunden bewältigt werden müssen. „HBK“ findet im Rhythmus von vier Jahren statt, Ausrichter ist seit 2006 der Audax Club Schleswig-Holstein.

Mit tage- und nächtelangen Nonstop-Wettbewerben, also kurzen Schlafpausen, dem Kampf gegen den inneren Schweinehund, Müdigkeit und Muskelkrämpfe kennt sich Dirk Ehling bestens aus. Zusammen mit Roswitha Hofmann aus Passau nahm er am 2200 Kilometer langen
Race Around Austria teil, alleine dreimal am legendären Super-Brevet Paris-Brest-Paris (1230 Kilometer). 2023, bei der 20. Auflage, will er erneut dabeisein.

Dirk Ehlings Ziel ist eine Zeit unter 100 Stunden

Doch das ist Zukunftsmusik. Jetzt konzentriert er sich erst einmal voll auf seine Premiere bei Hamburg-Berlin-Köln. „Mein Ziel ist eine Zeit unter 100 Stunden. Das ist ambitioniert, aber machbar. Am 27. Juli möchte ich morgens in Ahrensburg frische Brötchen essen.“

Der Extremsportler ist stolz darauf, ein Randonneur, ein Vagabund der Landstraße, zu sein. „Wir sind eine große Familie, fahren zusammen, aber dennoch autark in flottem Tempo lange Strecken, helfen uns gegenseitig bei Pannen. Und greifen nicht gleich zum Handy, wenn es mal Probleme gibt, sondern arrangieren uns mit den Gegebenheiten vor Ort.“

Analog statt digital – technisch ist bei „HBK“ weniger mehr

Apropos Probleme: Rund ums Rad ist bei „HBK“ weniger mehr. Ehling verzichtet weitestgehend auf Hightech-Komponenten, Scheibenbremsen oder eine elek­tronische Schaltung sind tabu. Er verlässt sich auch nicht komplett auf das GPS-Gerät, in dem die zu fahrende Route abgespeichert ist. Stattdessen hat er – analog statt digital – stets eine Landkarte aus Papier am Mann.

Für den Fall, dass das GPS-Gerät he­rumzickt, nimmt Dirk Ehling eine Landkarte aus Papier mit auf die Monster-Tour.
Für den Fall, dass das GPS-Gerät he­rumzickt, nimmt Dirk Ehling eine Landkarte aus Papier mit auf die Monster-Tour. © Unbekannt | Frank Best

Umkehrpunkt ist Rösrath, ein Vorort der rheinischen Metropole. „Ich werde aber einen kleinen Umweg in Kauf nehmen und mich in den Stadtverkehr wagen, damit ich ein Erinnerungsfoto vom Kölner Dom machen kann“, sagt Dirk Ehling, „wenn ich schon mal in der Gegend bin...“

Radsport: 12.500 Höhenmeter sind zu bewältigen

Um topfit zu sein, hat er sich seit Februar intensiv auf seine bislang längste Individual-Tour eingestimmt. Eine der vielen Übungseinheiten führte ihn von Hamburg aus nach Braunlage in den Harz, zum Wurmberg – und wieder zurück. Zeitaufwand: 30 Stunden. Distanz: etwa 600 Kilometer mit knapp 5000 Höhenmetern. Bei „HBK“ sind es 12.500.

Zu Dirk Ehlings Vorbereitungsprogramm gehörte auch ein Abstecher zur ersten Etappe der 109. Tour de France. „Ich bin zu Hause um 6 Uhr losgefahren, nach 250 Kilometern in Sønderborg angekommen, habe mich dort unter die Zuschauer gemischt und die Volksfeststimmung genossen.“ Zurück aus Dänemark ging’s ausnahmsweise mal nicht mit dem Rad, sondern mit dem Zug.

Super-Brevet Hamburg-Berlin-Köln: 55 Männer und eine Frau nehmen teil

Als Generalprobe für Hamburg-Berlin Köln diente dem Einzelhandelskaufmann die achtstündige, 220 Kilometer lange Vorfahrt des Radmarathons „Holsteiner Wellenritt“, den der RSC Kattenberg, dessen Vorsitzender Ehling seit 2016 ist, am Sonntag, 31. Juli, veranstaltet.

Das Teilnehmerfeld bei „HBK“, das aus 55 Männern und der Hannoveranerin Evelyn Sachse besteht, wird nicht auf einer abgesperrten Strecke fahren. „Es gelten die Regeln der Straßenverkehrsordnung. Diese ist unbedingt zu beachten“, heißt es in der Ausschreibung.

Das Mitmachen kostet 250 Euro, zum Leistungsumfang gehören ein Veranstaltungs-T-Shirt, eine Nudelparty, das Frühstück vor dem Start, alle Getränke und Speisen an den Hauptkontrollpunkten, Dusch- und Waschmöglichkeiten sowie der Taschentransport ins Depot in Messinghausen.

Dirk Ehling: „Das ist ein ganz besonderer Service, den ich auf jeden Fall in Anspruch nehmen werde. Denn so kann ich unterwegs die Kleidung, insbesondere die Radhose, wechseln. Wenn sich deren Sitzpolster mit Schweiß vollgesaugt hat, besteht die Gefahr, dass man sich den Po durch Salzkristalle wund scheuert. Und das gilt es unbedingt zu vermeiden...“