Schwarzenbek. Betreiberin Martina Özel muss gesundheitsbedingt kürzertreten. Statt als Chefin eines Cafés arbeitet sie künftig in einem anderen Beruf.
- Das Café Alte Marktschule in Schwarzenbek schließt
- Über die Weihnachtsfeiertage ist noch geöffnet
- Betreiberin Martina Özel orientiert sich beruflich neu
Über die Weihnachtsfeiertage hat das beliebte Café „Alte Marktschule“ im Zentrum Schwarzenbeks noch geöffnet. Wenn Inhaberin Martina Özel aber am Freitag, 27. Dezember, um 17 Uhr die Tür des Hauses am Markt 4 abschließt, endet nicht nur ihr siebenjähriges Engagement in der Europastadt, sondern auch eine jahrzehntelange Selbstständigkeit in der Gastronomie.
Die 53-Jährige leidet an einer chronischen Erkrankung, muss kürzertreten. Doch mehr Personal einzustellen, sei ihr nicht gelungen: „Beim Einstellungsgespräch wurde mit ganz deutlich gesagt: Es gibt doch Bürgergeld.“ Özel ist eigentlich gelernte Kauffrau, war mit ihrem Mann Ismail jedoch seit Jahrzehnten in der Gastro-Szene tätig. Das Café im Zentrum der Europastadt war ihr Lebenstraum, ihr Kuchen- und Tortenbüfett, der Mittagstisch und vor allem das leckere Frühstück der Erfolgsgarant für den kleinen Betrieb im Stadtzentrum.
Schwarzenbek: Beliebtes Café am Markt schließt nach sieben Jahren
Trotzdem hat die Erfolgsgeschichte Schattenseiten. Kurz nach der Eröffnung und kostenintensiven Umbauten kam 2020 der Corona-Lockdown. „Besitzer Hans-Heino Meier kam ungefragt auf uns zu und hat uns die Pacht gesenkt. Das hat uns sehr geholfen.“ Als die Pandemie vorbei war, kam der Krieg in der Ukraine mit Energiekrise und steigender Inflation. Die höheren Kosten habe man nur zum Teil an die Kunden weitergeben, trotzdem blieben Gäste aus, auch weil in der Innenstadt Frequenzbringer fehlen. Dazu kam die Rückkehr zum alten Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent, der in der Coronazeit als Hilfe für die Branche auf sieben Prozent abgesenkt wurde. Beim Internetportal Google liegt das Café mit einem Bewertungsdurchschnitt von 4,4 von 5 Punkten weit oben, ist nicht nur beliebt bei Senioren, sondern auch bei Rad- und Motorradfahrern, die im Sommer dort gerne Station machen.
Auch interessant
- Öffentlicher Nahverkehr Schwarzenbek: „Seit Monaten hält bei uns kein Bus mehr“
- Sushi und mehr: Neues Restaurant bietet japanische Vielfalt in Geesthacht
- Herzogtum Lauenburg: Kreispräsidentin Anja Harloff überraschend gestorben
Seit dem Ende der Coronazeit habe sich jedoch das Verhalten von Teilen ihrer Gäste verändert. Es gebe Beschwerden über die Preise. „Wir bieten einen Voll-Service, servieren am Tisch. Niemand muss an den Tresen kommen, um sich einen Kaffee zu holen“, rechtfertigt sich Özel. Was die Inhaberin dann aber berichtet, klingt unglaublich: Ihre Toiletten würden mutwillig verstopft, es werde direkt auf den Fußboden uriniert. „Das geschieht offenbar immer dann, wenn diese Menschen ihren Willen nicht bekommen“, mutmaßt sie. Zwei Gäste haben im Café mittlerweile Hausverbot: „Es ist etwas anderes, wenn jemand ein Malheur passiert. Aber es ist nicht meine Aufgabe, Blasenkatheter oder volle Erwachsenenwindeln, die auf dem Fußboden liegen, wegzuräumen“, klagt die Café-Inhaberin.
Chefin arbeitet künftig als Verkäuferin in einer Bäckerei
Bauunternehmer Hans-Heino Meier hatte das Gebäude mit Café, Büros, Praxen und Wohnungen im Jahr 2007 eröffnet. Der Schwarzenbeker hatte drei Jahre zuvor die marode ehemalige Marktschule, die aus dem Jahr 1827 stammte, gekauft und abgerissen. 2007 eröffnete Timo Vokuhl hier das erste nach der Schule benannte Café, das danach mehrfach den Besitzer wechselte. Als vierte Betreiberin führt Martina Özel mit ihrem fünfköpfigen Team das Café seit knapp sieben Jahren. Die gelernte Einzelhandelskauffrau machte sogar ihren Ausbilderschein bei der IHK zu Lübeck (Industrie- und Handelskammer), um einen Mitarbeiter ausbilden zu können.
Auch für die Mitglieder ihres Teams hat sie gesorgt: Bis auf eine Mitarbeiterin, die einen neuen Vertrag noch nicht unterschrieben hat, haben alle neue Jobs gefunden. Das gilt auch für die mehrfache Großmutter, die jetzt mehr Zeit für ihre Enkel hat: „Das Kapitel Selbstständigkeit ist für mich vorbei. Ich fange am 2. Januar als Verkäuferin mit geregelten Arbeitszeiten in einer Bäckereifiliale an“, sagt Özel. Ehemann Ismail hingegen bleibt zu Hause – er ist jetzt Rentner. „Wir haben Taufen und Konfirmationen, Geburtstage und Trauerfeiern ausgerichtet. Das waren zum großen Teil erfolgreiche und schöne Jahre. Um diese Kunden tut es mir leid. Auf Corona und was danach kam, hätte ich allerdings gerne verzichtet“, so Özels Fazit.
Auch an Heiligabend und den Feiertagen geöffnet
Am 27. Dezember ist das Café von 9 bis 17 Uhr geöffnet, am Heiligabend von 8.30 Uhr bis 13 Uhr, am ersten Weihnachtsfeiertag von 9 bis 14 und am zweiten Feiertag von 9 bis 15 Uhr. „Danach brauchen wir alle eine kurze Pause, um runterzukommen“, so Özil. Klar ist: Auch wenn das aktuelle Team des Cafés aufgibt, soll es weiterhin eine Gastronomie am Markt geben.