Lütau. Philipp Hawranek ist gelernter Winzer, Ehefrau Isabel ist mit Säften groß geworden. Gemeinsam haben sie neue Ideen realisiert.
Bisher ist die Lütauer Süßmosterei für ihre Säfte und Schorlen bekannt. Insbesondere die Rhabarberschorle ist, weil nicht so süß, in vielen Restaurants der Region als Alternative zu Limonaden erhältlich. Jetzt wird das Angebot um die „schroffen Schorlen“ erweitert: Mischgetränke mit schwarzer Johannisbeere und Pink Grapefruit. Dazu gibt es erstmals ein alkoholisches Angebot: den „Glühtauer“, ein Glühwein auf Basis von Bio-Äpfeln und -Kirschen.
Glühweine werden normalerweise auf Basis von Wein hergestellt. „Wir wollten aber ein regionales Produkt anbieten, dass dazu noch bio ist“, sagt Firmenchefin Isabel Hawranek. Ehemann Philipp ist als gelernter Winzer jetzt in das Familienunternehmen Velke eingestiegen. Unter seiner Leitung wurde aus Äpfeln und Kirschen ein Fruchtwein produziert und mit zahlreichen Gewürzen abgeschmeckt und nur verhalten gesüßt ist. Mit einem Alkoholgehalt von sieben Prozent sorgt der „Glühtauer“ – der Name ist eine Erfindung des Ehepaares – nach dem Genuss auch nicht für einen „dicken Kopf“. Glühweine auf Traubenbasis müssten mindestens 7,5 Prozent Alkohol enthalten, oftmals sind es sogar zehn Prozent und mehr, wenn das Heißgetränk auch noch mit „Schuss“ serviert wird.
Lütauer Süßmosterei erweitert Angebot mit Glühwein aus Bio-Obst
Kennengelernt hatte sich das Ehepaar auf der staatlichen Hochschule im hessischen Geisenheim, gelegen zwischen Weinbergen und dem Rhein. Philipp Hawranek hat dort den Beruf des Winzers erlernt, seine Ehefrau Getränketechnologie studiert. Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 1911 von Rudolf Velke senior.
Der Urgroßvater der heutigen Chefin presste jedoch keinen Saft, sondern verarbeitete in seiner Meierei die Milch der Bauern aus dem Umland. Dessen Sohn Rudolf Velke junior stellte den Betrieb im Jahr 1955 auf eine Süßmosterei um. Als er einen Nachfolger suchte, sperrte sich jedoch Sohn Bernd: Er ging nach Hamburg und machte eine Fotografenlehre.
Unternehmen wird von der vierten Velke-Generation geleitet
Dass er 1984 zurückkam, die Firma übernahm und ihr den Namen „Lütauer Süßmosterei“ gab, lag an seinem langjährigen Geschäftspartner Axel Otolski. Der hatte in den 1980er-Jahren keine Lust mehr auf sein Psychologiestudium, genauso wie Velke sein Fotografendasein nicht mehr wirklich schmeckte.
„Wir haben damals beschlossen, mal eine Apfelsaison mitzumachen“, erinnert sich Bernd Velke. Daraus wurden 38 Jahre: Vor zwei Jahren übergaben beide, mittlerweile im Rentenalter, die Geschicke der Firma an die vierte Velke-Generation.
Mosterei tauscht Äpfel gegen Saft
Und die produziert neben 40 verschiedenen Säften und Schorlen jetzt auch einen Glühwein. Große Umbauten waren nicht notwendig, sagt die Firmenchefin: „Das Vergären ist überhaupt kein Problem. Das geht auch in unserer Anlage.“ Die größere Herausforderung einer jeden Süßmosterei sei, das Gären der Früchte während der Saftherstellung zu verhindern.
Allein 1600 Tonnen Äpfel werden in der Mosterei (Am Katthof 4) jedes Jahr gewaschen, gepresst und zu Saft oder Schorle verarbeitet. Die Äpfel stammen zumeist von Obstbauern aus dem Alten Land, doch auch private Anlieferungen sind möglich.
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Keine gute Apfelernte in diesem Jahr
Noch bis zum 5. November werden Äpfel aus privaten Gärten angenommen und zu einem speziellen Streuobstwiesen-Apfelsaft verarbeitet. „In guten Apfeljahren liegt der Anteil der Streuobstwiesenfrüchte bei 30 Prozent“, sagt Isabel Hawranek.
In diesem Jahr sind es allerdings nur zehn Prozent: Seit dem 2. September wurden 150 Tonnen Äpfel aus Gärten und Wiesen angeliefert. Pro 50 Kilogramm Äpfel erhalten die Anlieferer neun Flaschen Apfelsaft im Tausch. Aber auch Kombinationen mit mehr Flaschen und anderen Sorten sind mit einer Zuzahlung möglich.
„Schroffe Schorlen“ – viel Geschmack und wenig Zucker
„Auf einer Streuobstwiese wechseln sich die Apfeljahre ab“, sagt Philipp Hawranek. Auf Jahre mit reichem Ertrag folgen dann auch solche mit mäßigem Ergebnis. „Dafür sind die Äpfel resistenter gegen Witterungseinflüsse“, so Hawranek. Weil 2024 auch für die Obstbauern kein gutes Jahr war, steigen erstmals seit vielen Jahren die Preise:
Der naturtrübe Apfelsaft etwa kostet dann ab dem 1. November 1,10 Euro pro Flasche statt 95 Cent. Weil auch die Rhabarber-Ernte nicht reichlich ausfiel, hat sich das Ehepaar zwei Alternativen zur beliebten Rhabarberschorle ausgedacht: Unter dem Namen „schroffe Schorle“ gibt es jetzt eine Johannisbeerschorle aus schwarzen Früchten und eine Pink-Grapefruit-Schorle.
Saft für Johannisbeerschorle kommt aus Süddeutschland
„Auch das ist eine Idee meines Mannes“, sagt Isabel Hawranek. In Süddeutschland, Ehemann Philipp kommt aus Nürnberg, seien Schorlen mit Johannisbeeren sehr beliebt. „Weil Johannisbeeren im Norden schwer zu finden sind, benutzen wir Saft aus Süddeutschland“, erläutert die Firmenchefin.
Bei der Pampelmusen-Variante werde ebenfalls der Saft extern eingekauft. Während nämlich die Süßmosterei ohne Probleme auch Fruchtwein herstellen kann, ist dies bei Zitrusfrüchten nicht möglich. Hawranek: „Die Schalen enthalten einen hohen Anteil ätherischer Öle, die beim Pressen austreten und den Saft bitter schmecken lassen würden.