Schwarzenbek. Seit 20 Jahren versorgt die DRK-Einrichtung Menschen mit Lebensmitteln. Jetzt gibt es ein besonderes Angebot für junge Leute.
Hunger – ist das nicht eher ein Problem in sogenannten Dritte-Welt-Ländern? „Keinesfalls“, sagt Silvia Knaak, stellvertretende Leiterin der Schwarzenbeker Tafel: „Es gibt auch in der Europastadt Kinder, die Hunger leiden.“ Das habe sowohl mit den gestiegenen Preisen für Lebensmittel zu tun, als auch mit Eltern, die nicht in der Lage sind, sich adäquat um ihre Kinder zu kümmern.
Eine Herzensangelegenheit ist deshalb für Knaak und Tafel-Leiter Martin Lenz die Gründung eine Kinder- und Jugendtafel. Anders als bei den erwachsenen Kunden sollen diese in den Tafelräumen am DRK-Güterbahnhof (Am Bahnhof) keine Lebensmittel einkaufen können, sondern zweimal pro Woche eine warme Mahlzeit samt Hausaufgabenbetreuung erhalten. Ein weiteres Angebot richtet sich neben Kindern und Jugendlichen auch an Erwachsene und Senioren: Immer freitags soll es eine Suppenküche geben.
Mittagstisch für Kinder soll kommendes Jahr starten
Dafür sollen zwei Raummodule neben dem eigentlichen Tafel-Gebäude aufgestellt werden. Inklusive Miete, Strom und Heizung kosten die beiden Container rund 12.000 Euro im Jahr. Geld, das von Spendern und Sponsoren sowie durch Fördermittel des Landes aufgebracht werden soll. Hinzu kommen die Kosten für den Mittagstisch. Der kann nicht aus den der Tafel gespendeten Lebensmitteln zubereitet werden, sondern muss extra eingekauft werden.
Offen ist noch, ob die Menüs von einem Caterer kommen oder in einer der Lernküchen der Europastadt gekocht werden können. Bereits Anfang kommenden Jahres soll das Angebot starten. Maximal 16 Plätze könne man in den Modulräumen dafür anbieten, so Knaak.
Mehr aus der Region
- Gewalttat? Schwerverletzer Mann stellt Polizei in Geesthacht vor Rätsel
- Feuerwehr Lauenburg: Schiff in Lauenburger Marina ausgebrannt –100.000 Euro Schaden
- Krankenhaus Geesthacht: Petition zur Rettung der Geburtshilfestation
Zwar gibt es einen Mittagstisch in Schulen und Kitas, der für bedürftige Familien sogar kostenfrei ist. Sie reichen einen entsprechenden Gutschein des Bildungs- und Teilhabepakets beim jeweiligen Anbieter ein. Die Kinder „bezahlen“ ihr Essen dann einheitlich per Chipkarte – egal ob das Kartenkonto von den Eltern oder vom Amt aufgeladen wurde. „Das funktioniert diskriminierungsfrei“, sagt Knaak. Trotzdem weiß sie von Eltern, die sich schämen, den Antrag zu stellen. Besonders Eltern mit Migrationshintergrund würden zudem das System nicht verstehen.
„Wer jeden Cent umdrehen muss, hat keine 20 Euro übrig“
An zwei Tagen, jeweils von 12 bis 14 Uhr, soll es das Angebot geben, das neben dem Mittagstische eine Hausaufgabenbetreuung durch ehrenamtliche Helfer vorsieht. Die gibt es auch in den Angeboten der Offenen Ganztagsschulen der Europastadt, doch anders als beim Mittagstisch ist dieses Angebot nicht kostenfrei. „Eltern können dafür die 15 Euro für soziale Teilhabe aus dem Bildungs- und Teilhabepaket nutzen“, sagt Julia Dieckmann, Leiterin der OGS Sonnenhus an der Grund- und Gemeinschaftsschule.
Weitere 15 Euro kämen von der Stadt, sodass für die Eltern nur noch ein Restbetrag von 20 Euro pro Monat bleibe, so Dieckmann. „Wer jeden Cent umdrehen muss, hat keine 20 Euro übrig“, rechtfertigt Knaak das Tafelangebot. Neu ist es nicht: In Lüneburg und Neumünster gibt es bereits Kinder- und Jugendtafeln.
Mit einem Container fing vor 20 Jahren alles an: Neben dem DRK-Zentrum an der Bismarckstraße wurden im September 2004 erstmals Lebensmittel verteilt. Mittlerweile versorgt die Schwarzenbeker Tafel, die zum DRK-Ortsverein gehört, 330 Menschen mit Lebensmitteln – Tendenz steigend.
Seit Kurzem können sich nach einem Hinweis aus der Stadtverwaltung auch Menschen ohne Wohnsitz bei der Tafel mit Lebensmitteln eindecken. „Dabei handelt es sich um Menschen, die in den Notunterkünften der Stadt leben“, sagt Knaak. Hinzu kommen Sonderlösungen, etwa für die Bewohnerinnen des Frauenhauses.
Aufnahmestopp, weil Lebensmittel knapp sind
Ein Einkauf bei der Tafel kostet drei Euro pro Person, Kinder und Jugendliche zahlen nichts. Knaak: „Eine alleinerziehende Mutter mit drei Kindern zahlt für ihren Wocheneinkauf bei uns also drei Euro.“ Aufgrund der momentanen Lebensmittelknappheit kann jeder Kunde derzeit nur einmal pro Woche einkaufen – entweder dienstags oder freitags. Neukunden werden aktuell nicht aufgenommen.
„Wir sind am Limit“, sagt Lenz. Eigentlich sei man sogar schon bei 110 Prozent. Die Ausgabe funktioniere nur, weil nicht zu jedem Abholtermin alle Berechtigten kommen, sonst würden die Lebensmittel nicht ausreichen.
Geldspenden dürfen nicht für den Lebensmitteleinkauf verwendet werden
Das Problem ist hausgemacht: Laut Satzung des Bundesverbandes der Tafeln dürfen Geldspenden nicht für den Lebensmitteleinkauf verwendet werden. Sie dienen dazu, ebenso wie der symbolische Einkaufspreis von drei Euro, die laufenden Kosten mit Kühlräumen, Fahrzeugen und Heizung zu bezahlen.
Verteilt werden ausschließlich gespendete Lebensmittel, weshalb sich die Helfer besonders auch über private Lebensmittelspenden etwa bei der Aktion „Eins mehr!“ freuen. Knaak: „Wir könnten aus dem Stand heraus doppelt so viele Menschen versorgen, wenn wir genügend Lebensmittel hätten.“