Lauenburg. Auch die Baustelle kann Eltern nicht hindern, ihre Kinder fast bis in den Klassenraum zu fahren. Ein Vater hat den Vogel abgeschossen.
Die Stadt hat alles Mögliche versucht und auch die Polizei ist hier oft im Einsatz – doch gegen die Elterntaxis vor der Weingartenschule scheint kein Kraut gewachsen. Selbst die Baustelle und die damit verbundene Straßensperre hindern sie nicht daran, ihre Sprösslinge fast bis in den Klassenraum zu fahren. Am Dienstagmorgen (24. September) haben die Streitschlichter der Schule gezeigt, dass sie so richtig sauer sind über Autofahrer, die in der Umgebung der Schule zweimal am Tag ein Verkehrschaos verursachen.
Gemeinsam mit der Lauenburger Polizei verteilten die Kinder Zitronen an Eltern, die meinten, dass die Verkehrsregeln in diesem Bereich für sie nicht gelten. Bei der Aktion reichten die Grundschüler 60 saure Früchte durchs Autofenster und die Polizei schob noch einige gebührenpflichtige Verwarnungen hinterher. Organisiert wurde die Aktion vom Förderverein der Schule und von Schulsozialarbeiter Chrisitian Knaak.
Saures für Elterntaxis – temporärer Zebrastreifen soll Schulweg sicherer machen
Derzeit ist der Bereich vor der Weingartenschule eine große Baustelle. In Vorbereitung des Umbaus der Schule machen Bagger gerade die ehemalige Stadtbücherei platt, der Abriss des benachbarten Wohnblocks erfolgt gleich danach. Aus diesem Grund ist der Bereich vor der Grundschule für den Kfz-Verkehr weiträumig gesperrt. Das bereitet vielen Familien Sorgen. Schließlich gibt es rund um die Schule einige viel befahrene Straßen.
Darauf hat die Stadt aber schon im Vorfeld der Maßnahme reagiert: Die Kinder können über den temporären Zebrastreifen am Schüsselteich die Straße überqueren. Der Fußgängerüberweg soll während der gesamten Bauzeit den Schulweg sicher machen. Schon vor drei Jahren wurde der Einmündungsbereich der Straße Reeperbahn und Am Weingarten als sogenannter Kiss-and-ride-Bereich umgebaut. Hier können die Eltern ihr Sprösslinge gefahrlos aussteigen und nach dem Unterricht wieder einsteigen lassen.
Kind saß nicht angeschnallt auf Beifahrersitz und löffelte Müsli
Doch ob aus Bequemlichkeit, Sorge oder Zeitnot: Viele Grundschulkinder werden noch immer bis möglichst nahe an die Schule kutschiert „Einige Eltern fahren in die Straße am Weingarten rein und rückwärts wieder raus“, hat Lauenburgs Polizeichef Daniel Stephan beobachtet. Klar, dass sich diese Autofahrer eine Zitrone aus den Händen der Kinder verdient hatten. Auch gefährliche Wendemanöver auf dem kleinen Parkplatz beim Juwelier Siemon gehen auf das Konto überbesorgter Eltern.
Den Vogel aber hat ein Vater abgeschossen, der der Polizei bei der Aktion ins Netz ging. „Sein kleiner Sohn saß nicht angeschnallt neben dem Fahrer, aber ohne Kindersitz. Die Krönung war, der Kleine hatte eine Schale Müsli in der Hand, die er während der Fahrt auslöffelte“, berichtet der Polizeichef.
Umbau Weingartenschule: Keine Parkplätze mehr vor dem Gebäude
Wie die meisten erwischten Verkehrssünder zeigte sich auch dieser Vater einsichtig. Schwer zu sagen, was mehr Eindruck machte: die Zitrone aus den Händen der Kinder oder die kostenpflichtige Verwarnung durch die Polizei.
Bei dem bevorstehenden Umbau der Schule haben die Planer auch die Verkehrssituation im Blick. Die Parkplätze vor der Schule entfallen. Stattdessen soll es vor dem alten Gebäudetrakt einen großen Vorplatz geben, auf dem die Kinder sich vor dem Unterricht mit ihren Mitschülern treffen, ganz ohne von den Eltern bis dorthin gebracht zu werden.
Selbstständig zur Schule – dafür gibts einen Stempel
Esther Stephan vom Schulverein hofft, dass die Aktion, selbstständig zur Schule zu kommen, der Kinder eine nachhaltige Wirkung zeigt. Dies hätte nicht nur einen Sicherheitsaspekt. „Kinder, die zumindest das letzte Stück allein zur Schule gehen, lernen, mehr Eigenverantwortung zu übernehmen“, hat sie die Erfahrung gemacht. Psychologen der schwedischen Universität Karlstad haben nachgewiesen, dass das Elterntaxi Kindern sogar schaden kann. Sie verlieren die Chance, auf dem Schulweg die Umgebung zu erkunden und sich mit anderen Kindern auszutauschen.
Ginge es nur nach den Kindern, würden die meisten von ihnen wahrscheinlich gern allein zum Unterricht kommen. Die Schule hat sich nämlich was einfallen lassen, um den Ehrgeiz der Sechs- bis Elfjährigen zu wecken: In sogenannten Schulwegtagebüchern können sich die Kinder abstempeln lassen, wie sie zur Schule gekommen sind. Für den Weg zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Bus gibt es einen hochgestreckten Daumen. Nicht so toll ist es, mit dem Auto zur Schule gefahren zu werden. Die Klasse mit den meisten selbstständigen Kindern erhält den Wanderpokal der Weingartenschule.
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Digitaler Schulwegcheck gibt Eltern mehr Sicherheit
Doch bei vielen Eltern ist die Unsicherheit groß: Wie weit bringe ich das Kind und ab wann kann es den Weg ganz allein bewältigen? Eine gute Orientierungshilfe gibt das Onlineportal www.schulwegcheck.de. Die Elterninitiative hat es sich zur Aufgabe gemacht, Familien mit hilfreichen Tipps auf diesen wichtigen Schritt vorzubereiten.
Auch die Kommunen werden in die Pflicht genommen. In einigen Bundesländern sind Schulwegpläne für Grundschulen sogar Pflicht. Dieser sollte den sichersten, nicht unbedingt kürzesten, Fußweg zur Schule zeigen.