Schwarzenbek/Lauenburg. Rainer D. soll in Lauenburg das Schwein mit 17 Euro gestohlen haben. Zu einem Prozess ist der Angeklagte gesundheitlich nicht fähig.

Schon bevor Rainer D. (Name geändert) in Saal 1 des Schwarzenbeker Amtsgerichts Platz nimmt, ist er in den Gängen zu hören. „Passt bloß auf, dass ich nicht wieder Unsinn mache“, sagt er zu den Justizbeamten. Was man als Drohung interpretieren kann, klingt bei dem 57-Jährigen eher beiläufig. Und auch der Tatvorwurf des räuberischen Diebstahls lässt Schlimmes vermuten, bleibt letztlich aber ungesühnt.

Im Mai 2023 soll Rainer D. in ein Deko-Geschäft in Lauenburg an der Elbe gegangen sein. Dort habe er einen Versandschein ausgefüllt, um von seinem eigentlichen Vorhaben abzulenken, verliest der Staatsanwalt, während Rainer D. vor sich hinmurmelt. „Dann hat er“, der Staatsanwalt unterbricht für ein kurzes Lachen, „ein rosarotes Sparschwein mit 17 Euro geklaut und ist geflüchtet.“ Der Inhaberin habe er damit eine Kopfnuss verpasst. Sie trug ein Hämatom davon.

Angeklagter gilt als langzeitschizophren

Anschließend soll ein Zeuge den Angeklagten verfolgt und ihn aufgefordert haben, das Sparschwein zurückzugeben. Doch Rainer D. weigert sich und sagt: „Nein! Ich brauch’ das Geld.“ Schließlich schlug er mit dem Diebesgut nach Emre U. und beleidigte ihn rassistisch.

Wer Rainer D. im Gerichtssaal beobachtet, merkt schnell, dass er in seiner eigenen Welt lebt. Zumindest phasenweise. Auf manche Fragen des Richters antwortet der Angeklagte schlüssig, auf andere komplett ohne Zusammenhang. Der psychiatrische Gutachter Dr. Frank M. Wegener attestiert ihm, langzeitschizophren zu sein. „Man bekommt mitunter komplett widersinnige Antworten“, sagt der Arzt. Doch eigentlich müsse Rainer D. die Situation im Gericht verstehen und auch verhandlungsfähig sein.

Keine angemessene medizinische Begleitung

Bevor es um die Tat geht, soll Rainer D. noch von seinem Leben berichten. „Ich bin schon seit meiner Kindheit krank. Aber ich komme damit klar“, sagt er. Er berichtet von der Sonderschule, anschließend von einem Latein-, Philosophie- und Erdkunde-Studium in Hannover und Heidelberg. Was wirklich stimmt oder ob beides der Wahrheit entspricht, ist kaum zu sagen. Ob er nach dem Studium gearbeitet hat, möchte der Richter von Rainer D. wissen. Auch darauf antwortet er inhaltlich nicht. „Ich bin immer zu meiner Tante und hab da mit Leuten geschnackt. Auf der Hude in Lüneburg hab ich zu tun“, sagt er.

Noch bevor es um die eigentliche Tat geht, bemerkt der Gutachter, dass sich der Zustand von Rainer D. seit der letzten Begutachtung während der Zeit in der JVA deutlich verschlechtert habe. Dort gebe es schließlich kaum medizinische Begleitung.

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Richter und Staatsanwaltschaft entscheiden, das Verfahren einzustellen, da Rainer D. chronisch nicht verhandlungsfähig sei. Sobald er die grüne JVA-Kleidung gegen seine eigene Kleidung eingetauscht hat, ist er ein freier Mann. Für ihn hat der Prozess noch was Gutes: Nach langer Zeit im Gefängnis trifft er seinen gesetzlichen Betreuer wieder. „Darüber freue ich mich sehr“, sagt er.