Lauenburg. Ein Kasten an das alte Gebäude der Grundschule? Das gefällt nicht jedem Anwohner. Die Architekten erklären ihr Vorhaben.
Fragt man alteingesessene Lauenburger, kann fast jeder Geschichten aus der Weingartenschule erzählen. Generationen von Schülern der Schifferstadt lernten hier Lesen und Schreiben – und das schon seit 1881. Heute ist das Schulgebäude längst nicht mehr zeitgemäß. Es gibt zu wenig Klassenräume, die noch dazu viel zu klein sind. 500 Kinder drücken hier die Schulbank, in den nächsten Jahren wächst die Schülerzahl laut einer Sozialraumanalyse auf 650 an. Im Oktober 2018 beschloss die Politik deshalb einen Masterplan für die einzige Grundschule der Stadt.
Am Montagabend stellte Architekt Michael Ruffing vor dem Bau- und Planungsausschuss den aktuellen Arbeitsstand der Planung vor. Die Herausforderung: Nicht nur durch den geplanten Anbau die Fläche zu erweitern, sondern auch das alte Schulgebäude in die großzügige Konzeption einzubinden.
Weingartenschule Lauenburg: Großzügiger Eingangsbereich als zentrales Forum mit Mensa
Für den Neubautrakt wird das heutige Büchereigebäude abgerissen. Außerdem hat die Stadt das angrenzende Wohnhaus gekauft, das ebenfalls weichen muss. „Wir wollen durch einen zentralen Eingangsbereich eine geordnete Verbindung zwischen dem Neubau und den Altbau zu schaffen“, erläuterte der Architekt.
Erhalten wollen die Planer den großen Schulhof, der gestalterisch aufgewertet wird. Hier wird es künftig einen ruhigen Pausenbereich für Kinder geben, die besonders betreut werden müssen. Auch die Streitschlichter der Schule finden hier einen Rückzugsort. Die Sporthalle soll in der heutigen Form erhalten bleiben. Im Erdgeschoss des Neubautraktes werden die Fachkabinette angeordnet. Hier sind ein Werkraum, eine Lehrküche, ein Raum für Textilgestaltung sowie ein Sprachlabor vorgesehen.
Heizen mit Holzpellets und Strom aus Sonnenenergie
Im Bestandsgebäude heißt das Prinzip: Vom geschlossenen Klassenzimmer zum offenen Lernbereich. Derzeit gibt es pro Etage sechs Klassenräume, die jeweils von einem Mittelflur ausgehen. Nach der Umgestaltung werden vier Klassenräume um einen großen Innenbereich geordnet, der in die Lernlandschaft einbezogen wird. Transparente Wände schaffen die optische Verbindung. In den jeweiligen Etagen werden die gleichen Jahrgangsstufen zusammengeführt.
Worauf es den Architekten bei der Umgestaltung der Schule besonders ankommt, ist eine günstige Energiebilanz. „Das alte Blockheizkraftwerk hat ausgedient. Wir ersetzen es durch eine Holzpelletheizung“, kündigte der Architekt an. Der Strom für den Bedarf der Schule soll über eine Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach des Neubautraktes erzeugt werden.
Diskussion über Dachform und Optik des Neubautraktes
Als vor mehr als 140 Jahren die Schule gebaut wurde, waren rote Ziegel gebräuchlich und die Dächer liefen nach oben gewöhnlich spitz zu. Das geht beim Neubau nicht. Sonnenkollektoren sollen auf dem Flachdach angeordnet werden. Überhaupt ist der kastenförmige Neubautrakt ein krasser Gegensatz zum
alten Schulgebäude. Das gefiel während der Ausschusssitzung nicht jedem. „Wir müssen bedenken, dass in der Straße Weingarten Villenbebauung vorherrscht. Ich kann mit nicht vorstellen, dass diese Bebauung den Anwohnern gefällt“, gab Niclas Fischer (LWG) zu bedenken. Ruffing bat um Geduld. „Wir sind ja noch ganz am Anfang der Planung. Die Fassade des Neubaus wird durch teilweise Holzverkleidungen strukturiert. Der Eindruck eines Kastens wird dann nicht mehr gegeben sein“, sagte er.
Ein Satteldach sei angedacht, aber wieder verworfen worden. „Wir haben in der Höhe der Etagen keinen Spielraum und ohne Flachdach würde das neue Gebäude höher werden, als das alte. Das wollten wir verhindern“, erklärte der Architekt. Außerdem sei es aus seiner Sicht gut, das alte Schulgebäude optisch in den Fokus zu setzen.
Große Freifläche zum Empfang der Schulkinder
Aufgrund der Struktur der Straße kann der Neubautrakt nicht in einer Flucht zum Bestandsgebäude errichtet werden. Die Planer haben aber aus der Not eine Tugend gemacht. Durch den vorgesetzten Neubau entsteht vor der alten Schule eine Freifläche. Auf diesem Platz treffen sich die Kinder später vor dem Unterricht mit ihren Mitschülern. Damit auch Kinder im Rollstuhl von hier den Eingangsbereich erreichen können, haben die Planer eine Rampe vorgesehen. „Das bitte ich zu überdenken. Wenn der gesamte Platz angeschrägt würde, müssten diese Kinder nicht extra separiert werden“, regte Behindertenbeauftragter Siegfried Betge an.
Neubau und Umbauarbeiten im laufenden Schulbetrieb geplant
Was den Umbau besonders schwierig macht: Alle Arbeiten werden im laufenden Schulbetrieb realisiert. „Wir werden mehrere Bauphasen haben“, kündigte Ruffing an.
Und auch sonst dürfte bis zur Fertigstellung der Schule noch einige Zeit ins Land gehen. Zunächst muss nämlich das neue Medienzentrum fertig sein, in das die Bücherei ziehen soll. Die Stadt Lauenburg rechnet mit Spätsommer 2023. Erst danach kann das Mammutprojekt Weingartenschule in Angriff genommen werden.