Geesthacht. Die Larven des Blutbären sollen bei der Eindämmung des Jakobkreuzkrauts auf der Schleuseninsel in Geesthacht helfen.

Auf einen Schlag hat die Stadt Geesthacht rund 100 Mitarbeiter mehr. Und das Beste: Sie haben nur einmalig 650 Euro gekostet. Das Einsatzgebiet der Jakobskrautbären ist die Schleuseninsel. Ihre einzige Aufgabe: das für Weidetiere giftige Jakobskreuzkraut, das gerade in sattem Gelb auf Feldern, Wiesen und Straßenrändern überall blüht, zu bekämpfen.

Die Raupe kriecht gelb-schwarz daher. Die Farben dienen der Abschreckung. „Ich bin ungenießbar“, will sie ihren Fressfeinden sagen – bevor diese zuschnappen. Wenn die Larven sich zum Nachtfalter entwickeln, sind sie leuchtend rot und schwarz gefärbt. Daher stammt auch ihr anderer Name: Blutbär.

„Wir haben drei Kartons mit Raupen auf der Schleuseninsel ausgesetzt“, erklärt Ulrike Stüber vom Fachdienst Umwelt. Denn die Leibspeise des geringelten Baby-Blutbärs ist das Jakobskreuzkraut, das sich nur sehr mühsam zurückdrängen lässt.

Andere Versuche gegen das Jakobskreuzkraut sind gescheitert

Drei Kartons mit Raupen werden auf der Schleuseninsel ausgesetzt.
Drei Kartons mit Raupen werden auf der Schleuseninsel ausgesetzt. © picture alliance / blickwinkel/fotototo | fotototo

Andere Versuche, das Jakobskreuzkraut in dem unter Schutz stehenden Gebiet langfristig zurückzudrängen, sind gescheitert. „Für Landwirte ist die Pflanze ein Problem. Die Inhaltsstoffe reichern sich bei Rindern und Pferden in der Leber an und können zum Tod führen“, sagt Stüber. Falter und Raupen werden durch dieses Gift als potenzielle Beutetiere ungenießbar.

So lange ausreichend andere Futterpflanzen vorhanden sind, meiden Weidetiere die Pflanze wegen ihrer Bitterstoffe. Erst wenn das Jakobskreuzkraut trocknet und ins Heu gerät, können es die Tiere nicht mehr erkennen.

Die 100 Raupen haben 650 Euro gekostet

Auf der Schleuseninsel hat die vereinnahmte Fläche stark zugenommen. Nachdem vor Ort keine Blutbären gesichtet worden waren, hat sich Ulrike Stüber in Bad Segeberg bei Andreas Frahm, der inzwischen bundesweit angefragt wird und in Sachen Jakobskreuzkraut berät, Raupen besorgt – Gesamtkosten 650 Euro.

Der natürliche Gegenspieler des Jakobskreuzkrautes frisst nicht nur die Blätter, sondern auch die Blüten und hindert die Pflanze so daran, ihre Samen zu verteilen. Etwa bis August kann diese „Schlemmerei“ andauern. Dann verpuppen sich die Raupen in Bodennähe zum Überwintern. Ab Mai nächsten Jahres schlüpfen die ersten Falter. Deren Weibchen kleben wiederum ihre Eier auf die Unterseite des Jakobskreuzkrautes. Aus den Eiern schlüpfen erneut Raupen.

Die Pflanze wird niemals ganz verschwinden

Seiner leuchtenden Farbe verdankt der Blutbär seinen Namen.
Seiner leuchtenden Farbe verdankt der Blutbär seinen Namen. © picture alliance / imageBROKER | Frank Paul Fietz

„Diese neuen Raupen werden wir einsammeln und neu verteilen, damit der Schmetterling seine Eier dann auch wieder in Bereichen ablegt, die er bis dahin nicht aufgesucht hat. So hoffen wir, das Jakobskreuzkraut in immer mehr Bereichen eindämmen zu können“, erklärt Ulrike Stüber den aufwendigen Prozess, der ein paar Jahre ausgeführt werden muss. Von alleine bleiben die Raupen eher im direkten Umfeld der Pflanzen, an denen sie geschlüpft sind.

„Mit unserem Vorgehen wird die Pflanze niemals ganz verschwinden, aber die Balance wird wiederhergestellt. Das sind Aspekte, die ganz besonders in dem sensiblen Bereich der Schleuseninsel wichtig sind“, erklärt Ulrike Stüber.

Die Bekämpfung der Pflanze durch Ausreißen und Ausstechen ist mühsam und muss Jahr für Jahr penibel ausgeführt werden. Auf großen Flächen ist das nicht mehr machbar. Mähen und Mulchen hilft wenig und treibt die Pflanze eher zur Notblüte und in Dauerformen. Auch tragen die Schlepper und Mähwerke zur Verbreitung bei, wenn anhaftende Samen unabsichtlich auf andere Flächen verbracht werden. Außerdem dürfte der Schnitt nicht in den Kompost gegeben werden, sondern müsste als Restmüll entsorgt werden. „Das würde bei so einer großen Fläche wie auf der Schleuseninsel hohe Kosten verursachen“, sagt Stüber.

Auch Gartenbesitzer sollen gegen Jakobskreuzkraut vorgehen

An Gartenbesitzer appelliert der Fachdienst Umwelt, Jakobskreuzkraut nicht stehen zu lassen, um dessen Verbreitung einzudämmen. Um zu verhindern, dass die Pflanze zur Samenreife gelangt, reicht es, rechtzeitig die Blütenstände abzuschneiden.