Glinde/Molfsee. Glinde/Molfsee. Der heiße Sommer wirkt sich auch positiv auf die Honigernte aus. Imker produzieren zehn Kilogramm mehr pro Bienenvolk.
Dr. Aiko Huck-auf, Leiter des Jakobs-Kreuzkraut-Kompetenzzentrums der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, schaut auf ein eher ruhiges Jahr zurück. Das gelbblühende Jakobs-Kreuzkraut, kurz JKK, dessen Inhaltsstoffe, die Pyrrolizidinalkaloide (PAs), giftig sind und im Verruf stehen, möglicherweise Krebs zu begünstigen, hat in diesem Sommer aufgrund der Trockenheit offenbar weniger geblüht. „Teilweise kann man einen Rückgang vermuten, aber das lässt sich bislang nicht seriös belegen“, sagt er.
In jedem Fall habe sich die Extremwitterung gleich in mehrfacher Hinsicht auf die heimischen Frühjahrs- und Sommerhonige ausgewirkt. „Zum einen gab es einen deutlich höheren Ertrag. Die Imker kamen in Schleswig-Holstein im Schnitt auf 46,7 kg Honig pro Volk. Die Ernte teilt sich auf etwa 27 kg Frühjahrs- und etwa 20 kg Sommerhonig auf, etwa zehn Kilogramm Sommerhonig mehr pro Volk als in den beiden Vorjahren“, sagt Huckauf.
Weniger belastete Honigproben
Noch wichtiger ist ihm, dass die Belastung durch PAs geringer ausfiel als in den beiden Vorjahren. Allerdings ist die Vergleichbarkeit der Belastung schwierig. Denn die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat die Giftigkeit der PAs 2017 neu bewertet und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sich dem im Juni 2018 angeschlossen: Dementsprechend musste auch das schleswig-holsteinische Verbraucherschutzministerium seinen Orientierungswert von bisher 140 auf 474 Mikrogramm PAs pro Kilogramm Honig anheben.
Die Werte der insgesamt 273 Sommerhonige, die in diesem Jahr im Rahmen des Projektes „Blüten für Bienen“ auf PAs untersucht wurden, zeigen, dass nur eine Probe über dem neuen Orientierungswert liegt. Nimmt man den alten Wert, sind es elf Proben – gegenüber 24 im vergangenen Jahr. An der Untersuchung, die das Umweltministerium finanziert, haben sich in diesem Jahr 216 Imker und Imkerinnen aus ganz Schleswig-Holstein beteiligt. „Sie waren durchweg sehr zufrieden mit dem Honigjahr. Das sommerliche Nektarangebot war in diesem Jahr sehr gut“, sagt Huckauf.
Imker wählen bessere Standorte
Er berichtet, dass Imker bereits im Vorwege mehr auf die Standorte ihrer Bienenvölker achten: Massenvorkommen PA-haltiger Pflanzen wie JKK, Wasserdost und Boretschgewächsen werden gemieden.
„Die Wahl eines geeigneten Standortes mit einem möglichst reichhaltigen sommerlichen Blütenangebot kommt nicht nur dem Honigertrag zugute. Sie hilft auch den Honigbienen, die nach dem Ende der Rapsblüte vielerorts mit einem regelrechten Trachtloch zu kämpfen haben“, erläutert Chemiker Aiko Huckauf. Ergänzend sorge ein vorverlegter Erntetermin – vor der Juli-Blüte von JKK und Wasserdost – für eine geringere PA-Belastung.
These: Bienen-Enzyme bauen Gift ab
Als besonders spannend, aber leider noch nicht vollständig erforscht, bewertet Huckauf das Ergebnis einer aufwendigen Untersuchungsreihe des JKK-Kompetenzzentrums: Demzufolge nehmen die PA-Gehalte in Honig im Laufe der Zeit ab. Er vermutet, dass bieneneigene Enzyme im Honig für den Abbau der PAs verantwortlich sind. Denn in Heu und Tee blieben die PA-Werte nach einer Studie der Uni München erhalten. Huck-auf: „Das mit den Enzymen ist eine Vermutung, der Rückgang der Werte jedoch ein immer wieder beobachtetes, reproduzierbares Phänomen. Zu erforschen bleibt, wie genau der Abbau erfolgt und welche Produkte dabei entstehen. Es wäre schön, wenn sich das BfR dieser Frage annähme.“
Sein Fazit: Wer noch in allerletzter Minute ein gehaltvolles und gesundes Geschenk sucht, kann guten Gewissens zu einem Glas Honig aus Schleswig-Holstein greifen.