Geesthacht. Zukunft der Schifffahrt steht im Mittelpunkt. Umweltschonende Energieversorgung und autonom fahrende Frachter werden entwickelt.

Heute wird das Institut für Maritime Energiesysteme in Geesthacht offiziell eröffnet. Bereits im Juni 2020 vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gegründet, zeigt der illustre Kreis der Teilnehmer, wie wichtig die diversen Forschungsvorhaben sind, die dort gebündelt werden. Unter den Offiziellen sind auch die DLR-Vorstandsvorsitzende Prof. Anke Kaysser-Pyzalla und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU).

Das Institut für Maritime Energiesysteme ist die erste Einrichtung des DLR in Schleswig-Holstein. Ein zweiter Standort befindet sich in Oldenburg in Niedersachsen. Hier wird unter anderem zur Zuverlässigkeit automatisierter und autonomer Transportsysteme auf Straße, Schiene und Wasser geforscht. „Mit den neuen Instituten werden wir unsere Aktivitäten auf den hochrelevanten Gebieten maritime Energiesysteme und zukünftige Mobilität weiter verstärken“, sagte DLR-Vorstand Prof. Pascale Ehrenfeund zur Eröffnung.

80 Prozent aller Waren werden auf dem Seeweg transportiert

Dr. Alexander Dyck ist der kommissarische Leiter des DLR-Instituts für Maritime Energiesysteme in Geesthacht.
Dr. Alexander Dyck ist der kommissarische Leiter des DLR-Instituts für Maritime Energiesysteme in Geesthacht. © DLR | Andreas Caspari

Dass in naher Zukunft Frachtschiffe weitgehend ohne Besatzung allein den Weg über die Meere nehmen, gilt besonders in Skandinavien als ausgemacht. Und die Schifffahrt wird den Warentransport weiter dominieren. Auch wenn China die rollende Seidenstraße auf Schienen zwischen Fernost und Europa als Ergänzung und in Teilen Alternative vorantreibt, für die Masse des weltweiten Warenverkehrs bleiben Schiffe das Transportmittel der Wahl. Aktuell werden etwa 80 Prozent der Güter verschifft.

Das Problem: Auch wenn in den vergangenen Jahren erste Schritte gegangen wurden – die Luftverschmutzung durch Containerriesen, Tanker und Kreuzfahrtschiffe ist weiter immens hoch. Da hilft es wenig, dass in Europa Städte ihre Häfen für Schiffe mit Schwerölantrieb sperren. Der alternativ verfeuerte Schiffsdiesel belastet die Umwelt weniger – ist im Vergleich jedoch noch immer weit entfernt vom Stand des technischen Möglichen.

Flüssige Form: Wasserstoff müsste stark heruntergekühlt werden

Als umweltfreundlichere Energieträger sollen neben Wasserstoff in unterschiedlichen Formen auch Methanol und Ammoniak betrachtet werden, erläutert Dr. Alexander Dyck, Leiter des DLR-Instituts in Geesthacht. „Einen batteriebetriebenen Frachter mit Reichweite wird es in absehbarer Zeit nicht geben“, sagt der Wissenschaftler mit einem Augenzwinkern, „aber vielleicht fehlt es mir ja auch nur an Fantasie“. Dennoch spielt der Elektroantrieb eine große Rolle.

Dass auf Schiffen aus Schweröl oder Diesel gewonnene Energie nicht direkt die Schrauben antreibt, ist Stand moderner Technik. Der Umweg über Strom birgt auch für die Zukunft Vorteile, erläutert Dyck: „Die Entkopplung von Energieproduktion und Schiffswelle macht neue Designs möglich.“

Zudem wird Strom auf Schiffen ja vielerorts gebraucht, über den Antrieb hinaus. „Was auf einem Containerschiff übersichtlich erscheint, ist für einen Kreuzfahrer hochkomplex“, so Dyck. Auch die Energieträger selbst spielen eine Rolle. Während das extrem zähflüssige Schweröl erhitzt werden muss, damit es genutzt werden kann, müsste Wasserstoff stark heruntergekühlt werden, um ihn in flüssiger Form platzsparend zu transportieren.

Weitaus komplexer als die Förderung von E-Mobilität im Straßenverkehr

Zur Energieversorgung der Schiffe kommt die künftige Infrastruktur an Land. Dyck: „Wir können mit Schiffen nicht links ranfahren, um zu tanken.“ Wie also können welche Energieträger künftig wo bereitgestellt werden? Dies ist weitaus komplexer als etwa die Förderung der E-Mobilität im Straßenverkehr. Dyck: „Schon dort kennen wir das Problem, dass E-Mobilität ohne ausreichende Zahl an Ladesäulen nicht funktioniert.“

In Geesthacht forschen und entwickeln derzeit 13 Mitarbeiter, bald sind es 15. Gut 22 Millionen Euro gibt der Bund jährlich für die beiden DLR-Ableger. Kiel und Hannover sind mit weiteren zwei Millionen Euro jährlich dabei.