Geesthacht. Am Institut für Maritime Energiesysteme in Geesthacht wird an wasserstoffbasierten Energieträgern gearbeitet. Die Zukunftspläne.
Ein Gebäude, das Büroräume für 250 Wissenschaftler bietet, eine Halle, in der an Wasserstofftechnologien getüftelt werden kann, und ein Forschungsschiff, mit dem die neuen Energieträger getestet werden – das ist sehr vereinfacht der äußere Rahmen des im Juni offiziell gegründeten Instituts für Maritime Energiesysteme des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Seit Juli wird es auf dem Gelände des Helmholtz-Zentrums Geesthacht aufgebaut. Es ist die weltweit erste Forschungseinrichtung, die gesamtheitliche Lösungen zur Emissionsreduktion und Dekarbonisierung, also die Umstellung auf einen möglichst kohlenstofffreien Energieträger, in der Schifffahrt entwickelt.
In Geesthacht wird an der grünen Schifffahrt gearbeitet
Dr. Alexander Dyck ist kommissarischer Leiter des Instituts. Er verantwortet den Aufbau der Einrichtung und ist auch für das Team zuständig, das sich aus Wissenschaftlern verschiedener Bereiche wie Chemikern, Physikern, Schiffbauern, Softwareingenieuren und einem Kapitän zusammensetzt. Alle gemeinsam haben ein Ziel: Den bisherigen Treibstoff Schweröl, mit dem die meisten Schiffe noch unterwegs sind, durch einen wasserstoffbasierten Energieträger zu ersetzen, um so die Klimaziele zu erreichen.
Der Zeitplan steht. „Wir haben im Grunde keine Zeit zu verlieren“, sagt Dyck. Vor dem Hintergrund des Klimaabkommens dürfen von 2035 an nur noch emissionsfreie Schiffe neu starten, und bis 2050 muss der Schiffsverkehr den CO2-Ausstoß um mindestens 80 Prozent reduzieren. „Das ist ambitioniert“, sagt Dyck. Denn noch seien viele Herausforderungen, wie die Langzeitstabilität von Brennstoffzellen, wissenschaftlich nicht gesichert.
Bis 2050 muss der Schiffsverkehr den CO2-Ausstoß deutlich reduzieren
Die große Frage ist, für welchen wasserstoffbasierten Energieträger man sich entscheidet. Vier Möglichkeiten sind denkbar: flüssiger oder an Metallhydriden gebundener Wasserstoff, Ammoniak, Methanol oder LOHC (Liquid Organic Hydrogen Carriers, also flüssige organische Wasserstoffträger). Dyck: „Wir hoffen, der Industrie in fünf Jahren die ersten Antworten liefern zu können, in welche Richtung sie gehen sollte.“ Dabei geht es den Wissenschaftlern nicht nur darum, Schiffsneubauten mit dem alternativen Energieträger auszustatten, sondern auch zu prüfen, wie ältere Schiffe umgerüstet werden können.
Auch interessant:
Um zu erproben, ob die Energieträger an Bord bei allen Klimabedingungen funktionieren, soll ein Forschungsschiff auf der Basis eines sogenannten SWATH (Small Waterplan Area Twin Hull) verwendet werden, um Testfahrten in kalte und warme Gewässer zu unternehmen. Ein SWATH hat, wie auch viele moderne Lotsenboote, zwei Rümpfe von besonderer Form und ist besonders unempfindlich gegen Seegang. „Als Heimathafen können wir uns Lauenburg oder Geesthacht gut vorstellen“, sagt Dyck. Er hofft, dass 2021 die Entscheidung zum Bau fällt und Anfang 2023 das Schiff fertig zum Auslaufen ist.