Schwarzenbek/Ratzeburg. Viele örtliche Betriebe können nicht mehr erweitern. Es gab schon Abwanderungen, berichtet die Wirtschaftsförderungsgesellschaft.

Es ist gar nicht so lange her, dass die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Herzogtum Lauenburg (WfL) mit einer groß angelegten Anzeigenkampagne in Zeitungen und großformatigen Plakaten – unter anderem am Hamburger Hauptbahnhof und auf dem Flughafen – um Firmen warb, die sich in unserer Region ansiedeln sollten. Das war im Jahr 2012, die Hanseaten sprachen von „Raubrittern, die in ihrem Gebiet wildern würden“.

„Das ist Schnee von gestern. Wir können mittlerweile die Nachfrage nicht mehr ansatzweise befriedigen. Wir müssen sogar örtlichen Firmen absagen, die sich erweitern wollen, weil wir schlichtweg keine Flächen haben“, sagte Calvin Fromm, Aufsichtsratsvorsitzender der WfL, jetzt bei der Jahrespressekonferenz des kreiseigenen Unternehmens in Ratzeburg. Mittlerweile befindet sich die WfL in der Situation, dass sie sich die Firmen aussuchen kann, die eine der begehrten Flächen in den wenigen noch verfügbaren Gewerbegebieten bekommen.

Freie Gewerbeflächen sind im Herzogtum Lauenburg inzwischen knapp

Logistikunternehmen, die viel Platz benötigen, nur wenige Arbeitsplätze schaffen und dazu Verkehrsprobleme durch die hohe Zahl der Anlieferungen mit sich bringen, haben dabei keine Chance. „Aktuell benötigen wir statistisch bis 2035 jährlich 6,6 Hektar zusätzliche Gewerbeflächen im Kreisgebiet, um die Nachfrage zu bedienen. Die meisten Nachfragen kommen aus Hamburg, aber auch von örtlichen Firmen, die erweitern wollen. Diesen Bedarf können wir nicht bedienen“, sagte Calvin Fromm.

Selbst der örtliche Bedarf könne nicht immer befriedigt werden, was bereits zu Abwanderungen geführt habe. „Wir bekommen Beschwerden von Gewerbetreibenden über die Kommunen, warum wir ihnen keine Flächen zur Verfügung stellen können“, sagte der aus Schwarzenbek stammende SPD-Kreistagsabgeordnete weiter.

Herzogtum Lauenburg: Mehr als 200 Arbeitsplätze entstehen im Südkreis

Aktuell gibt es nur noch im Südkreis wenige Flächen, die die WfL im Angebot hat. Zum einen gibt es das Gewerbegebiet in Grabau an der B 207, direkt im Anschluss an den Schwarzenbeker Lupuspark. Dort stehen insgesamt 112.000 Quadratmeter zur Verfügung, von denen allerdings bereits 46.500 Quadratmeter reserviert sind – also gut die Hälfte des Areals. „Wir hatten dort im vergangenen Sommer den ersten Spatenstich, die Erschließung ist in vollem Gange. Der Eindruck, dass sich dort nichts tut, täuscht“, so Calvin Fromm.

Eine weitere größere Fläche befindet sich an der Mercatorstraße in Geesthacht. Dort stehen 52.888 Quadratmeter zur Verfügung, von denen bereits 31.734 Quadratmeter reserviert sind. Frei sind eigentlich nur noch zwei größere Flächen. In den beiden Gewerbegebieten werden alleine mit den bereits reservierten Flächen mehr als 200 Arbeitsplätze entstehen.

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Aktuell wird nach weiteren Flächen im Herzogtum Lauenburg gesucht

Es werde jedoch Aufgabe der WfL sein, weitere Gewerbeflächen zu entwickeln. „Es ist bedauerlich, dass unsere Verhandlungen in Kasseburg gescheitert sind. Wir bleiben aber im Gespräch. Aber ohne die Kommunen geht gar nichts“, so Calvin Fromm.

Aktuell geht es in Absprache mit Kommunen und Landwirten um die Suche neuer Flächen. „Wir versuchen es auch mit Nachverdichtung und der Nutzung von leer stehenden Gewerbebetrieben. Aber in diesem Punkt sind die Möglichkeiten begrenzt“, so der Aufsichtsrat weiter.

Suche nach Gewerbeflächen Kernaufgabe des neuen Geschäftsführers

Die Suche nach neuen Gewerbeflächen wird eine der drei Kernaufgaben des neuen Geschäftsführers der WfL sein. Außerdem stehen die Digitalisierung der Betriebe und Konzepte gegen den Fachkräftemangel im Fokus der Wirtschaftsförderungsgesellschaft, die sich im Besitz des Kreises Herzogtum Lauenburg befindet.

Aktuell ist der promovierte Informatiker Marouane Sayih Interimsgeschäftsführer der WfL. Er ist zugleich Geschäftsführer des Geesthachter Technologiezentrums GITZ. Diese Aufgabe übt er seit 2019 aus. Da auch das GITZ eng mit der WfL verflochten ist, fiel die Wahl auf ihn, als sich die Wirtschaftsförderungsgesellschaft nach nur fünf Monaten von ihrem Geschäftsführer Jan Uwe Eichelberg trennte. „Wir sind auf Dr. Sayih zugegangen und er hat sich einverstanden damit erklärt, uns für eine begrenzte Zeit zu helfen. Dafür bekommt er auch ein Gehalt“, sagte Calvin Fromm.

Headhunter sind auf der Suche nach neuem WfL-Geschäftsführer

Allerdings habe Sayih auch deutlich gemacht, dass er nicht dauerhaft für die Geschäftsführung der WfL zur Verfügung stehe, da er mit seiner Aufgabe beim GITZ sehr zufrieden sei. „Wir haben Headhunter von der Firma Intersearch Executive Consultants mit der Suche nach Kandidaten beauftragt, die für eine Nachfolge von Jan Uwe Eichelberg infrage kommen“, so Fromm. Diese Suche laufe noch bis zum Mittwoch, 2. März. Aktuell gebe es vier Kandidaten.

Am 24. März tagt dann der Aufsichtsrat der WfL und entscheidet über die Nachfolge. Neben dem SPD-Politiker Fromm als Aufsichtsratsvorsitzendem gehören dem Gremium Stephanie Kenzler als Stellvertreterin, Landrat Christoph Mager, Udo Schlünsen von der Kreisparkasse, Thomas Göthling (Raiffeisenbank Lauenburg/Elbe) Maja Bienwald (CDU) und Janne Röhrs (Grüne) an.