Lauenburg. Bürgermeister Thiede will das Städtebauprojekt auf dem Gelände der Hitzler-Werft aufgeben. Welche Szenarien jetzt möglich sind.

Es ist der Schlussstrich unter einem ehrgeizigen Plan, den der Lauenburger Bau- und Planungsausschuss am Montag, 8. November, womöglich ziehen wird: Das Maritime Zentrum, das auf dem Gelände der Hitzler-Werft entstehen sollte, wird nicht gebaut. Auf bereits gewährte Bundesfördermittel von 2,6 Millionen Euro muss die Stadt in diesem Fall verzichten.

Geplant war ein Quartier am Wasser für Wohnen, Wissenschaft, Kultur und Gewerbe. Als Herzstück des Projektes sollte ein angemessener Rahmen für das europaweit viel beachtete Elbschifffahrtsarchiv geschaffen werden. Doch die beiden neuen Inhaber der Werft, Marek und Kai Klimenko, haben große Pläne, für die auch die derzeit brach liegenden Bereiche des Firmengeländes aktiviert werden sollen. Außerdem machen sie keinen Hehl daraus, dass sie Wohnungsbau nicht als ihr Geschäftsfeld betrachten.

Werftbesitzer betrachten Wohnungsbau nicht als Geschäftsfeld

Theoretisch wäre es vielleicht sogar noch möglich, das Projekt in deutlich abgespeckter Form umzusetzen. Selbst die Inhaber der Werft hatten im September gegenüber unserer Zeitung geäußert, für diese Variante offen zu sein.

Doch an eine Realisierung des Maritimen Zentrums in Miniaturausgabe glaubt in der Verwaltung offenbar niemand. „Ehrlicherweise wird man davon ausgehen müssen, dass auch weitere Gespräche mit dem Zuwendungsgeber, die noch anstehen, keine Wendung bringen werden“, heißt es in der Beschlussvorlage der Verwaltung für den Bau- und Planungsausschuss.

Stadt will nicht gegen Interessen der neuen Werftbesitzer handeln

Eigentlich hätte die Stadt sogar noch ein Ass im Ärmel, denn für die Grundstücke der Werft gibt es auf der Grundlage der Verhandlungen mit dem Vorbesitzer bereits eine notarielle Absicherung. „Sie sind aber sicherlich mit mir einer Meinung, dass die Stadt nicht gegen die Interessen der Werft handeln sollte“, heißt es in der von Bürgermeister Andreas Thiede unterzeichneten Beschlussvorlage.

Es sei sehr erfreulich, dass der Traditionsbetrieb wieder auf dem Weg von Stabilität und Expansion sei. Und das nicht nur vor dem Hintergrund der langen Schiffbaugeschichte der Stadt, sondern auch für die Sicherung und Neuschaffung von Arbeitsplätzen.

Sich vom Maritimen Zentrum zu verabschieden und die Fördermittel zurückzugeben, ist aber nur die eine Seite der Medaille. Folgt die Politik dem Vorschlag der Verwaltung, tritt eine andere Frage wieder in den Vordergrund: Was wird aus dem europaweit viel beachteten Elbschifffahrtsarchiv?

Mehr Platz fürs Elbschifffahrtsarchiv: Suche nach Räumen beginnt von vorn

Mit der Unterbringung in den viel zu kleinen Räumen in einem Privathaus an der Elbstraße stellt sich die alte Schifferstadt selbst kein gutes Zeugnis aus. Das Archiv beinhaltet etwa 50.000 technische Zeichnungen aus dem Schiffbau, 15.000 Fachbücher und wertvolle Archivalien, die teilweise bis in das 14. Jahrhundert zurückreichen. Ein wertvoller und von einem ehrenamtlichen Team vorbildlich erschlossener Schatz – ohne den Rahmen, den er eigentlich verdient.

Im August 2018 fassten die Fraktionen der Stadtvertretung deshalb einstimmig den Beschluss, für das Elbschifffahrtsarchiv einen Masterplan aufzustellen. Als die Idee des Maritimen Zentrums auf dem Gelände der Hitzler-Werft spruchreif wurde, bot sich eine perfekte Lösung an: Das Elbschifffahrtsarchiv sollte der Dreh- und Angelpunkt dieses Quartiers werden. In der Verwaltung ist man sich bewusst darüber, dass die Aufgabe des Projektes die Suche nach einem neuen Standort für das Elbschifffahrtsarchiv wieder in den Mittelpunkt rückt. „Nachdem mit der Bewilligung der hier in Rede stehenden Bundesförderung die mangelhafte Unterbringung des Archives absehbar gelöst worden wäre, steht sie ab sofort wieder auf der Tagesordnung“, heißt es in der Vorlage.

Die Sitzung des Bau- und Planungsausschusses beginnt am 8. November um 19 Uhr im Forum der Albinus-Gemeinschaftsschule. Dort berät die Politik über die Beschlussvorlage der Verwaltung. Die letzte Entscheidung darüber, ob das Projekt aufgegeben oder versucht werden solle, eine Minimallösung zu finden, trifft die Stadtvertretung.