Lauenburg. Wühlen im Abfall ist mit Menschenwürde kaum vereinbar. Eine Initiative der SPD wurde nun umgesetzt, doch die Idee ist umstritten.

Die einen schleichen sich erst aus dem Haus, wenn es dunkel ist, andere wühlen schon am Tage in den Papierkörben der Stadt. Auch in Lauenburg sind viele Menschen darauf angewiesen, sich mit dem Sammeln von Pfandflaschen Geld zu verdienen. Zwischen 8 und 15 Cent Pfand gibt es für Mehrwegflaschen, bei Einwegflaschen sind es 25 Cent.

Suchen müssen die Sammler mitunter dort, wo Menschen, denen es anscheinend finanziell besser geht, das Leergut entsorgt haben: im Müll. Doch dieses Wühlen im Abfall ist kaum mit Menschenwürde vereinbar. In immer mehr Städten in Deutschland heißt es deshalb: „Pfand gehört daneben“.

Lauenburger SPD startete Pfand-Initiative

Jetzt sind auch über vielen Müllbehältern in Lauenburg sogenannte Pfandringe angebracht. Die Idee dahinter: Wer Pfandflaschen nicht in den Müll wirft, sondern danebenstellt, zeigt eine kleine Geste der Solidarität den Menschen gegenüber, die mithilfe von Pfandgut einen Teil ihres Lebensunterhaltes finanzieren.

Die Lauenburger SPD hatte vor zwei Jahren die Initiative ergriffen und einen Antrag zur Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Energiewende und Digitalisierung eingereicht. „Beim Griff in den Mülleimer sind die Hände einer Vielzahl an Gefahren ausgesetzt, seien es offensichtliche wie scharfe Kanten und Spitzen, oder auch weniger offensichtliche durch die Belastung von Bakterien und Viren“, hieß es darin. Außerdem sei es auch ökologisch nicht zu vertreten, dass jährlich Pfandgut im Wert von 180 Millionen Euro im Müll verschwindet.

"Durch Pfandringe kann jeder ganz einfach Gutes tun"

„Das belastet die Umwelt, da wertvolle Rohstoffe nicht zurück in den Wiederverwertungskreislauf gelangen“, meinten die Genossen und schlugen eine Lösung vor: An zentral gelegenen Müllbehältern in der Stadt sollen Aufkleber mit dem Slogan „Pfand gehört daneben“ angebracht werden. Dazu werden Müllbehälter mit den Pfandringen bestückt, in die Flaschen oder Dosen deponiert werden können. Alternativ passen einige dieser Modelle auch an Straßenlaternen.

Mittlerweile hängen die unscheinbaren, grauen Ringe an einigen Straßenlaternen oder über Müllbehältern im Lauenburger Stadtzentrum. „Durch die Pfandringe kann jeder ganz einfach Gutes tun. Flaschen oder Dosen reinstellen und schon entfällt das unwürdige und oftmals auch gefährliche Wühlen im Müll für diejenigen, die auf dieses Zubrot angewiesen sind“, freut sich Lauenburgs SPD-Chef Immo Braune. Er hatte – damals noch als Stadtvertreter – den Antrag für seine Fraktion eingebracht.

Pfandflaschen sollen nicht im Restmüll landen

Henrik Behr, der für die SPD im Umweltausschuss sitzt, hat noch einen anderen Vorteil ausgemacht. „Wir erhoffen uns dadurch auch, dass weniger Pfand und somit wichtige Ressourcen ungenutzt in dem Restmüll landen“, sagt er.

Der Pfandring wurde 2012 vom Kölner Produktdesigner Paul Ketz entwickelt. Sie sollen Menschen, die Flaschen sammeln, diese Tätigkeit einfacher machen und ihnen ein Stück Würde zurückgeben, so seine Idee.

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Idee der Pfandringe von Anfang an nicht unumstritten

Genau das ließe sich aber auch umdrehen, meinen Kritiker. Von Würde zu sprechen, wenn jemand darauf angewiesen ist, Flaschen zu sammeln, sei eine heikle Angelegenheit. Pfandringe würden nicht das gesellschaftliche Problem lösen. Nicht selten ist von einem modernen Ablasshandel die Rede: 25 Cent Flaschenpfand für das gute Gewissen.

Immo Braune ist sich dessen bewusst, dass die Pfandringe auch in Lauenburg das Problem nicht lösen, insbesondere das der immer größer werdenden Altersarmut. „Es gibt die unterschiedlichsten Gründe, warum Menschen Pfandflaschen sammeln. Häufig ist es die schiere finanzielle Not. Uns ist klar, dass die Pfandringe das Problem nicht lösen, aber bis dahin wollen wir zumindest unseren Beitrag dazu leisten, dass das Sammeln von Pfand nicht schwieriger gemacht wird, als es das ohnehin schon ist“, sagt er.