Schwarzenbek/Geesthacht. Inzidenzwert von 421,8 ist der höchste im Herzogtum Lauenburg und im ganzen Land. Stadt Schwarzenbek und Kreis grübeln über Ursache.
Auf diese Spitzenposition ist der Kreis Herzogtum Lauenburg wahrlich nicht stolz. Nirgends liegt die Corona-Inzidenz in Schleswig-Holstein höher als im südöstlichsten Landeszipfel. Nach drei Tagen mit Werten über 100 wurde beginnend mit dem heutigen Mittwoch die sogenannte Notbremse gezogen. Fortan gelten vorerst bis zum 25. April wieder strengere Corona-Maßnahmen.
Mit einer Inzidenz von 421,8 hat die Stadt Schwarzenbek einen traurigen Höchstwert im Herzogtum Lauenburg erreicht – zumindest, was größere Orte angeht. Stand Montag gab es unter den 16.600 Einwohnern 126 an Covid-19 Erkrankte in der Stadt und alleine 62 Neuinfektionen in den vergangenen sieben Tagen. Zum Vergleich: Geesthacht liegt aktuell bei einer Inzidenz von 231,3 (Stand Montag: 119 Erkrankte auf 30.600 Einwohner), Lauenburg bei 167,3 (41 Infizierte auf rund 11.000 Einwohner).
Schwarzenbek erreicht traurigen Höchstwert im Herzogtum Lauenburg
Eine Erklärung für den hohen Wert in der Europastadt hat Kreissprecher Tobias Frohnert nicht. „Ein großes Ausbruchsgeschehen ist in Schwarzenbek nicht zu verzeichnen“, rätselt er. Fest stehe, dass die hohe Inzidenz mit dem Corona-Ausbruch bei Mitarbeitern der LMT Group Ende März nichts zu tun habe. Frohnert: „Von den wenigen positiven Fällen bei Fette leben nicht alle in Schwarzenbek, sodass diese nur zum Teil einen Einfluss auf die örtliche Sieben-Tage-Inzidenz hatten.“
Das Unternehmen hatte zudem Maßnahmen ergriffen wie die kurzzeitige Schließung und die Einführung von Mitarbeitertests, um eine Verbreitung innerhalb der Angestellten zu verhindern. Auch im Rathaus Schwarzenbek ist man angesichts der hohen Inzidenz besorgt. Bürgermeister Norbert Lütjens führt sie auf eine zuvor womöglich nicht erkannte Dunkelziffer an Corona-Fällen zurück. „Wir testen jetzt täglich 150 Menschen im Testzentrum, bei Fette sind es täglich 400“, sagt Lütjens.
Corona-Impfstrategie für Pflegeheime zeigt Wirkung zu entfalten
„Beim Großteil der Fälle ist der Infektionsort nicht bekannt. Ausbrüche betreffen momentan insbesondere private Haushalte, zunehmend auch Kitas, Schulen und das berufliche Umfeld, während die Anzahl der Ausbrüche in Alters- und Pflegeheimen abgenommen hat“, stellt Internist und Laborarzt Prof. Dr. Jan Kramer vom Geesthacht LADR Zentrallabor fest.
Allerdings stiegen die Fallzahlen zuletzt in allen Altersgruppen wieder an. Besonders stark jedoch bei Kindern und Jugendlichen, von denen auch zunehmend Übertragungen und Ausbruchsgeschehen ausgehen. Bei den über 80-Jährigen hat sich der wochenlang abnehmende Trend nicht fortgesetzt. Dennoch scheint die Impfstrategie für die Pflegeheime nach bisherigen Erkenntnissen Wirkung zu entfalten. „Aktuell sind keine Ausbrüche mehr zu verzeichnen und damit auch deutlich weniger Todesfälle“, teilt Frohnert mit.
Sichere Aussagen zur Infektionsdynamik eher im Wochenvergleich möglich
Die wöchentliche Datenauswertung der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) zeigt, dass deutschlandweit knapp 90 Prozent der positiven Corona-PCR-Tests auf die britische Variante B.1.1.7 zurückgehen. „Das ist besorgniserregend, weil B.1.1.7 nach bisherigen Erkenntnissen deutlich ansteckender ist und schwerere Krankheitsverläufe verursacht als andere Varianten“, sagt Jan Kramer, der Stellvertretender Vorsitzender der ALM ist.
Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick
- Corona in Hamburg – die aktuelle Lage
- Die Corona-Lage für ganz Deutschland im Newsblog
- Interaktive Corona-Karte – von China bis Hamburg
- Überblick zum Fortschritt der Impfungen in Deutschland
- Interaktiver Klinik-Monitor: Wo noch Intensivbetten frei sind
- Abonnieren Sie hier kostenlos den täglichen Corona-Newsletter
- So wird in Deutschland gegen Corona geimpft
Aber: „Im Rahmen der tagesaktuellen Berichterstattung können an Tagen hintereinander Schwankungen der Sieben-Tage-Inzidenzen auftreten, die nicht überbewertet werden sollten. Sichere Aussagen zur Infektionsdynamik sind eher im Wochenvergleich möglich“, betont Kramer. Zudem sind Aussagen zum Pandemie-Verlauf derzeit nur eingeschränkt möglich, weil es keine verlässliche Statistik zu den durchgeführten Antigen-Schnelltests in Deutschland gibt.
Verschärfte Corona-Regeln gelten zunächst bis zum 25. April
Für die Menschen im Herzogtum treten nun also nach fünf Wochen mit leichten Lockerungen wieder verschärfte Maßnahmen in Kraft. So müssen Schulen wieder zum ungeliebten Homeschooling umstellen (Abschlussklassen ausgenommen). „Man merkt den Kollegen an, dass alle genervt von Videokonferenzen sind. Ich würde die Kids auch lieber vor Ort sehen“, sagt Jan Kunze, der stellvertretende Schulleiter des Otto-Hahn-Gymnasiums Geesthacht. Immerhin haben die Schulen nun mehr Zeit gewonnen, die Durchführung der Selbsttests zu organisieren, die verpflichtend für den Präsenzunterricht sind.
Die Allgemeinverfügung des Kreises gilt zunächst bis Sonntag, 25. April. Sie kann lageabhängig sowohl verlängert, aufgehoben oder in Details angepasst werden. „Das Ziel ist, so schnell wie möglich wieder unter die 100er-Inzidenzmarke zu kommen, um die Einschränkungen wieder aufheben zu können. Nach derzeitigem Stand bleiben wir aber mindestens bis Donnerstag auf jeden Fall über 100 – selbst wenn wir keine neuen Fälle hinzubekämen“, sagt Frohnert.
Insgesamt sind seit Beginn der Pandemie im Herzogtum 4224 Menschen an Covid-19 erkrankt, das sind 60 mehr als am Montag. Die Inzidenz ist auf 155,5 gestiegen.