Kiel. Schleswig-Holstein: Einnahmen sinken, Ausgaben steigen nochmals. Land macht neue Schulden. Nettokreditaufnahme: 914 Millionen Euro.
Schleswig-Holstein muss sich im kommenden Jahr höher verschulden als noch vor wenigen Wochen geplant. Schuld ist neben dem Northvolt-Insolvenzverfahren in den USA („Chapter 11“) vor allem die schwächelnde Konjunktur und ein Stellenaufbau. Zusätzlich sinken die kalkulierten Einnahmen des Landes nochmals um 123 Millionen Euro. Diese Zahlen nannte Finanzministerin Silke Schneider am Dienstag.
In der Summe gibt das Land 646 Millionen Euro mehr aus als ursprünglich geplant. Damit steigt die Nettokreditaufnahme für das kommende Jahr auf 914,4 Millionen Euro. Schneider ist überzeugt, dennoch die Regeln der Schuldenbremse und des Stabilitätspaktes einzuhalten.
Northvolt-Krise: Schlagabtausch zwischen Markus Söder und Daniel Günther geht weiter
Vom Hoffnungsträger zum Sorgenkind: Vor allem die Northvolt-Krise macht dem nördlichsten Bundesland schwer zu schaffen. Um dem schwedischen Konzern, der im großen Stil Batterien für E-Autos herstellen will, den Bau einer Fabrik im strukturschwachen Dithmarschen schmackhaft zu machen, haben sich Bund und Land zu Zahlungen insgesamt in Milliardenhöhe verpflichtet. Zum einen bürgen die Bundesregierung und das Land Schleswig-Holstein für eine sogenannte Wandelanleihe über 600 Millionen Euro.
Die Kosten teilt man sich im Verhältnis 50:50, der Bund übernimmt darüber hinaus die fälligen Zinsen komplett. Diese Bürgschaft für Northvolt hat die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) auf fällig gestellt, nachdem der schwedische Mutterkonzern Gläubigerschutz nach dem sogenannten Chapter-11-Verfahren in Texas gestellt hat. Schleswig-Holstein wird seinen Anteil von 300 Millionen Euro vermutlich im Februar oder März überweisen müssen. Ob Land und Bund das Geld wiedersehen, hängt entscheidend davon ab, ob es Northvolt-Schweden gelingt, neue Investoren aufzutun und finanziell wieder auf die Beine zu kommen.
CSU-Chef Markus Söder: Ist bei Northvolt alles richtig gelaufen?
Etwas anders verhält es sich mit den staatlichen Subventionen für Northvolt-Heide. Der Bund und das Land haben mehr als 700 Millionen Euro Zuschüsse zugesagt. Davon trägt das Land 136,4 Millionen. Diese Subventionen werden – anders als die Bürgschaft – nur bei konkreten Baufortschritten in Dithmarschen fällig. Zudem gebe es weitere „Sicherheitskriterien“ (Finanzministerin Schneider), um zu verhindern, dass Geld nach Schweden abfließt.
Vor dem Hintergrund der demnächst fälligen Wandelanleihe über 600 Millionen Euro plädiert CSU-Chef Markus Söder für eine parlamentarische Aufarbeitung der deutschen Subventionen an Northvolt. „Im Grunde genommen muss auch bei Northvolt ein Untersuchungsausschuss her“, forderte Söder jetzt in München. Söder sagte, mit den in Gefahr stehenden 600 Millionen Euro von staatlichen Fördergeldern sei Northvolt „deutlich teurer“ als die von der CSU forcierte, am Ende mit einem Millionenverlust für den Staat gescheiterte Pkw-Maut. Deshalb müsse entweder jetzt oder in der nächsten Legislaturperiode ein Northvolt-Untersuchungsausschuss her. „Denn da geht es um sehr, sehr viel Steuergeld.“
Auch in Schleswig-Holstein müsse sich die Frage gestellt werden, ob bei Northvolt alles richtig gelaufen sei, kritisierte Söder. Wenn Söder „Schleswig-Holstein“ sagt, meint er: Daniel Günther.
Söder und Günther liefern sich einen schärfer werdenden Schlagabtausch
Der Bayer und der Schleswig-Holsteiner liefern sich seit Monaten über die Medien einen politischen Richtungsstreit, der an Taktung und Schärfe von Woche zu Woche zunimmt. Erst an diesem Wochenende hatte Günther seinem bayerischen Amtskollegen im „Bericht aus Berlin“ politische „Störfeuer“ vorgeworfen. Söder lehnt eine mögliche schwarz-grüne Koalition nach der Bundestagswahl kategorisch ab. „Mit der CSU gibt es kein Schwarz-Grün, keinen Robert Habeck mehr als Wirtschaftsminister.“
Daraufhin hatte Daniel Günther in der ARD gekontert: „Ich glaube, dass es Markus Söder eher ein bisschen weiterhin darum geht, selbst im Gespräch zu bleiben.“ Söders Replik folgte postwendend, als Vehikel dienten ihm in dieser Woche die Northvolt-Millionen.
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Zurück zur Etatplanung im Norden: Da es Baufortschritte in Heide geben könnte, muss Schleswig-Holstein neben den 300 Millionen Euro für die fällige Wandelanleihe auch Vorsorge tragen, dass die Subventionen von 136,4 Millionen Euro abgerufen werden könnten. Und so nimmt das Land für diesen Posten vorsorglich einen Kredit auf. Weitere, bislang nicht geplante Schulden häuft das Land unter anderem für den Bau und die Sanierung von Schulen (20 Millionen Euro) und Hochschulen, für den Küstenschutz sowie für neue Stellen für Lehrer, bei Polizei, Staatsanwaltschaft, Verfassungsschutz und für die Arbeitsmarktintegration von Migranten an.