Kiel/Berlin. Batteriehersteller hat Gläubigerschutz in den USA beantragt. Land und Bund müssen jeweils 300 Millionen Euro Bürgschaft auszahlen.
Schleswig-Holstein liegt deutlich vor Bayern. Jedenfalls bei den Schulden, die die Länder angehäuft haben. Während das südlichste Bundesland zuletzt rund 15,6 Milliarden Euro im Soll war, muss das nördlichste Bundesland doppelt so hohe Kredite bedienen. Diese gigantische Summe wird im ersten Quartal des kommenden Jahres noch einmal um 300 Millionen Euro steigen – weil die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) eine Bürgschaft einfordert. Bund und Land haften beim Bau einer E-Auto-Batteriefabrik in Heide (wie berichtet) jeweils mit 300 Millionen Euro für eine Wandelanleihe.
Finanzministerin Silke Schneider nannte am Donnerstag erstmals Details, wie Schleswig-Holstein die in Anspruch genommene Bürgschaft finanzieren will: mit neuen Schulden und zusätzlichen Zinsen. Schneider geht davon aus, dass sie den Landesanteil von 300 Millionen Euro im März 2025 überweisen muss. Die Juristin und Politikerin der Grünen hält den neuerlichen Kredit trotz der Schuldenbremse für rechtskonform.
Northvolt-Krise: Schleswig-Holstein nimmt neue Schulden auf
Um dem 2017 gegründeten schwedischen Konzern Northvolt die 4,5-Milliarden-Euro-Investition im strukturschwachen Dithmarschen schmackhaft zu machen, hatten Land und Bund nicht nur die Haftung über die Bürgschaft übernommen, sondern weitere rund 700 Millionen Euro Subventionen zugesagt. Während die Bürgschaft fällig ist, liegt hingegen der Zuschuss auf Eis. Er ist an den Bau der Fabrik in Heide gekoppelt. Der geht zwar voran, allerdings wurde der Zeitplan gestreckt. Statt 2026 sollen ein Jahr später die ersten Batterien „Made in Dithmarschen“ vom Band rollen.
Die Nachfrage nach E-Autos ist in den vergangenen Monaten eingebrochen. Diese Entwicklung verstärkte die Krise bei Northvolt nochmals. Der einstige Hoffnungsträger hatte sich mit seinen Expansionsplänen in Schweden, Norwegen, Kanada und Deutschland übernommen. Allein im vergangenen Jahr soll das Unternehmen ein Minus von 1,2 Milliarden Dollar eingefahren haben. Diese Zahl nannte FDP-Wirtschaftsexperte Bernd Buchholz am Donnerstag im Kieler Landtag. Um sich zu restrukturieren und neue Geldgeber aufzutun, hat Northvolt im Herbst in Texas Insolvenz nach dem sogenannten Chapter-11-Verfahren beantragt.
Insolvenzverfahren: Schleswig-Holstein schaltet Fachkanzlei ein
Schleswig-Holstein will sich in diesem Gläubigerverfahren nicht nur über die KfW vertreten lassen, sondern schaltet jetzt eine auf Insolvenzrecht spezialisierte Fachkanzlei ein. Das sagte Staatssekretärin Julia Carstens am Donnerstag. Am Tag zuvor hatten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die staatliche Förderung von Northvolt verteidigt. Der Kanzler und sein Stellvertreter waren im März aus Berlin nach Heide gekommen, um den Bau der Fabrik symbolisch zu starten.
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Mit Blick auf die Entwicklung der Elektromobilität sagte Scholz am Mittwoch im Bundestag, strategische Komponenten müssten in Europa hergestellt werden. Deshalb sei es richtig, dass der Bund den Bau von Batteriefabriken fördere. „Das werden wir auch weitermachen“, so Scholz. Habeck hofft darauf, dass sich Northvolt neu aufstelle, saniere und die staatlichen Gelder damit auch erhalten bleiben. (mit dpa)