Kiel. Schleswig-Holstein verschärft den Kampf gegen Organisierte Kriminalität. Bislang ist das Land nicht sonderlich effektiv darin.

Die Bekämpfung der Geldwäsche in Schleswig-Holstein ist deutlich verbesserungsbedürftig. So zumindest formuliert es einer, der es wissen sollte: Oberstaatsanwalt Marcus Marlie. Er stellte am Dienstag gemeinsam mit den Ministerinnen Sabine Sütterlin-Waack (Innen), Silke Schneider (Finanzen) und Kerstin von der Decken (Justiz) ein Konzept zu verbesserten Zusammenarbeit der zuständigen Behörden vor. Ziel ist, die Ermittlungen zur Geldwäsche effektiver zu gestalten, sagte der Strafverfolger.

Schleswig-Holstein konnte bislang die wenigsten gemeldeten Verdachtsfälle von Geldwäsche erfolgreich zu Ende ermitteln und zur Anklage bringen. So hatte im vergangenen Jahr allein die Financial Intelligence Unit (FIU) des Bundes 2400 Verdachtsfälle auf Geldwäsche in Schleswig-Holstein ausgemacht und an die Behörden im nördlichsten Bundesland zur Weiterverfolgung weitergeleitet. Von diesen Hinweisen haben keine 20 zu Verurteilungen geführt. „Wir wollen die Arbeit effektiver gestalten“, kündigte Marlie selbstkritisch an. Die Kunst wird sein, aus dem Wust von 2400 möglichen Fällen die werthaltigen und vielversprechenden Hinweise herauszukristallisieren und Denunziationen oder unbegründete Verdachtsfälle auszublenden.

Schleswig-Holstein: Neue Taskforce befasst sich speziell mit Geldwäsche

Das Prinzip der Geldwäsche klingt nur auf den ersten Blick unkompliziert. Gewinne aus kriminellen Geschäften, zum Beispiel aus dem Verkauf von Drogen, fließen gestückelt und als Bezahlung für fingierte Rechnungen getarnt in legale Unternehmen. Das ist vielleicht ein Immobilienhändler, vielleicht ein Kunsthändler, ein Barbershop, eine Spielhalle oder eine Shishabar. Drogengeld wird so legalisiert und schließlich in Luxusautos, Kunstwerke oder Immobilien – mal in Kiel, mal auf dem platten Land, mal im Ausland – investiert. Hinter der Geldwäsche stehen in der Regel komplexe und gut getarnte Netzwerke, die ihre Gewinne verschleiern und die Volkswirtschaft massiv schädigen, sagte Sütterlin-Waack (CDU).

Von Deutschland sei oft als „Geldwäscheparadies“ die Rede, gestand Finanzministerin Schneider (Grüne) ein. Wie groß der Schaden ist, der durch Geldwäsche der Organisierten Kriminalität in Schleswig-Holstein entsteht, mochte sie nicht schätzen. Das Statistik-Portal Statista rechnet bundesweit mit einem Schaden von 2,7 Milliarden Euro durch Wirtschaftskriminalität im vergangenen Jahr. Die Polizei hat 2023 bundesweit rund 32.600 Geldwäschedelikte erfasst. Damit stieg laut Statista die Zahl das dritte Jahr in Folge und auf einen erneuten Höchststand. „Erst die Geldwäsche macht die Organisierte Kriminalität lukrativ“, sagte Justizministerin von der Decken (CDU).

Landesregierung führt Fachleute in einer Taskforce zusammen

Rund 50 Fachleute beschäftigen sich schon jetzt in Schleswig-Holstein in den drei Ministerien, bei der Steuerfahndung, bei den Staatsanwaltschaften und im LKA mit dem Thema Geldwäsche und Organisierter Kriminalität (OK). Jetzt soll ihre Arbeit, statt parallel zu verlaufen, in einer Taskforce zusammengeführt und gebündelt werden, um die OK besser bekämpfen zu können. Verfolgt wird dabei laut Silke Schneider ein „präventiver und ein repressiver Ansatz“. Notare, Banken oder Makler müssen melden, wenn sie einen Verdacht auf Geldwäsche haben. Diesen Hinweisen soll die Taskforce frühzeitig nachgehen.

Gleichzeitig soll sie auch die Strafverfolgung vorantreiben. Dabei muss sie sich nach dem Motto „Follow the Money“ (folge dem Geld) auf die vielversprechenden Fälle konzentrieren. Das sei bei 2400 gemeldeten Verdachtsfällen und einem „Sammelsurium an Spuren“ in etwa so, wie die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen zu finden, sagte Justizministerin von der Decken.

Kritik der Opposition: Land bleibt Eldorado für Geldwäsche

„Mit der Einrichtung der Taskforce wollen wir die Organisierte Kriminalität da treffen, wo es am meisten wehtut, nämlich bei illegal erlangtem Geld“, sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack. Über alle Straftaten hinweg hat Schleswig-Holstein vergangenes Jahr 48,5 Millionen Euro eingezogen. Davon gingen 43,5 Millionen Euro direkt an Tatverletzte; Geld, Autos oder Immobilien im Gesamtwert von fünf Millionen Euro fielen zudem an den Staat.

Der Opposition gehen die Regierungspläne nicht weit genug. „Kein zusätzliches Personal und kein zusätzliches Geld, aber endlich wird zusammengearbeitet. Die Landesregierung nennt das dann Taskforce“, kritisierte FDP-Innenexperte Bernd Buchholz. Ressortübergreifende Zusammenarbeit sei richtig, aber die hätte man längst haben können. „Um Geldwäsche effektiv zu bekämpfen, müssen die kontrollierenden Institutionen personell schlagkräftig aufgestellt werden. Schleswig-Holstein droht ein Eldorado für Geldwäsche zu bleiben“, sagt Buchholz. 

Beate Raudies, Finanzexpertin der SPD, findet die bessere Zusammenarbeit in einer Taskforce sinnvoll. Wer aber glaube, dass die Bekämpfung der Geldwäsche und der Organisierten Kriminalität ohne zusätzliches Personal gelinge, lebe fern der Realität.

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Die im Sommer neu in die Landesregierung eingestiegene Finanzministerin Silke Schneider hatte vor gut einem Monat erst den Start einer weiteren neuen Spezialeinheit angekündigt. Mit der will das Land die Ermittlungen gegen Banden und Clans verstärken, denen Steuerhinterziehung im großen Stil vorgeworfen wird. Laut Schneider reagiere man damit auf die steigende Zahl hochkomplexer Fälle im Bereich der Organisierten Kriminalität. Diese Ermittlungen laufen in der „Fahndungseinheit Organisierte Kriminalität“ des Finanzamts für Zentrale Prüfungsdienste zusammen. Die erfahrenen Steuerfahnder sollen eng mit den Justizbehörden und der Polizei zusammenarbeiten.